Abgedroschene Sprüche und abgehalfterte Kandidaten: die peinlichsten EU-Plakate der Parteien
Der EU-Wahlkampf geht langsam in die heiße Phase. Die Kampagnen der Parteien waren jedoch selten so langweilig. Mit abgedroschenen Sprüchen werden die Wähler abgespeist. Die Spitzenkandidaten befinden sich bestenfalls auf Mittelmaß.
In wenigen Wochen steht die EU-Wahl an. Von den Grünen bis zur CDU überschlagen sich die Parteien deshalb schon vorab mit Lobeshymnen auf die Europäische Union. Quasi im Alleingang habe die EU dem Kontinent Wohlstand, Frieden und Freiheit verschafft. In den Wahlkampagnen ist von dieser Euphorie jedoch nichts zu spüren – hier setzen die Parteien auf abgedroschene Sprüche und abgehalfterte Kandidaten.
Schon an den Spitzenkandidaten zeigt sich, dass die Parteien die EU lediglich als bequeme Auffangstation für störendes Personal empfinden. Inhaltlich strotzen die Kampagnen nur so von Bräsigkeit und Desinteresse für die ach so gefeierte Europäische Union.
Die peinlich-uninspirierte Kampagne der SPD
Die Kanzlerpartei SPD etwa geht mit Katarina Barley ins Rennen. Barley war von Juni 2017 bis März 2018 Familienministerin und wegen des Rücktritts von Andrea Nahles von September 2017 bis März 2018 zudem geschäftsführende Arbeitsministerin. In der darauffolgenden Periode wurde Barley zur Bundesjustizministerin ernannt. 2019 wurde Barley dann in das EU-Parlament wegbefördert. Den Wahlkampf führte sie bereits 2019 als Spitzenkandidatin. Für die Öffentlichkeit ist sie in den folgenden fünf Jahren völlig in der Versenkung verschwunden. Der SPD scheint diese Tatsache aber schlicht egal zu sein. Inhaltlich kommt die SPD mit einer peinlich-uninspirierten Kampagne daher.
Die Partei hat sich bei ihren Plakaten für das denkbar schlichteste Design entschieden. Auf rotem Hintergrund druckt sie ihre Forderungen mit roter Schrift. Obwohl hier von „Forderungen“ nicht wirklich die Rede sein kann. Vielmehr benennt sie Allgemeinplätze, die selbst die euphorischsten SPD-Wähler nicht vom Hocker reißen. „Für Stadt, Land und Wir-Gefühl“ solle man der SPD etwa seine Stimmer geben. Außerdem möchte sich die SPD „für Mitte, Maß und Frieden“ sowie „für Alt, Jung und gutes Klima“ einsetzen. Dass Wahlen auch immer mit Köpfen verbunden sind, wird von der SPD weitgehend ignoriert. Nur auf einem einzigen Plakat wird Barley zusammen mit Bundeskanzler Scholz abgebildet. Über ihren Köpfen prangt der uninspirierte Slogan „Deutschlands stärkste Stimmen für Europa“.
Unterirdische Kampagnen von CDU und Grünen
Doch auch andere Parteien liefern nicht besser ab. Die Kampagne der CDU ist ähnlich unterirdisch wie die der SPD. Lediglich ein Wort hat es jeweils auf die Plakate der Union geschafft. Gefordert wird „Sicherheit.“, „Wohlstand.“ Und „Freiheit.“ Wer würde diesen Allgemeinsätzen widersprechen? Konkret Den Mut auch mal anzuecken, findet die Union nicht und offenbar ist ihr die EU-Wahl eine kreative Kampagne auch gar nicht wert.
Als Spitzenkandidatin hat man obendrein Ursula von der Leyen auserkoren, die aktuell ein Ermittlungsverfahren von der Europäischen Staatsanwaltschaft an der Backe hat. Medial thematisiert wird dieser Umstand jedoch kaum. Ähnlich wie Olaf Scholz, der trotz seines unaufgeklärten Cum-Ex-Skandals Kanzler werden konnte, erscheint aus derzeitiger Perspektive wahrscheinlich, dass von der Leyen erneut zur Kommissionspräsidentin gewählt wird.
Zumindest mit Vorermittlungen sieht sich auch der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah konfrontiert. Sein Mitarbeiter Jian Guo befindet sich wegen der mutmaßlichen Tätigkeit für den chinesischen Geheimdienst in U-Haft. Dabei wurde bereits im Vorfeld Kritik an der Kandidatenliste der AfD geäußert. Listenplatz 10, Mary Khan-Hohloch, soll bei der Wahl angeblich Universitätsabschlüsse angegeben haben, über die sie gar nicht verfügte. Zudem soll Listenplatz 14, Arno Bausemer, sich als „Geschäftsführer eines landwirtschaftlichen Betriebes“ ausgegeben haben, ohne dies zu sein. Immerhin ist die Plakatkampagne der AfD inhaltlich etwas konkreter als die der anderen größeren Parteien. So spricht sich etwa für den Erhalt des Bargelds aus.
Die Grünen setzen hingegen auf eine völlig geistlose Kampagne. „Nur Demokratie schafft Wohlstand“ heißt es auf einem Wahlplakat. Wenigstens haben die Grünen es geschafft, ein – wenn auch schlechtes – Wortspiel auf ihre Transparente zu packen. Demnach solle man die Grünen „für Einkommen mit denen alle auskommen“ wählen. Zudem haben die Grünen ihre Kampagne mit reichlich Ideologie angeschärft. Auf einem weiteren Plakat erklären sie: „Demokratie heißt Antifaschismus: Europaweit“. Außerdem werden die Wähler aufgefordert, „Nazis ein Kreuz durch die Rechnung“ zu machen.
Den Wahlkampf anführen wird Terry Reintke für die Grünen. Reintke ist bundespolitisch nie in Erscheinung getreten. Seit 10 Jahren sitzt die 36-Jährige schon im EU-Parlament. Der deutschen Öffentlichkeit dürfte sie dennoch völlig unbekannt sein. Im Vorjahr war noch Ska Keller Spitzenkandidatin der Grünen. Keller posierte unter anderem mit einer Flagge der Antifa im EU-Parlament.
Mit Strack-Zimmermann sehenden Auges ins Verderben
Die größte Katastrophe liefert jedoch die FDP ab. Mit Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dürfte man auf ein rekordverdächtig schlechtes Ergebnis zusteuern. Der vergangene Wahlkampf wurde noch von Nicola Beer geführt. Beer war bis dahin Generalsekretärin der FDP, sollte aber dem Vernehmen nach auf Wunsch von Parteichef Christian Lindner aus der Parteiführung entfernt werden. Seit ihrer Wegbeförderung nach Brüssel ist ihre politische Karriere de facto beendet. Mit Strack-Zimmermann setzt die FDP nun auf eine der unbeliebtesten Politikerinnen der Bundesrepublik.
Der FDP hätte es wohl gut zu Gesicht gestanden, überwiegend auf eine Slogan-Kampagne zu starten. Stattdessen setzt die FDP im Gegensatz zu allen anderen Parteien voll auf ihre Spitzenkandidatin – und zwar aus allen Perspektiven. Es gibt Plakate, auf denen Strack-Zimmermann lacht, es gibt Plakate von Strack-Zimmermann mit Denkerpose und es gibt sogar Plakate, auf denen an das Konterfei von Strack-Zimmermann gruselig nah herangezoomt wird. Es gibt Abbildungen, auf denen lediglich die Augen und die Stirn oder sogar nur ein Auge von Strack-Zimmermann abgebildet ist. Der FDP ist es tatsächlich ein Anliegen, dass auch der letzte Wähler erfährt, dass Marie-Agnes Strack-Zimmermann die FDP im EU-Wahlkampf anführen wird. Inhaltlich wirbt die FDP mit ihrer Standfestigkeit. So heißt es auf einem EU-Plakat: „Rückgrat: Ab jetzt EU-Norm.“
Die EU-Wahlkampagnen sind eine Bankrotterklärung an die Ideale Europas. Statt auf Inhalte setzen die Parteien auf öde Phrasen. In Sonntagsreden beschwört man im Dauerfeuer die Großartigkeit der Europäischen Union. Tatsächlich hat die EU bei den Parteien aber offenbar keinen besonders hohen Stellenwert. Die Spitzenkandidaten sind allenfalls mittelmäßig und die Kampagnen so entfernt von der Lebensrealität der Bürger wie die EU selbst.
Ihr Aufmacher-Foto ist wunderbar! CDU und Freiheit!!! Absurder wäre nur noch, wenn’s bei den Grünen stünde.
Die FDP plakatiert hier fast durchgehend in Grau.
Die Leute sehen aus, als seien sie noch einmal aus der Leichenhalle gezerrt worden – oder würden diese betreiben.
Ich frage mich, welche Erwägungen und Intentionen hinter dieser ‚Werbe‘-„Kampagne“ (so viele Anführungszeichen kann ich gar nicht setzen) gestanden haben sollen.
Eventuell Erinnerungseffekt?
„Oh jeh, wen wähl‘ ich den jetzt? Da war doch diese Partei, die anders plakatiert hat. Lib … Leh … ach, neeee, die Leichenpartei! Nun …. Leichen sind harmlos Aber warum stehen die bei ‚Freie Demokratische Partei‘? Ahhhh, weil die’s hinter sich haben! … also: Kreuzchen!“
🤪
EU: „Bequeme Auffangstation“ für störendes Personal ?
Für mich ist die EU eher eine „behütende Einrichtung“ und ein „Gnadenhof“ für unbrauchbar gewordenes Gammelfleisch – beides jedoch sehr, sehr gut bezahlt vom Steuergeld der Bürger.
Ein paar Wochen vor Wahlen, buhlen die Parteien um die Gunst des Wählers. Nach der Wahl sind dann die Posten und Pfründe verteilt und keine Politikers.. interessiert sich mehr für den „Pöbel“.
War schon immer so und wird sich auch nie ändern.
Franz Beckebauer:
In Brüssel sitzen doch nur Versager….
Alles gesagt über den größten Nietenverein..
Die FDP wirbt mit Rückgrat? Darauf muss man erstmal kommen bei der Umfallerpartei.
„Freiheit “ – schöner Slogan der CDU. Jetzt müsste sie ihn nur noch glaubhaft mit Leben füllen. Dummerweise sieht es nicht danach aus, wenn man sich z.B. Voigts totalitäres Gelaber über verwirkbare Social- Media- Lizenzen vor Augen führt.
Bis jetzt ist die bürgerliche Spitzenkandidatin (EU-Chefin von der Leyen) für die Europawahl noch nicht auf Forderungen eingegangen, sich einer Debatte mit Mitbewerbern zu stellen.
Allerdings hat auch der Bewerber der Sozialisten abgesagt.
https://weltwoche.ch/daily/eu-chefin-von-der-leyen-ziert-sich-bis-jetzt-ist-die-buergerliche-spitzenkandidatin-fuer-die-europawahl-noch-nicht-auf-forderungen-eingegangen-sich-einer-debatte-mit-mitbewerbern-zu-stellen/
Für Europa! ⭐ Inoffizieller Wahlwerbespot | Europawahl 2019
… es ist aktueller den je!
https://www.youtube.com/watch?v=LPJkHmgR6a0
Organisation ohne Lösungkompetenz aber mit immer stärkerer Machtübernahme!
Nichtwählen bedeutet aber auch, die vorhandenen Machtpoltiker und
Parteien zu bestätigen und damit zu stärken…
Wie soll die EU großes vollbringen, wenn länderübergreifend nur mittelmäßige oder schlechte Politiker in das europäische Parlament ausgelagert werden. Das kann nicht gutgehen.
Danke für so viel ungetrübtes blau !
Die Werbung ist dem Horizont der Beworbenen angepaßt.Die Parteien halten die Bürger für Vollhonks.
Schön, Herr Aston, dass Sie schon alle Plakate unter die Lupe nehmen konnten. Hier in der Provinz begann das Plakatieren einzelner Parteien Freitagabend. Ich denke, Ende nächster Woche haben auch wir hier vor Ort den Durchblick auf das Treiben aller Parteien 😉
Zur FDP: Wieso über den personalisierten Wahlkampf mit St. – Z. so verwundert? Könnte das nicht – analog zu Beer – eine clevere Taktik sein, sie für immer loszuwerden, ohne zu viel „zu bezahlen“? Ich denke, man antizipiert ohnehin JETZT desaströse Ergebnisse, verliert also nichts mehr. Damit verbleibt ihnen eine kleine Resthoffnung auf eine D-Kaolition in 2025. Ich hoffe natürlich, der Souverän ist schlauer…
Viel Platz um Corona darunter zu schreiben. Da war Freiheit ja nicht so gewollt.
Moin, Wahlplakate sind doch schon immer reine Werbung für das was nicht geht.
Ich würde gerne mal lesen was geschafft wurde.
Aber am Ende des Tages entscheidet doch der Wähler.
Und wen er dann bekommt entscheiden andere.
Was mich aber mehr stört ist wie abgefahren heute über Mitbewerber verfahren wird.
Verleumdet , Diskriminiert und politisch für Demokratiefeinde abgetan.
Das widerspricht aller demokratischen Fairness und Anstand und Respekt.
Statt bissiger Kritik, hätte der werte Autor aber
auch lobend hervorheben können, daß es den
Parteien gelungen ist, mit dem Niveau ihrer
Wahlwerbung das Niveau der EU generell zur
Deckung zu bringen.
Exzellenter Artikel, danke!
Ja, gar keine Frage. Abgedroschene Sprüche und abgehalfterte Kandidaten, dass ist schon richtig. Doch das Allerschlimmste an dieser gruseligen Brut ist, deren Wähler sind bestenfalls so dumm wie ein Kanten trocken Brot.
Ach deshalb überall die blauen Herzen unter Kommentaren. Oder hat das bunte Deutschland plötzlich nur noch eine Farbe im Farbkasten?
Nun, es ist doch ein alter Hut, daß unfähige national nicht mehr tragbare Parteifunktionäre, die man so einfach nicht loswird, nach Brüssel/Straßburg abgeschoben werden.
Dort verschwinden sie „in der Versenkung“, stören die eigene Partei nicht weiter und bekommen nach einer aufreibenden Politkarriere im Heimatland noch einen „goldenen Herbst“ spendiert.