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Attacke auf EU-Bürokratie: Warum der Chef der US-Großbank JP Morgan Brüssel angreift

Der Chef der amerikanischen Großbank JP Morgan, Jamie Dimon, kritisiert die europäische Überbürokratisierung und warnt vor dem Auseinanderfallen der EU. Seine Attacke auf Brüssel passt zur neuen Sicherheitsstrategie der US-Regierung.

Jamie Dimon ist CEO der größten US-Bank JP Morgan. (IMAGO/Newscom World)

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Wenn der CEO der größten amerikanischen Bank, JP Morgan, sich zur geopolitischen Lage äußert, sollte man genau hinhören. Jamie Dimon nutzte seine Rede anlässlich des Reagan National Defense Forums und wiederholte seine Einschätzungen zur Lage der Europäischen Union, die er bereits in seinem Aktionärsbrief im Frühjahr formuliert hatte. Europa habe ein sehr reales, strukturelles Problem, so der Banker, der die Gefahr einer Fragmentierung der Union angesichts der schweren wirtschaftlichen Krise sieht – einer Krise, die der Kontinent weitgehend selbst heraufbeschworen habe.

Zwar seien die sozialen Sicherungssysteme eine lobenswerte Errungenschaft, so Dimon. Doch Überbürokratisierung und zähe politische Entscheidungsprozesse hätten Kapital aus Europa vertrieben. Und die heraufgezogene Wirtschaftskrise drohe nun, die Union zu spalten. Es sind gerade die sozialen Sicherungssysteme der EU-Staaten, die nun angesichts der Deindustrialisierung und der anhaltenden Rezession die Alarmsirenen schrillen lassen und immer tiefer in den defizitären Bereich sinken.

Ein weiterer Kritikpunkt Dimons: Europa verlasse sich zu sehr auf den militärischen Schutzschirm der USA und belaste die strategische Allianz über Gebühr, während die eigenen Militärausgaben bewusst reduziert würden. In strategischer Hinsicht sei Europa unzuverlässig – nicht zuletzt wegen seiner Abhängigkeit von fragilen Lieferketten und unsicheren Allianzen.

Was Jamie Dimon nicht offen aussprach, ist die Abhängigkeit Europas von China, von seltenen Erden und seine Hilflosigkeit im Umgang mit dem Dumping-Export, der sich über den europäischen Binnenmarkt ergießt. Die USA, die sich im Prozess der Neuorganisation des Welthandels mit ihrem großen Konkurrenten im Osten befinden, werden die Allianz mit Europa in der Zukunft brauchen, um ihre Kräfte geopolitisch konsolidieren zu können.

Dimon forderte eine langfristige US-Strategie, um Europa wirtschaftlich und strategisch zu stärken. Gleichzeitig machte er deutlich: Europa selbst müsse in Vorleistung treten, seine regulatorischen Hürden für Kapital und Unternehmen abbauen, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen.

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Implizit kritisierte Dimon das, was zu selten offen zur Sprache kommt: Durch den Green Deal und die grüne Transformation hat sich ein Hyperstaat etabliert, der freie Kapitalflüsse absaugt. Grenzenlose Subventionspolitik und staatliche Anreizstrukturen hemmen private Investitionen, beschädigen den Kreditprozess und untergraben so das wirtschaftliche Fundament des Kontinents.

Es kann einem Vertreter des Bankensektors nicht gefallen, was in der Folge mit Blick auf Europas Staatsfinanzen geschieht. Während in den USA die Trendwende zur Deregulierung und zum Abbau des übergroßen Staatsapparates eingeleitet wurde, folgt Europa einem entgegengesetzten Weg, setzt auf den Big State, auf zentrale Planung und damit verbundene höhere Staatsschulden. Steigende Zinsen und Fehlallokation von Kapital sind da vorprogrammiert, die Gefahr von Bankenkrisen steigt. Das erschwert das Geschäft der Privatbanken wie JP Morgan.

Die Kritik von Jamie Dimon, die sich unmittelbar an die nur wenige Tage zuvor veröffentlichte neue Sicherheitsstrategie des Weißen Hauses anschließt, fällt in eine Zeit, in der das Klima der öffentlichen Debatten in Europa zunehmend frostig wird.

Die aggressive Haltung Brüssels gegenüber amerikanischen Digitalkonzernen bestätigt die Kernbotschaften dieser neuen Sicherheitsstrategie gegenüber der EU. Die Union werde zunehmend als strategisch instabiler Partner wahrgenommen, der langfristig stärker auf seine eigene Verteidigungsfähigkeit setzen müsse.

Implizit enthält die Strategie eine offene Drohung: Die USA könnten sich auf die westliche Hemisphäre zurückziehen, sollte Brüssel seine zunehmend konfrontative Haltung gegenüber Washington nicht mäßigen. Europa muss wirtschaftlich und militärisch eigenständiger werden, wenn es die transatlantische Allianz aufrechterhalten und im globalen Wettbewerb relevant bleiben will.

Nur wenige Tage nach der Entscheidung der EU-Kommission, Elon Musks soziale Plattform X wegen Verstößen gegen den Digital Services Act mit einer Strafe von 140 Millionen Euro zu belegen, weitet sich der Konflikt zwischen der europäischen politischen Führung und Vertretern der amerikanischen Wirtschaft, die ihrer Regierung zur Seite stehen, immer weiter aus.

Beide Seiten scheinen derzeit nicht bereit, aufeinander zuzugehen. Vor diesem Hintergrund bleibt angesichts einer möglichen Eskalation des Ukraine-Konflikts vor allem die Frage nach der europäischen Verteidigungsfähigkeit virulent.

Jamie Dimon dürfte sehr bewusst sein, dass ein Großteil der europäischen Nachfrage nach Rüstungsgütern nur von US-Herstellern gedeckt werden kann. Etwa 72 Prozent der Rüstungsimporte der EU stammen aus den USA, ihr Volumen übersteigt in diesem Jahr aller Voraussicht nach die Marke von 80 Milliarden Euro.

Dimons Appell an die Europäer, sich ihrer eigentlichen Stärken zu besinnen und den Aufbau einer eigenen Sicherheitsarchitektur voranzutreiben, ist damit unbestreitbar interessengeleitet. JP Morgan, die amerikanische Superbank und Miteigentümerin der New York Fed, plant in den kommenden zehn Jahren etwa 1,5 Billionen US-Dollar an Krediten am heimischen Standort zu vergeben, von denen auch der US-Rüstungssektor und die dazugehörige Infrastruktur profitieren sollen.

Dimon ist ein fester Bestandteil der sicherheitspolitischen und ökonomischen Kalkulation der Trump-Regierung, agiert dabei aber gleichzeitig als Wettbewerber im harten Bankenmarkt der USA. Ob JP Morgan künftig ein direktes Engagement in Europa im Bereich Rüstungsfinanzierung eingehen wird, ist unklar; derzeit sind keine konkreten Projekte bekannt. Die Europäer werden sich beim Aufbau ihrer Kriegswirtschaft voraussichtlich auf das eigene Bankensystem stützen.

All dies geschieht im Zeichen einer schrittweisen Loslösung EU-Europas vom Sicherheitsschirm Washingtons. Nachdem in den vergangenen Monaten deutlich wurde, dass die USA sich langfristig aus der Sicherheitsarchitektur Europas zurückziehen könnten, rückt die Eigenständigkeit europäischer Verteidigungsfinanzierung zunehmend in den Fokus.

Aus Sicht von Donald Trump kommt die rhetorische Flankenarbeit von Jamie Dimon nicht nur aus geostrategischen Erwägungen recht. Als gewichtiger Einflussfaktor im Hintergrund der Federal Reserve deutet Dimon mit seinen Ausführungen zur Lage der EU an, dass nun strategisches Einvernehmen zwischen Geldpolitik und dem Weißen Haus besteht, was während Trumps erster Amtszeit keineswegs der Fall war.

Nach Monaten des Dauerstreits mit Fed-Chef Jerome Powell, die immer wieder für Irritationen und Unstimmigkeiten gesorgt hatten, könnte sich das Blatt nun entscheidend wenden. Trump steht kurz davor, den Nachfolger von Powell zu ernennen und die seit dem Ende der Corona-Zeit restriktive Geldpolitik damit fürs Erste zu begraben.

Für Trumps wirtschaftspolitische Agenda, insbesondere zur Reduktion des Schuldendrucks, sind niedrigere Zinsen entscheidend. Stehen ihm Großbanken und Federal Reserve geschlossen zur Seite, dürfte es dem Präsidenten deutlich leichterfallen, seine innenpolitische Strategie umzusetzen, während er auf internationalem Parkett nationale Geschlossenheit beweisen kann. 

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13 Kommentare

  • Das wird man in der EU-Blase nicht gerne hören. Aber so ist das nun einmal: Es tut oft weh, wenn einem der Spiegel vorgehalten wird und man sehen muss, wie man in Wirklichkeit aussieht.
    Europa muss sich sehr bald verdammt zusammenreißen, sonst sind wir in zehn Jahren irgendwas zwischen Armenhaus, Altersheim und Freilichtmuseum.

  • In den USA wird erfunden und gebaut, in der EU nur noch reguliert, unter der Maßgabe: solange der Patient noch atmet, ist die Regulierung zu lax.
    Dabei ist die Konstruktion der EU auf die freiwillige Mitarbeit der Mitgliedsstaaten angewiesen.
    In der deutschen Verfassung zum Beispiel ist eine gesetzgebenden Rolle der EU nicht vorgesehen, jede entsprechende Mitarbeit des Bundestages erfolgt also freiwillig.

  • Eigenständigkeit europäischer Verteidigungsfinanzierung? Wovon, bitte?

  • Ich gehe davon aus, dass die EU den derzeitigen US-Präsidenten einfach aussitzen möchte… die EU spielt auf Zeit und es wird keinen Kurswechsel geben. Jedenfalls nicht freiwillig.

  • Noch führen „unsere“ ungewählten und ungewollten Hochstapler und Betrüger ihre albernen Tänze auf, aber daß die EU in ihrer derzeitigen, durchkorrumpierten und dysfunktionalen Form keine Zukunft mehr hat, ist offensichtlich. Spätestens wenn das deutsche Volk als Zahltrottel ausfällt, ist Sense.

  • Jamie Dimon ist ein äußerst kluger und nüchterner Analyst, unprätentiös, er will sein Land gedeihen sehen – alles andere als eine primär gierige Heuschrecke. Wie die meisten Amerikaner hält er große Stücke auf Europa, es tut denen in der Seele weh, den Kontinent ihrer Großeltern vor die Hunde gehen zu sehen.

  • In der der EU sind viele Länder, die seit jeher kommunistisch geprägt sind. Darum ist die EU kommunistisch geprägt sind. Seit dem Austritt Großbritanniens sogar noch stärker. Dahinter stehen keine geheimen Mächte.

  • Diese EU gehört reformiert oder abgeschafft.

  • Langsam fällt es allen auf, niemand braucht diese EU.
    USA, CHINA, Russland machen ihr eigenen Ding, zu Recht.

  • Was interessiert das die größenwahnsinnige EU? Die ist völlig ideologisiert und für Fakten und sachliche Argumente nicht zugänglich.
    Diese EU muss weg! Ich will Europa, jedoch keine EU. Dieser bürokratische und ideologische Moloch genügt sich selbst und spielt sich als totalitärer Herrscher auf.

  • Es gibt so einige herbei geredete, angebliche äußere Feinde. Doch der Jahrtausend lang bekannte wirkliche Feind kommt seit viel zu vielen Jahren schon in unser Land & kolonisiert es.

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