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Afghanistan

1.000-Euro-Handgeld für abgeschobene Straftäter war in vielen Fällen rechtlich nicht notwendig

Eine Recherche von Focus Online zeigt: Das 1.000 Euro-Handgeld für die abgeschobenen afghanischen Straftäter wurde von einem „Kompetenzzentrum“ eingebracht, das Faeser unterstellt ist. Die Stelle führte vor der Abschiebung zudem selbst aus, dass die Auszahlung zum Teil keine rechtliche Notwendigkeit hat.

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Abschiebung Symbolbild

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Ende August schob Deutschland erstmals seit Beginn der Taliban-Herrschaft in Afghanistan wieder Straftäter in das zentralasiatische Land ab. Dabei bekamen die 28 Straftäter 1.000 Euro Handgeld mit auf die Reise, was mit gesetzlichen Regelungen erklärt wurde – Nancy Faeser verwies außerdem auf die Verantwortung der Bundesländer. Nun haben Recherchen von Focus Online ergeben, dass eine von Faeser geführte Stelle das Handgeld angeregt hatte. Außerdem seien die Gelder zum Teil ohne jegliche gesetzliche Notwendigkeit vergeben worden.

Angeregt wurden die Handgelder, laut Focus Online, durch das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) – ein Kompetenzzentrum, das dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und somit auch Faesers Innenministerium untersteht. In einer Handreichung vor der Abschiebeaktion an die für das Handgeld zuständigen Landesministerien schrieb das ZUR ausführlich über die Problematik. Deutschen Gerichten zufolge muss einer möglichen Verelendung im Zielland der Abgeschobenen entgegengewirkt werden. Dies nahm auch Faeser als Rechtfertigung für die Handgelder: „Das soll quasi die Sicherheit der Maßnahme sozusagen absichern“, sagte sie am Tag der Abschiebung im ZDF.

Allerdings legt ausgerechnet die Handreichung des ZUR offen, dass trotz der Regelung in manchen Fällen keinerlei Handgelder nötig gewesen seien. Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hat nämlich bereits im vergangenen Jahr eine feste Messgröße für eine drohende Verelendung festgelegt. Dafür wird die „Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen“ herangezogen. Befinden sich 25 Prozent oder mehr Menschen in einem Land, die eine „akute Nahrungsmittel- und Lebensunterhaltskrise“ erleiden, muss ein Handgeld gezahlt werden. Dies ist bei Afghanistan zwar landesweit der Fall, der Anteil liegt jedoch knapp über der Grenze bei 28 Prozent, doch die Handreichung führt aus: „Dieses Mindestniveau [von weniger als 25 Prozent] ist in zahlreichen Regionen in Afghanistan gewährleistet“.

Zudem würde sich die Lage im Land, zumindest was die Versorgungssituation angeht, rapide verbessern. Die Handreichung argumentiert weiter: Entscheidend für die Auszahlung des Handgeldes sei es, ob die Grenze von unter 25 Prozent in der Zielregion erfüllt sei. Dies ist in zahlreichen Regionen in Afghanistan der Fall. Je nach Zielregion des Abgeschobenen wären Handgelder also auch in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen nicht notwendig gewesen.

Auch die Höhe des Geldes wird von vielen infrage gestellt. Diese wurde, so führt die Handreichung aus, pauschal auf der Grundlage errechnet, dass eine siebenköpfige Familie für drei Monate mit einem „Mindestwarenkorb“ (errechnet von der europäischen Asylagentur) überleben kann. Es ist nicht bekannt, wie groß die Familien der jeweiligen Abgeschobenen sind; eine einzelne Person könnte in Afghanistan jedoch um ein Vielfaches länger mit dem Geld überleben.

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