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Sonntag

Zwischen AfD, BSW und WerteUnion – die Thüringer Kommunalwahl könnte ein politisches Erdbeben auslösen

Am Sonntag finden in Thüringen die Kommunalwahlen statt, bei der die AfD auf weitere Landrats- und Bürgermeisterposten abzielt, während BSW und WerteUnion sich zum ersten Mal dem Votum der Wähler stellen.

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Dieses Jahr gibt es drei große Wahltage in Thüringen: die Wahl des Europaparlaments am 9. Juni, die Landtagswahlen am 1. September und die Kommunalwahlen – die diesen Sonntag stattfinden. Da die Kreistagswahlen und Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung flächendeckend stattfinden ist dies der erste Stimmungstest an der Wahlurne für den Freistaat und damit auch wegweisend für die weiteren Wahlen in diesem Jahr. 

Dabei ist die Ausgangslage sehr eindeutig. 2019 konnte sich die CDU bei der Wahl der Kreistage und Stadträte der kreisfreien Städte durchsetzen. 27,3 Prozent der Thüringer entschieden sich für die Christdemokraten. Auf Platz 2 folgte die AfD mit 17,7 Prozent, die bei dieser Wahl zum ersten Mal in nahezu allen Kreistagen im Freistaat antrat. Linke und SPD teilten sich Platz 3 und 4 mit 14,0 beziehungsweise 13,4 Prozent. Grüne und FDP kamen auf 7,5 beziehungsweise 4,8 Prozent.

15,4 Prozent der Thüringer entschieden sich für die sogenannten „sonstigen“, zu denen vor allem lokale Wählergruppen gehören. Rot-rot-grün schaffte es gerade einmal 34,9 Prozent der Wähler von sich zu überzeugen, während schwarz-blau-gelb auf 49,8 Prozent kam. 

AfD-Höhenflug und Linker-Sturzflug?

Die letzten Landrats- und Bürgermeisterwahlen in Thüringen waren von starken AfD-Ergebnissen, meist über 40 Prozent, geprägt. Einen Landratsposten konnte die AfD in Thüringen aber trotzdem nur in Sonneberg gewinnen. Das will man dieses mal ändern, auch wenn man wegen mangelnder Kandidaten nicht flächendeckend antreten kann. Außerdem kommen in einigen Landkreisen Besonderheiten wegen interner Spannungen hinzu: In Saale-Rudolstadt zum Beispiel, tritt man wegen Streitigkeiten mit zwei Listen an: einer AfD-Liste und einer Alternative zur AfD, unterstützt vom Landeschef Höcke.

Die Linkspartei war auf kommunaler Ebene bei der letzten Wahl vergleichsweise schwach und konnte nicht auf den Ramelow-Bonus bauen. Auch bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis anfang des Jahres konnte die Linkspartei mit 6,9 Prozent gerade einmal etwas mehr als die Hälfte der Wähler im Vergleich zur letzten Kreistagswahl (13,6 Prozent) für sich gewinnen. Nur in Eisenach und Jena konnte die Linke bei den letzten Kommunalwahlen auf Kreisebene mit 21,6 Prozent beziehungsweise 20,4 Prozent mehr als 20 Prozent holen. Ihr schlechtestes Ergebnis erzielte die Linke übrigens in der Heimat von Björn Höcke, dem Landkreis Eichsfeld, wo sie nur 6,9 Prozent der Stimmen bekam.

FDP-Hochburg Jena

Jena ist die FDP-Hochburg in Thüringen, dem ersten Bundesland, das einen FDP-Ministerpräsidenten hatte. Mit 12,8 Prozent konnte die FDP bei der letzten Kommunalwahl 2019 sogar die AfD (10,0 Prozent) sowie SPD und CDU (beide 12,6 Prozent) hinter sich lassen. Zusätzlich konnte die FDP 2018 das Oberbürgermeisteramt für sich gewinnen. Dieses möchte die FDP bei der diesjährigen Wahl natürlich verteidigen.

Aktuell sieht es für die Liberalen im Freistaat jedoch schlecht aus. Der Landesverband hat sich mit der Bundespartei überworfen, die aufgrund der Nominierung Kemmerichs zum Spitzenkandidaten zur anstehenden Landtagswahl die Unterstützung verwehrt. Sollte die FDP ihr Ergebnis von der letzten Kommunalwahl (4,8 Prozent) sowie ihr starkes Ergebnis in Jena inklusive Oberbürgermeister verteidigen, wäre dies ein deutliches Ausrufezeichen gegen die Bundespartei und würde den nationalliberalen Kemmerich weiter stärken.

WerteUnion und BSW, die erste Wahl

Für Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) und WerteUnion ist morgen der erste Wahltag in ihrer Parteiengeschichte. Das BSW tritt im Wartburgkreis, in Gotha, in Sonneberg sowie in Greiz an. Außerdem kandidiert das BSW für fünf Stadträte und stellt in den entsprechenden Gemeinden auch Bürgermeisterkandidaten auf.

Die WerteUnion (WU) tritt unter ihrem Namen nur im Saale-Orla-Kreis zur Kreistagswahl an. Kandidaten und Verbündete treten teils unter anderem Namen an. Im Saale-Holzland-Kreis zum Beispiel tritt der WU-Thüringen-Chef für die Bürgerinitiative Holzlandkreis an und kandidiert sowohl für den Kreistag als auch für den Posten des Landrats. In Jena kandidieren die Bürger für Thüringen, die sich mittlerweile in die WerteUnion integriert haben, zusammen mit der coronakritischen Partei Die Basis für den Stadtrat.

Spannend wird vor allem, ob die beiden Parteien die 5-Prozent-Hürde in den Landkreisen, in denen sie antreten, überspringen werden. Insbesondere für das BSW, das in zwei Wochen bei der Europawahl das erste Mal bundesweit antritt und das Demoskopen in Thüringen bei rund 15 Prozent sehen, wird es eine ernsthafte Bewährungsprobe.

Fällt die Brandmauer?

Der morgige Wahltag kann, obwohl es sich nur um eine Kommunalwahl handelt, zu einem politischen Erdbeben führen. Denn klar ist: wer bei dieser Wahl gut abschneidet und zumindest sein Ergebnis halten kann hat gute Chancen auch einen Erfolg bei der Landtagswahl einzufahren. Wer schlecht abschneidet hat nur noch gut drei Monate Zeit die Wähler neu von sich zu überzeugen.

Aktuell sehen Meinungsforschungsinstitute bei der nächsten Landtagswahl die AfD mit rund 30 Prozent vorne, während die CDU mit 20 Prozent auf dem zweiten Platz kommt und BSW und Linkspartei mit jeweils 16 Prozent den geteilten 3 Platz belegen. Grüne und SPD sehen sich mit der 5-Prozent-Hürde konfrontiert und die FDP kann diese aktuell nur von unten ansehen. Dieses Ergebnis würde aufgrund der selbstauferlegten Brandmauern eine faktische Unregierbarkeit des Freistaats mit sich bringen.

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