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Ludwig-Erhard-Gipfel

Wirtschaftsministerin Reiche will neue Kernkraftwerke in Deutschland entwickeln

Bei der offiziellen Amtsübergabe im Wirtschaftsministerium lobte Katherina Reiche ihren Vorgänger Robert Habeck noch für dessen „fast übermenschliche Leistung“ während der Gaskrise 2022. Nun setzt sie sich vorsichtig von dessen Energiepolitik ab und spricht über die Möglichkeit eines Wiedereinstiegs in die Kernenergie.

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Katharina Reiche auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel

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Bei einem Podiumsgespräch auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee sagte CDU-Wirtschaftsministerin Katharina Reiche am Freitag: „Wir haben in den vergangenen Jahren, fast anderthalb Jahrzehnten den Schwerpunkt sehr, sehr stark, fast überbetont auf den Klimaschutz gesetzt.“ Es brauche Versorgungssicherheit, man habe in Spanien gesehen, „was passiert, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht genug flexible Energie da ist“, nannte sie den Blackout auf der iberischen Halbinsel als mahnendes Beispiel.

„Wir haben das Thema Preise lange Zeit beiseitegedrückt und sehen jetzt, dass die hohen Energiepreise den Wirtschaftsstandort belasten und zwar so sehr, dass energieintensive Unternehmen nicht mehr hier investieren, sondern abwandern“, so Reiche weiter. Hier zu einer vernünftigen Balance zu kommen, sei die Aufgabe dieser Regierung. „Wir müssen Versorgungssicherheit und Preisstabilität in den Griff bekommen, sonst werden wir auch mit dem Klimaschutz scheitern.“

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Auf die künftige Rolle der Kernkraft angesprochen, tastete sich Reiche zögerlich an das für die Union heikle Thema heran. Denn CDU und CSU hatten im Bundestagswahlkampf gefordert, die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Reaktoren zu prüfen und einen Rückbaustopp zu verhängen. In den Koalitionsverhandlungen konnten oder wollten sich Friedrich Merz und Markus Söder aber nicht gegen die SPD durchsetzen. Das Thema kommt im Koalitionsvertrag nicht vor.

Zwar traute sich auch Reiche in dem Gespräch beim Ludwig-Erhard-Gipfel nicht, auf Konfrontationskurs zu dem in der Kernkraftfrage eingeknickten Kanzler und dem kernkraftkritischen Koalitionspartner zu gehen, doch sie machte deutlich, dass sie der Nuklearenergie offen gegenübersteht. Und sie lehnte, anders als es viele Medien berichteten, einen Wiedereinstieg Deutschlands in diese Technologie nicht grundsätzlich ab.

„Der Ausstieg ist vollzogen. Ein Wiedereinstieg erfordert nicht nur Geld, sondern Vertrauen der Unternehmen, die das machen sollen, dass eine solche Zusage bliebe und zwar nicht über eine Legislaturperiode, sondern darüber hinaus“, stellte Reiche fest. Bevor Merz sie als Wirtschaftsministerin in sein Kabinett holte, arbeitete die frühere CDU-Bundestagabgeordnete und Staatssekretärin als Topmanagerin im Energiekonzern Eon. Dessen Kernkraft-Tochter Preussenelektra hatte sich während der Energiekrise 2022 am deutlichsten von allen AKW-Betreibern für eine Laufzeitverlängerung eingesetzt – allerdings erfolglos, weil Grüne und SPD in der Ampelkoalition am Atomausstieg festhielten und die FDP sich damals noch nicht traute, die Koalition platzen zu lassen.

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„Wenn ich den Sektor, in dem ich früher tätig war, richtig verstanden habe, dann ist die Skepsis selbst bei einer positiven Entscheidung, dass eine solche Entscheidung von Dauer sein könnte, sehr, sehr groß. Also das Unternehmen von sich aus investieren würden, das sehe ich nicht“, fasste Reiche das Misstrauen der von einer erratischen Atompolitik verschreckten Branche zutreffend zusammen. Was sie allerdings nicht erwähnte, ist, dass es innerhalb ihrer eigenen Partei bereits ein Konzept gibt, wie man die Wiederinbetriebnahme trotzdem erreichen könnte: durch eine (teil-)staatliche Betreibergesellschaft, die den heutigen Betreibern das unternehmerische Risiko, erneut Opfer einer überhasteten Ausstiegspolitik zu werden, abnimmt.

Nach wie vor sei es auch schwierig, „einen gesellschaftlichen Konsens dafür hinzubekommen“, behauptete die Ministerin außerdem. Und das klingt wirklich nur nach einer Ausrede. Denn in einer parlamentarischen Demokratie geht es darum, Mehrheiten zu gewinnen, nicht die gesamte Gesellschaft zu überzeugen. Und in Meinungsumfragen überwiegt die Pro-Atom-Stimmung in Deutschland inzwischen stabil.

„Man hätte ihn (den gesellschaftlichen Konsens) gehabt“, fuhr Reiche fort. „Nämlich als wir in einer Energiekrise standen, hätte die Möglichkeit bestanden, die drei noch laufenden Kernkraftwerke deutlich zu verlängern. Diese Chance ist vertan worden. Wir müssen mit der Situation jetzt leben.“ Das klingt zwar resigniert. Aber dass die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie (Klimaschutz ist aus dem Ministeriumsnamen verschwunden), die als Bundestagsabgeordnete unter Kanzlerin Merkel eine vehemente Kernkraftbefürworterin war, gegen einen Wiedereinstieg Deutschlands in die friedliche Nutzung der Kernspaltung ablehnt, geht aus ihren Worten nicht hervor.

Im Gegenteil. Sie deutete zaghaft an, dass die Kernspaltung doch noch eine Zukunft in dem Land haben könnte, das in dieser Hochtechnologie einst zur Weltspitze zählte. Denn Reiche sprach sich dafür aus, die entsprechende Forschung in Deutschland zu erhalten und hier neue Reaktortypen zu entwickeln. Und damit meinte sie nicht nur die Zukunftshoffnung Kernfusion, die es in den Koalitionsvertrag geschafft hat, sondern ausdrücklich auch sogenannte Small Modular Reactors (SMR). Das sind in Serie gefertigte Reaktoren, die weltweit vor einem Boom stehen, weil sie schneller und günstiger gebaut werden und etwa Kohlekraftwerke ersetzen können.

SMR funktionieren nach dem Prinzip der Kernspaltung. Ihr Neubau und kommerzieller Betrieb ist in der Bundesrepublik seit dem rot-grünen Atomausstiegsbeschluss von 2002 gesetzlich verboten. Wenn Katherina Reiche tatsächlich will, dass Deutschland zum SMR-Standort wird, muss sie den bislang gescheuten Konflikt mit der SPD wagen, um eine Gesetzesänderung zu erreichen.

In dem Podiumsgespräch beim Ludwig-Erhard-Gipfel blieb sie in diesem Zusammenhang vage. Sie verwies auf den pronuklearen Nachbarn Frankreich. Friedrich Merz habe bei seinem Antrittsbesuch in Paris eine wichtige Botschaft an Emmanuel Macron mitgebracht: „Es ist richtig und wir akzeptieren und es ist auch vernünftig so, dass die Franzosen ihren Energiemix anders definieren als unseren. Die Franzosen werden weiter auf Kernenergie setzen. Sie werden auch auf kleine, modulare Reaktoren setzen“, sagte Reiche. Und dann kamen die entscheidenden Sätze: Die Bundesregierung habe sich vorgenommen, „wenigstens forschungsseitig hier dabei zu sein und das ist wichtig. Wir müssen zumindest Technologien mitshapen und entwickeln können. Wenn wir das auch verpassen, verpassen wir, glaube ich, eine große Chance.“

Ein Versuch, von der eigenen Mutlosigkeit beim Aufhalten eines ideologischen Zerstörungswerks abzulenken, oder ein ernst gemeinter Vorstoß, der Hoffnung stiftet? Das wird sich im Laufe ihrer Amtszeit zeigen.

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65 Kommentare

  • Wie soll man den das Verstehen ? Neue Kernkraftwerke bauen !? was ist mit den alten ? Die galten als die sichersten der Welt !! Und die Kernfusion werden wir wohl nicht mehr als Funktionierende Technik erleben .
    Gibt es da als Politiker Geld zu verdienen ! Diesen Deutschen Wahnsinn erträgt ja kein Mensch mehr !! Mit Milliarden Subventionen gebaut mit Milliarden Verschrottet um das gleiche wieder mit Milliarden Subventionen hinzustellen weil die alternative Energie die auch mit Milliarden Subventioniert wurde nicht wirklich Funktioniert !! Man braucht sich wirklich nicht wundern dass das Geld überall fehlt !!
    Gott behüte uns vor diesen Politikern !!

    59
  • Sie lobt ihren Vorgänger, dem alle Wirtschaftsunternehmen ein katastrophales Zeugnis ausgestellt haben.
    Von Kernenergie steht nichts im Koalitionsvertrag.
    Leere Worte auf einer Veranstaltung um Applaus zu bekommen.

  • Ach, als ob das mit SPD und Grünen in der Regierung durchkommt. Nichts als leeres Geschwätz.

    45
  • unglaubwürdig,nichts wird passieren.

    28
  • Wird nie umgesetzt. Die Linken holen schon ihre Fackeln raus.

    45
  • Was die CDU immer gemeint hat, beschränkt sich lediglich auf die Forschung. Die haben nicht vor jemals wieder ein Kernkraftwerk ans Netz zu nehmen. Man muss lernen diesen ganzen Gestalten richtig zuzuhören. Niemand von denen macht konkrete Ansagen.

  • Das KnowHow ist im Land, kann gleich damit angefangen werden, damit mal wieder vernünftige Grundlast da ist! Kann aber auch sein, das sie morgen wieder „umfällt“ 😉

    11
  • Wieviel hat eigentlich die Zerstörung der vorhandenen Kraftwerke gekostet und wird Herr Habeck hierfür zur Verantwortung gezogen?
    Und was kosten jetzt die Neubauten?

    22
  • Sollen tatsächlich noch Wunder geschehen uns sie kommt damit durch?
    Wäre auf jeden Fall einmal etwas mit Vernunft!

    9
  • Am Rande des Treffens in der Ukraine hat BK Merz ein Ende der öffentlichen Diskussion über Waffenlieferungen an Kiew gefordert.
    — Natürlich habe die dt. Bevölkerung Interesse an Informationen darüber, sagte Merz dem Sender n-tv.
    Unter seiner Führung sollen aber Debatten um konkrete Waffensysteme aus der Öffentlichkeit herausgehalten werden.
    Entscheidungen würden weiter im Kabinett und in Abstimmung mit den internationalen Partnern getroffen, sagte Merz auch mit Blick auf mögliche Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern. (BR)
    Bild für die Geschichtsbücher:
    https://www.n-tv.de/img/25759026-1746878011000/17-6/750/telef.jpg

    7
  • Ich will ja nicht unken, aber ich befürchte, auch dieser Zug ist wie so manch anderer in Deutschland gerade abgefahren. Also nicht, daß man die KKWs der neuen Generation nicht hier bauen oder betreiben könnte, aber das wird wohl vom Ausland geliefert und errichtet werden.

  • Das hört sich alles gut an , nur mit der SPD , Grüne und Linke , von denen die CDU abhängig ist , wird das nur beim Wollen bleiben ! Die CDU muss aufpassen das auf nach den Wahlkampflügen nicht auch noch im Amt nur Lügen auftischt , denn jetzt müssen Taten folgen Bund nicht nur davon fabuliert werde

  • Das passiert schon. Sie werden nur nicht hier gebaut.

  • Sehr merkwürdig der plötzliche Sinneswandel.
    Klingt für mich wie eines der Ergebnisse des „konstruktiv-höflichen Telefonats“ mit Trump und Anweisung von oben.

    7
  • Das glaube ich ihr gerne. Nur bin ich ebenso davon überzeugt, dass diese Kernkraftwerke, dann auf der ganzen Welt gebaut, zu 100% von unserem Steuergeld finanziert werden, und dass nicht Mal ein einziges kleines Mikrowatt von diesem Strom bei uns ankommen wird.

  • Wir haben bereits AKWs die gebaut sind und auf ihren Einsatz warten.
    Die können innerhalb 2 Jahren wieder ans Netz gehen.
    Man muss es nur wollen Frau Reiche.

  • Es werden zumindest vernünftige Dinge angedacht. Die AFD würde sie auch ausführen, wenn sie denn mit regieren würde.

  • Also der Zug ist abgefahren. Letzte Chase war die nicht Abschaltung Atomkraft Werke.
    Bis so ein Werk Strom erzeugt gehen 10 Jahre ins Land. Die negste Regierung sagt vielleicht wieder nein zu Atom Strom. Zum andern haben wir auch keine Leute mehr dafür und nicht mehr das Nohou.
    Das ist nur Stimmen fang.

    8
  • Super Konzept: Erst verteufeln und niederreißen, dann naja, vielleicht doch wieder was aufbauen, Geld spielt keine Rolle. Wahnsinn. Welcher Betreiber soll sich auf so etwas einlassen? In acht Jahren heißt es dann vielleicht wieder: Weg damit!
    Völlig erratisch.

  • Dadurch, dass die Natur- und Technikwissenschaften laut dem Nobelpreisträger Werner Heisenberg ihren festen Halt stets in einem philosophischen Denken finden, das aber laut der früheren Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, ohne die Soziologie „blind“ bleibt, müsste zuvörderst Aufschluss darüber gewonnen werden, wer die dadurch mit Geist gekoppelte Blindheit exemplarisch in der Atompolitik auch künftig befördert. Falls sich zwar formal dazu befähigte, in Wirklichkeit jedoch nichts anderem als einer „Pseudowissenschaft“ (Planck, in: Berliner Tageblatt v. 25.12.1930) frönende Forscher dazu hergegeben haben, sollte gegenwärtig wenigstens deren materieller Förderung vonseiten der öffentlichen Hand ein Ende gesetzt werden. Allerdings sind die Aussichten nach den erst vergangenes Jahr damit gemachten Erfahrungen, die in der Maßnahme fälschlich einen Angriff auf die akademische Freiheit sehen, mehr als düster.

  • Frankreich betreibt 57 AKW, 70% Anteil am Stromerzeugungs-Mix.

    Der Nettostromverbrauch in Deutschland betrug im Jahr 2024 rund 464 Terawattstunden. Ein AKW erzeugt ca. 10 Terawattstunden/Jahr. Ergo müssten wir hier ca. 33 Stück bauen, um das Atomerzeugungsniveau Frankreichs zu ereichen. Ein Teil kostet mindestens 40 Mrd Eur, wären dann 1.320 Bio Euronen Investitionskosten.

    Die KWh Strom ist in Frankreich auch kein Schnäppchen, gut 25 Cent muss der Atomstromfranzose dafür auch auf den Tisch legen. Dürfte in De weitaus mehr werden, weil die Investitionskosten dann ja nicht natürlich gewachsen wären.

    Nun bin ich natürlich nicht von der Atomlobby, so wie vllt. der eine oder andere Politiker. Ich empfehle daher nochmal genauer nachzudenken.
    Natürlich möglich, dass in 30 Jahren alles wieder billiger wird, vorher aber ganz sicher nicht,denn wie gesagt, die Investitionskosten müssen erst mal wieder rein, Kapitalismus halt, Marktwirtschaft. Eon und Co haben nichts zu verschenken, …

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  • Nicht quatschen sondern machen. Mittlerweile hat man den Eindruck, das die CDU uns viel erzählt um die Bevölkerung zu beruhigen! Alles hat sich bisher als Luftnummer erwiesen oder wurde gleich wieder dementiert!

  • Onkel Trittin wird aber richtig sauer, wenn Reiche von Kernkraft spricht. Da Merz die Grünen und die Linken dank Brandmauer jetzt noch öfters für 2/3 Mehrheiten braucht, bleibt es natürlich nur bei großen Ankündigungen.
    Das hat Reiche von Merz schnell gelernt. Heute was ankündigen und morgen schnell dementieren. Diese Regierung braucht keine Fakten Checker. sie ist eine einzige Lüge.

  • Ich setzte mal guten Willen voraus, sehe aber mindestens 2 Probleme:
    1. unser zugereisten Atomforscher tun sich noch ein bisschen schwer mit dem Englischen vom Deutsch garnicht zu reden.
    2.https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw15-de-forschung-kernreaktoren-830856

    abgesehen davon sind Deutsche Wissenschaftler immer noch vorne wenn es um AKW geht. Nur findet die Forschung woanders statt.

    https://www.nuklearforum.ch/de/news/abkommen-ueber-den-bau-des-deutschen-dual-fluid-reaktors-ruanda/

  • Hat hier jemand Atomlobby gesagt?

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