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Wegen Rassismus gecancelt: Lasst die Finger von Jim Knopf!

Der Stuttgarter Thienemann Verlag ist eingenickt: In einer Neufassung des berühmten Kinderbuchs „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ wurde nicht nur das Wort „Neger“ gestrichen, es wurden auch angeblich rassistische „Stereotypisierungen“ entfernt und Zeichnungen ersetzt. Das ist jedoch nicht nur geschichtsvergessen, sondern schlicht lächerlich.

„Das dürfte vermutlich ein kleiner Neger sein“ – dieser eine Satz in Michael Endes berühmter Kinder-Geschichte über Jim Knopf und Lukas den Lokomotivführer sorgte schon im Jahr 2015 für eine aufgeheizte Debatte über vermeintlichen „Rassismus“. Der Thienemann Verlag entschied sich damals trotz heftiger Vorwürfe, das Wort „Neger“ nicht aus seiner Jubiläumsausgabe zu streichen. Doch jetzt, etwa neun Jahre später, knickt der Verlag doch noch ein. In Absprache mit den Erben des Autors habe man sich „nach reiflicher Überlegung“ entschieden, das „N-Wort“ zu streichen. Und nicht nur das: Es sollen auch „stereotype Beschreibungen“ reduziert und Zeichnungen verändert werden – nur, um keine Gefühle zu verletzen. 

Im Jahr 2015 hatte sich der Stuttgarter Verlag noch damit verteidigt, dass die Bezeichnung „Neger“ nur an einer einzigen Stelle in der Geschichte vorkommt und der Schöpfer von Jim und Lukas sich vor seinem Tod nicht mehr zu der „N-Wort-Debatte“ äußern konnte. Doch nun hat sich der Thienemann Verlag offensichtlich dem Druck der Berufs-Empörten gebeugt. Wie die Zeit schreibt, erscheinen die beiden Bücher „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ sowie „Jim Knopf und die Wilde 13 am 24. Februar in einer überarbeiteten Neuausgabe.

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Man habe sich dafür entschieden, damit Kinder diese – anscheinend als schändlich erachtete – Sprache nicht in ihren Alltagswortschatz übernehmen. Die Zeichnungen wurden „vor dem Hintergrund der Rassismuserfahrungen Schwarzer Menschen“ verändert, damit diese nicht „irritiert“ werden. Verlag und Erben verkünden laut Zeit im Einklang, dass man sich sicher sei, „ganz im Sinne von Michael Ende, der bekanntermaßen weltoffen, respektvoll und immer für die Kinder war, zu handeln.“

Jim Knopf stammt aus einer anderen Zeit

Doch ich bin mir da nicht so sicher. Ob der im Jahr 1995 verstorbene Michael Ende wirklich wollen würde, dass man seine Darstellung entfremdet, die ursprüngliche Geschichte verfälscht und den Charakter Jim einfach völlig aus dem Kontext reißt, in dem er geschaffen wurde? Wohl eher nicht. Denn sollte die Autorin Julia Voss mit ihrer Analyse „Darwins Jim Knopf“ richtig liegen, verarbeitet Michael Ende in seinem Kinderbuch unter anderem seine Erlebnisse aus der NS-Zeit.

Etwa, als er beschreibt, dass „nicht reinrassigen Besuchern“ die Todesstrafe droht, wenn sie in die Drachenstadt „Kummerland“ eintreten. Außerdem helfen Jim und Lukas dem Halbdrachen Nepomuk, der sich für sein Mischlingsdasein schämt – und kämpfen gegen die böse Frau Mahlzahn, die eine schreckliche Erziehungsanstalt betreibt. 

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Man kann sich also relativ sicher sein, dass Ende die Bezeichnung „Neger“ entweder ganz bewusst wählte oder damit nichts Schlechtes verband – immerhin bedeutete das Wort in seinem Ursprung, abgeleitet vom Lateinischen, nur „Schwarzer“ und war damit per se keine Beleidigung. Laut Thienemann Verlag habe Ende das Wort aber sogar „bewusst nur Herrn Ärmel in den Mund gelegt, um auf die fehlende Weltoffenheit dieses typischen Untertans hinzuweisen“.

Herr Ärmel ist ein Bewohner der Insel Lummerland – auf der die Geschichte beginnt – ein etwas penibler, steifer Fotograf. Doch auch als er zu dem Findelkind, das in einem Paket auf der kleinen Insel ankommt, „Neger“ sagt, klang das für mich nie abwertend. Er behandelt den kleinen Jim im Verlauf der weiteren Geschichte auch nicht schlecht oder herablassend. 

Jim Knopf ist ein Held

Doch von all dem mal völlig abgesehen, ist die Rassismus-Debatte um Jim Knopf schon per se lächerlich. Denn seien wir mal ehrlich: Welches andere Kinderbuch hat einen schwarzen Jungen derart zum Helden gemacht? Zwar hat es zumindest mich als Kind nicht sonderlich interessiert, ob Jim nun schwarz, weiß, grün oder blau war – er stand für mich genauso für den mutigen Abenteurer wie der kleine Wikinger Wicki oder Nils Holgersson.

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Doch wenn wir diese Schiene nun schon fahren wollen, soll mir mal jemand erklären, wieso Jim bei Schwarzen etwas Negatives auslösen sollte. Er fährt Eisenbahn, rettet die Prinzessin, kämpft gegen Piraten und ist der Mittelpunkt der ganzen Geschichte. Wen interessiert da, ob er große Lippen hat? Lukas der Lokomotivführer hat auch einen dicken Bauch – sollen sich davon Eisenbahner oder fettleibige Menschen diskriminiert fühlen?

Wenn wir so anfangen, können wir die ganze Geschichte gleich auf den Index setzen. Denn der kleine asiatische Junge, der Lukas und Jim bei der Rettung von Prinzessin Li Si hilft, heißt „Ping Pong“. Und dann haben die Asiaten auch noch alle traditionelle Kleidung an – klingt nach heutigen Kriterien fatal nach „Stereotypisierung“ und anti-asiatischem Rassismus. Aber bevor ich hier noch jemanden auf dumme Ideen bringe, lassen wir den Quatsch doch einfach. Ich jedenfalls fände es sehr schade, wenn folgenden Generationen eine der schönsten Kindergeschichten – ein Klassiker aus der Augsburger Puppenkiste – vorenthalten werden würde, nur weil irgendein woker Langweiler einen Rassismus-Skandal erfunden hat. 

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