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Faktencheck

Verwendete Trump Nazi-Symbolik in Wahlvideo? Deshalb ist an dem Skandal wenig dran

Trump verwendete in einem Wahlvideo Nazi-Vokabular und will ein „unified Reich“, ging gestern durch die Medien. Tatsächlich hat der vermeintliche Skandal einen ganz anderen Hintergrund.

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„Trump irritiert mit Nazi-Vokabular“, „Video auf Trump-Account mit Nazi-Rhetorik löst Empörung aus“ und ähnliche andere Schlagzeilen gingen am Dienstag durch die Presse. Worum ging es? Die Trump-Kampagne hatte ein Wahlvideo im Stil der Zusammenstellung von Zeitungsüberschriften gemacht, die das Land zeigen soll, wie es aussieht, nachdem er wieder Präsident wird. Dort prangen Überschriften wie „Die Wirtschaft Boomt“ oder „Die Grenze ist geschlossen“.

Genauen Betrachtern fällt aber auch ins Auge: Schwer zu sehen, in dunkelgrau auf hellgrau sind unter jeden Abschnitt Texte zu stehen. Das meiste davon kann man nicht lesen – schließlich ist es eher so etwas wie Hintergrund-Dekoration – aber an manchen Stellen kann man Wörter ausmachen. Und hier beginnt der Skandal, so steht an einer Stelle etwas von einer „creation of a unified Reich“ (zu Deutsch „Schaffung eines vereinten Reiches“).

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Das ist gefundenes Fressen für seine Kritiker. Trump will ein Nazi-Reich erschaffen („Reich“ wird im Englischen ausschließlich für das deutsche Reich verwendet), heißt es. Und selbst wenn er das nicht selbst sage, dann meinen es doch jedenfalls Leute aus seinem Umfeld, die das als Augenzwinkern für Neonazis ins Video einbauten, so lautet das Argument.

Es ist eine peinliche Panne, aber ist es wirklich bewusst eingebautes Nazi-Vokabular? Nein, tatsächlich hat das einen anderen Hintergrund. Erstens drehte sich jener Satz nicht um Nazi-Deutschland, sondern um das deutsche Kaiserreich. Denn er stammt aus dem englischsprachigen Wikipedia: „German industrial strength and production had significantly increased after 1871, driven by the creation of a unified Reich“, zu Deutsch: „Die industrielle Stärke und Produktion Deutschlands hatte nach 1871 erheblich zugenommen, was auf die Schaffung eines geeinten Reiches zurückzuführen war“.

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Das macht auch mehr Sinn, wenn man sich den Rest des Videos anschaut, da tauchen in einem anderen Textblock die Daten „28. July 1914 – 11. November 1918“ auf, also Anfang und Ende des Ersten Weltkriegs. Wie aber kamen jene historischen Zahlen und Texte ins Video? Hat jemand in der Trump-Kampagne eine besondere Affinität für das deutsche (Kaiser-)Reich?

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Screenshot Envato

Nein, wohl eher hat jemand einfach recht unüberlegt und größtenteils unverändert eine Videovorlage für historische Zeitungsüberschriften übernommen, denn genau diese kann man auf der Plattform Envato finden. Dort tauchen eben jene historischen Zeitungstexte aus dem Trump-Video auf. „Werbeaktion für historische Schlagzeilen in Zeitungen“ nennt sich die Vorlage, die man dort kaufen kann, um sich sein eigenes Überschriftenvideo zu basteln, mit genau jenen Ersten Weltkriegstexten im Hintergrund, die hatte ein Video-Bearbeiter in der Trump-Kampagne offenbar vergessen, so wie Überschriften und Bilder, abzuändern.

Alles in allem also ein unangenehmer Videoschnitt-Fehler für Trump, aber alles andere als ein Beweis für Nazi-Anhänge in seiner Wahlkampagne, wie es aktuell medial dargestellt wird.

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