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Offener Brief

„Vergewaltigungen unserer Demokratie“: DDR-Bürgerrechtler kritisiert medialen Umgang mit der AfD

In einem offenen Brief formuliert der DDR-Bürgerrechtler und ehemalige CDU-Abgeordnete Arnold Vaatz scharfe Kritik an dem Umgang mit Andersdenkenden. Dass Medien gar einen „Eisernen Vorhang“ gegen die AfD etablieren wollen, zeige eine unzumutbare „Vergewaltigung“ der Demokratie.

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Arnold Vaatz saß in der DDR sechs Monate in Haft. Dass gegen unliebsamen Stimmen auch heute noch „Brandmauern“ hochgezogen werden, zeige eine „Vergewaltigung“ der Demokratie.

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In einem dreiseitigen offenen Brief übt der DDR-Bürgerrechtler und ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz scharfe Kritik an der „Geisteshaltung in unserem Land“. Das am Dienstag veröffentlichte Schreiben richtet sich direkt an die aus Dresden stammende Zeitung Sächsische, die am 10. August mit einem Kommentar zu Dialogen mit der AfD und extremistischen Akteuren polarisiert hatte.

Dort ist unter anderem zu lesen: „Was unser Land braucht, ist ein eiserner Vorhang, vor dem sich die Mehrheit der demokratischen Zivilgesellschaft schart, die zum konstruktiven Dialog bereit ist und gemeinsam Lösungen für die großen Herausforderungen unserer Zeit finden will.“ Ein Alarmsignal für den aus Thüringen stammenden DDR-Bürgerrechtler.

Vaatz musste wegen seines unermüdlichen Kampfes für die Freiheit Ende 1982 sechs Monate in Haft verbringen. Er kennt die Gefahren repressiver Regierungen, die Andersdenkende auch mit juristischen Mitteln auf Abstand halten wollen. Dass die AfD, immerhin eine „demokratische Partei“, jetzt als Dialogverweigerer dargestellt wird – wie es die Sächsische tut –, obwohl sie lediglich wie zahlreiche weitere unliebsame Akteure gegen eine „vergewaltigte Demokratie“ anzutreten versucht, kritisiert Vaatz mit aller Schärfe.

Apollo News veröffentlicht den vollständigen Brief, der als Reaktion auf den erwähnten Meinungsbeitrag der Sächsischen, mit dem Titel „Radikalisierung und Extremisierung: Reden allein reicht nicht mehr“, wahrzunehmen ist, in voller Länge.

Sehr geehrte Personen,

(ich spreche Sie so an, weil ich mich nicht durch die früher übliche Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ in die Nesseln setzen will).

Es gehört zu den undankbareren Aufgaben eines Demokraten, sich auch gegen Unrecht zu wenden, das Menschen geschieht, deren Auffassungen man ablehnt.

Mir geht es so mit jenen, die seit dem 24. Februar 2022 explizit oder implizit als Lautsprecher der russischen Banditenregierung agieren und daran arbeiten, in dieser Frage die Opfer-Täter-Relation ins Gegenteil zu verkehren. Dazu gehört unter vielen anderen auch die AfD, die ich aber trotzdem für eine demokratische Partei halte, nur eben schon deshalb nie wählen könnte.

Lesen Sie auch:

Kürzlich erschien unter Ihrem Impressum ein Beitrag mit dem Titel „Radikalisierung und Extremisierung: Reden allein reicht nicht mehr“.

Es heißt dort sinngemäß, seit Pegida hätte es Wellen von Dialogforen gegeben, aber nichts sei besser geworden, „Auffangbecken“ der Extremen schwöllen an, die „Radikalisierung und Extremisierung würde immer übergriffiger“, die „demokratisch denkende[] und handelnde[] Mehrheit“ würde attackiert (zum Beispiel von der AfD) und niedergeredet, es würde „auf dialogbereite Hände gespuckt“ (Ich werde zu zeigen versuchen, dass dies sogar stimmt, aber nicht auf die Weise, die Ihre Zeitung vermutlich meint) – das Reden also brächte nichts mehr. Man habe es jahrelang vergeblich versucht.

Wer diesen Artikel liest, und den selbstgerechten Hass und die wütende Hetze gegen Andersdenkende wahrnimmt, in die sich dieser Beitrag von Satz zu Satz weiter hineinsteigert, rechnet damit, dass die Conclusio am Ende nur auf eine Art Endlösung des AfD-Problems im Sinne der Vorstellungen des „Stürmer“ hinauslaufen kann oder wenigstens in die Forderung nach einer allgemeinen Verhaftung politisch Abweichender, wie sie jene antidemokratische Partei praktizierte, deren Bezirksorgan Ihre Zeitung einmal war und deren Wiederaufstieg unter mehreren neuen Namen Sie in den letzten vierunddreißig Jahren wohlwollend begleiteten. Beides bleibt zum Glück aus, weder Nazi- noch DDR-Vergleiche sind also angebracht, denn kurz vor dem vom Leser mit Spannung erwarteten ultimativen Vorschlag Ihrer Zeitung, wie denn nun das gegen die von Ihnen ausgemachten Demokratiefeinde wirkende Wundermittel auszusehen habe, schreiben Sie in Ihrer fast mitleiderregenden Hilflosigkeit:

„Was unser Land braucht, ist ein Eiserner Vorhang, vor dem sich die Mehrheit der demokratischen Zivilgesellschaft schart, die zum konstruktiven Dialog bereit ist … Wer aber diese Dialog-Bemühungen nur torpedieren und sabotieren will … soll … im … Abseits verharren.“ Also zunächst Entwarnung: Nicht mal ein Wahlrechtsentzug für Falschwähler schwebt ihnen vor. Sie wollen also die Abgrenzung von Ihren Gegnern durch eine Sprachänderung wirkmächtiger machen. Ihre donnernden Worte gipfeln in der Forderung, den Begriff „Brandmauer“ durch den Begriff „Eiserner Vorhang“ zu ersetzen. Heute ist der 13. August. Warum wählen Sie als Ersatz für die Brandmauer nicht den Begriff „antifaschistischer Schutzwall“? Damit kann man hierzulande erstens mehr anfangen und zweitens unterstreicht er doch die von Ihnen reklamierte Lauterkeit Ihrer Gesinnung!

Das wirklich Faszinierende Ihres Artikels ist aber weder der Schaum vorm Mund, mit dem er geschrieben wurde, noch der klägliche Platzpatronenschuss, in dem sich die Kanone entlädt. Es geht mir um etwas anderes. Ich schreibe diesen offenen Brief in Verzweiflung darüber, mit welcher Selbstverständlichkeit Sie unsere Demokratie, für die ich meine Lebenszeit eingesetzt, für die ich in der Zeit der DDR einen Teil meiner verbliebenen Freiheit geopfert und meine körperliche Unversehrtheit riskiert habe, verhöhnen, vergewaltigen und pervertieren.

Meiner möglicherweise veralteten Auffassung zufolge hat es nämlich beispielsweise nichts mit Demokratie zu tun, die Spielregeln derselben dann zu ändern, wenn diese einer Partei zugutekommen könnten, die man nicht mag. Ebenso wie auch ein Fußballschiedsrichter nicht mitten im Spiel die Regeln ändern darf, weil die falsche Mannschaft zu gewinnen droht. Gezielte Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit demokratisch gewählter Abgeordneter, Eingriffe in die Geschäftsordnung und die hergebrachte Praxis der Volksvertretungen wie die Abschaffung der Rolle des Alterspräsidenten, die Verweigerung parlamentarischer Ämter oder die Rückgängigmachung von demokratischen Abstimmungen in Landtagen auf Bitten von Bundeskanzlern sind keine Bagatellen, keine Unschönheiten am Rande, sondern unfassbar skandalöse und jahrzehntelang nicht für möglich gehaltene Vergewaltigungen unserer Demokratie. Dass sich hieran auch die Partei beteiligt hat, der ich angehöre, die großartige und traditionsreiche CDU, erfüllt mich mit Scham und Zorn.

Nicht minder unfassbar ist aber auch der Zustand der steuerähnlich zwangsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien, die ihren Sendeauftrag permanent und systematisch missachten, indem sie sich fernab jeglicher politischer Neutralität bewegen, sich ausschließlich als Anwalt des linken bis grünen politischen Lagers betätigen, dabei Hass und Hetze in Nazisprache („Blinddarm der Gesellschaft“) bis hin zur Ermunterung zum Totschlag gegen Andersdenkende („Nazis keulen“) verbreiten und sich mit Personal befüllen, dessen durch Umfragen ermittelte Wahlpräferenzen diese politische Einseitigkeit zementieren.

Nein, es ist nicht die Demokratie, von der sich so viele Menschen abwenden, wie Sie insinuieren. Die Menschen, die Sie meinen, wenden sich nicht ab von der Demokratie, sie setzen sich für sie ein. Sie wenden sich deshalb ab von der vergewaltigten Demokratie, von einer „Demokratie“, die diesen Namen immer weniger verdient. Sie wenden sich ab von den Vergewaltigern der Demokratie, die deren Regeln missachtet haben und es fort und fort weiter tun.

Nun kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass die AfD zu diesen Regelbrechern zählt. Die Partei mag Auffassungen vertreten, die man nicht teilt. Und ich habe oben beschrieben, weshalb ich sie nicht teile. Sie mag Fakten verdrehen, wie es im Fall von Corona die Regierungsparteien systematisch getan haben. Aber es ist eben nicht die AfD, aus der ich fortwährend den Ruf nach Brandmauern und Eisernen Vorhängen höre. Nicht die AfD ist es also, die den Dialog mit den selbsternannten Demokraten abgebrochen und „auf dialogbereite Hände gespuckt hat“. Aber wer ist es dann?

Da kommen wir zu Ihnen: Die Wahl der Metapher „Eiserner Vorhang“ schließt ja eines grundsätzlich aus: Einen Dialog durch diesen Vorhang hindurch. Wozu sonst verlangt man Eisen als Material? Sie rufen die von Ihnen so bezeichnete „demokratische Zivilgesellschaft“ auf, sich „vor“ dem geforderten Eisernen Vorhang zu „scharen“, und das, was Sie „Dialog“ nennen, nur noch unter sich zu führen. Sie verlangen mithin statt eines Dialoges einen Monolog. Das ist nichts anderes als der Ausschluss der Leute hinter dem Eisernen Vorhang von der politischen Willensbildung. Diesen unterstellen Sie den Willen, das, was Sie fälschlicherweise „Dialog-Bemühungen“ nennen, torpedieren und sabotieren zu wollen. Dabei sind Sie es, die verlangen, dass jenem Dialog, für den einzutreten Sie sich brüsten, per Brandmauer oder neuerdings Eisernem Vorhang einen Riegel vorgeschoben wird.

Nein: Es sind diejenigen, die Brandmauern und eiserne Vorhänge fordern und schon mit dem GEBRAUCH DIESER WORTE den Dialog für beendet erklären, für den sie uns gleichzeitig weismachen wollen, einzutreten oder eingetreten zu sein. Auch wenn das partout nicht in Ihre Köpfe will: Es sind SIE, und nicht Ihre Gegner, die permanent und systematisch der Verletzung und Pervertierung von elementaren Regeln der Demokratie das Wort reden und die Polarisierung der Gesellschaft durch Dialogverbote vertiefen, Hass und Feindschaft schüren und Millionen von Menschen von der politischen Willensbildung auszuschließen versuchen.

Mir bleibt nun noch, mich bei Ihnen sehr für die Veröffentlichung Ihres oben genannten Artikels zu bedanken. Er zählt zu den aufschlussreichsten und insofern wertvollsten Niederschriften über die regierende Geisteshaltung in unserem Land, die ich kenne. Ich habe den Link dazu vielfach geteilt und hoffe, er findet eine Millionenleserschaft, um die demokratiefeindliche und totalitäre Gesinnung, die Ihr Blatt prägt, allgemein bekannt zu machen.

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