Mit Ohios jungem Senator J.D. Vance als Wahl für seinen Vizepräsidenten setzt Trump ein deutliches Statement: Er will auf Jahrzehnte den Kurs seiner Partei prägen.

Eine Analyse •

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Mit J.D. Vance an der Seite möchte Donald Trump zurück ins Weiße Haus einziehen: Am Montag ließ er ihn zum Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten küren. Damit steht jetzt das Präsidentschaftsticket, das Kandidatenduo der Republikaner.

Es ist mit Sicherheit eine mutige Entscheidung: Häufig werden Vizepräsidenten entweder ausgewählt, um andere Wählerschichten oder Lager innerhalb der Partei als der Präsidentschaftskandidat selbst anzusprechen. Hier offensichtlich nicht: Vance ist Trump-Republikaner durch und durch. Vielmehr wird man das Gefühl nicht los, dass Trump, der bei einer Wiederwahl verfassungsgemäß auf nur eine weitere Amtszeit beschränkt ist, einen Erben für ihn und seine Bewegung in Stellung bringen will. Damit setzt Trump auch ein Statement, in welche Richtung er seine Partei langfristig bewegen will.

Lange – und bis heute – gab und gibt es viele Diskussionen, inwiefern es überhaupt so etwas wie eine gefestigte Trump-Ideologie gäbe. Seit seiner Wahl 2016 versuchen immer mehr neue Organisationen, diese Lücke politisch-philosophisch zu schließen.

Vance bei NatCon4 im Juli 2024

Eine der prominentesten davon ist die jährliche „National Conservatism Conference“ (NatCon) in Washington DC, bei der vor wenigen Tagen auch Vance als einer der Hauptredner sprach. Apollo News war bei der Konferenz vor Ort.

Wenn es unter den Teilnehmern dort einen politischen Konsens gab, dann lautete der Folgendermaßen: Illegale Migration stoppen und aber auch legale Einwanderung radikal reduzieren, weniger US-Militärinterventionen und -hilfen – zumindest für Europa und den Nahen Osten – mehr Zölle, und einen Kulturkampf auch mit staatlichen Mitteln zu führen.

J.D. Vance ist bei all dem mit an Bord. Er ist auf der Konferenz weit mehr als nur ein freundlicher Gastredner – er ist einer von ihnen, wie es außer Trump nur wenige republikanische Politiker sind. So saß Vance etwa auch vor seiner Zeit als Politiker schon im Gründungsbeirat von „American Moment“, einer Organisation des NatCon-Geschäftsführers Saurabh Sharma. 

Sharma trafen wir ebenfalls auf der Konferenz. Sein „American Moment“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine neue konservative Elite aufzubauen. Eine, die den Idealen von Trump, Vance und Co. verschrieben ist. 

Merchandise am „American Moment“-Stand

An ihrem Stand verteilten sie Merchandise wie Notizbücher mit dem Konterfei von Vance neben Donald Trump, Richard Nixon, Ronald Reagan, Pat Buchanan und Teddy Roosevelt. Er gehört für sie hier schon zur „Rushmore Collection“, zu den Staatsmännern, die man sich zum Vorbild machen will, wie jene, die schon in Mount Rushmore eingemeißelt sind.

Dabei ist Vance auch mit Abstand der jüngste. Mit 39 Jahren genauso alt wie Nixon, als Eisenhower ihn als Vizepräsident auswählte, wie auch die Nixon-Stiftung online anmerkte. Damit kommt er aus einer anderen Generation, hat das Potenzial, die Partei für Jahrzehnte zu prägen.

Nur wenige Tage später wird Vance als Kandidat verkündet. Neben Trump sei Vance für sie „unsere größte Inspiration“, lässt Sharma verlauten. „Es wird die Freude unseres Lebens sein, ihnen dabei zuzusehen, wie sie gemeinsam für starke Familien, eine souveräne Nation und Wohlstand für alle kämpfen“, erklärt seine Gruppe nach der Nominierung von Trump und Vance auf dem Republikaner-Parteitag in Milwaukee, Wisconsin.

Was würde eine Trump-Vance-Administration für Deutschland bedeuten? Vor ein paar Tagen skizzierten wir hier bei Apollo News schon, wie die Politik einer Trump-Regierung gegenüber Europa aussehen dürfte – basierend auf dem, was führende Köpfe bei NatCon sagten, die in einer solchen Trump-Regierung Schlüsselrollen einnehmen werden. Dass einer von ihnen nun sogar Trumps Vize wird, bestätigt diese Einschätzung erst recht.

Das Bild daraus ist eindeutig: Amerika unter Trump 2.0 wird endgültig aufhören, den sicherheitspolitischen Babysitter für Europa zu spielen. Deutschland muss selbst aufrüsten und größtmöglich für seine eigene Verteidigung sorgen, das ist die Message, die man immer wieder hört.

Im Apollo News-Interview am Rande der Konferenz sprach Elbridge Colby, Ex-US-Vizeverteidigungsminister für Strategie der längst als Top-Kandidat für den Posten des einflussreichen Nationalen Sicherheitsberaters unter Trump gehandelt wird, davon, dass es nach seiner Politik „ein ganz anderes“ – also niedrigeres – „Maß an Unterstützung“ für europäische Verbündete geben würde, „als das, an das die Europäer gewöhnt sind.“ 

Deutschland müsse seine Militärausgaben erhöhen und „so schnell wie möglich Streitkräfte bereitstellen“ zu können, um sich selbst zu verteidigen. Denn Amerika müsse sich jetzt auf Asien, speziell China konzentrieren. 

„Wir können die Ukraine verteidigen oder wir können Taiwan verteidigen.“ 

Senator J.D. Vance

Das sieht auch Vance so. „Wir haben nicht die industrielle Kapazität – weil wir viele schlechte Entscheidungen getroffen haben –, um uns gleichzeitig auf China und die Ukraine zu konzentrieren“, erklärte der Senator aus Ohio bereits in der Vergangenheit. „Wir können die Ukraine verteidigen oder wir können Taiwan verteidigen.“ 

Wie seine Entscheidung ausfällt, hat Vance schon oft klargemacht: „Was wir mehr als alles andere verhindern müssen, ist eine chinesische Invasion Taiwans. Das wäre katastrophal für dieses Land. Es würde unsere gesamte Wirtschaft dezimieren. Es würde dieses Land in eine Große Depression stürzen.“ 

Damit folgt er ganz Colbys Sicht, der Vances Nominierung dementsprechend begeistert eine „visionäre Wahl“ nannte. Klar wird damit einmal mehr: Auch wenn die USA in der NATO bleiben, wird eine Regierung Trump-Vance es wohl nicht nur bei Rhetorik belassen, wenn es um die unzureichenden Selbstverteidigungsfähigkeiten ihrer (west-)europäischen Verbündeten geht, sondern man wird ganz offen auch über Truppenabzüge und Ressourcen-Verlegungen, auf jeden Fall aber über einen rapiden Abfall amerikanischer Hilfen für die Ukraine reden.

„Die besten Verbündeten sind die, die sich selbst verteidigen können“ – so einen Satz hörte man bei NatCon immer wieder, oft auch immer mit dem positiven Beispiel Israels, das gar keine US-Truppen bei sich benötigt. Wenn sich die Ampel also um die NATO unter Trump-Vance sorgt, sollte sie sich wohl daran ein Beispiel nehmen.

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