Strukturelles Wohlstandsrisiko: Deutsche horten so viel Cash wie nie
Die Deutschen horten so viel Geld wie nie auf ihren Bankkonten. Gleichzeitig gerät das Fiat-Kartenhaus weltweit ins Wanken. Die hochverschuldeten Staaten versuchen, die aufreißenden Lücken mit der Druckerpresse zu schließen.

Es geht die Mär, die Deutschen hätten seit der Weimarer Hyperinflation ihre Lektion gelernt und wären stets auf der Hut vor der Inflation. Ja, Inflationssensibilität habe sich in ihre Volks-DNA geradezu eingebrannt. Das ist selbstverständlich blanker Unfug. Die Deutschen stellten gerade erst im April wieder einen ihrer kontraintuitiven Rekorde auf: Mit einer Summe von 4,012 Billionen Euro halten sie so viel Cash wie noch nie auf ihren Bankkonten, sofern man den weiter gefassten Geldmengenbegriff M3 heranzieht, der neben den Sichteinlagen auch geldmarktnahe Papiere umfasst. Dies fällt in eine Zeit jahrelanger Geldentwertung, Energiekostenexplosion, steigender Lebensmittelkosten und der sichtbar wachsenden Verschuldung der Staaten ringsum. Von Inflationssensibilität kann also keine Rede sein.
Abgesehen vom Eigenheim ist es offensichtlich, dass die Deutschen mit Anlageformen wie Aktien, Edelmetallen oder breit gestreuten ETFs fremdeln. Ihnen entgeht damit die Möglichkeit, sich durch gezielte Ausweichmanöver an den Kapitalmärkten vor der systematischen Entwertung des Bargeldes durch den Staat als größten Emittenten neuer Schulden (Kredit entspricht im gegenwärtigen Geldsystem zum großen Teil Geld) zu schützen.
Im globalen Maßstab sieht es in der Tat brenzlig aus. Die Summe der Staatsschulden überschreitet in diesen Tagen erstmals die Marke von 100 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Hinzu kommen Zahlungsverpflichtungen des privaten Sektors. Summa summarum beläuft sich die Rechnung der Weltschuldner auf etwa 320 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung. In Zahlen kumulieren sich sämtliche Verbindlichkeiten zu einem Schulden-Mount Everest von 324 Billionen US-Dollar. Das ist eine Zahl jenseits unserer Vorstellungskraft und sie birgt erheblichen ökonomischen Sprengstoff, wie wir dieser Tage an den Anleihenmärkten feststellen müssen.
Markt zieht eine rote Linie
Japan ist den Beweis angetreten, dass auch Staatsverschuldung ihre Grenzen kennt. Die zahlreichen Staatspleiten des 20. Jahrhunderts, darunter auch prominente Fälle wie der Argentiniens, waren wohl nicht Warnung genug. Im Falle Japans, das mittlerweile mit über 260 Prozent am Bruttoinlandsprodukt verschuldet ist, ließen sich Investoren lange Zeit von der Mär anästhesieren, Überschuldung sei kein Problem, solange sich der Großteil der Verbindlichkeiten in den Händen der einheimischen Bevölkerung befinde. Dass diese steile These ökonomischer Firlefanz ist, zeigt der massive Abverkauf der langlaufenden japanischen Staatsanleihen.
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Der abrupte Anstieg der Zinsen am langen Ende der Zinskurve ist mehr als nur eine kurzfristige Marktreaktion. Wir erleben eine Erschütterung des Fundaments der globalen Finanztektonik. Versicherungssysteme, Interbankengeschäfte, Pensionskassen – sie alle operieren auf diesem scheinbar granitenen Fundament eines sicheren Zinses mündelsicherer Staatsschulden.
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Marcel Fratzscher warnt, dass die Migrationspolitik von Merz und Dobrindt die Demokratie aushöhlt, die gesellschaftliche Spaltung und den Zulauf zur AfD verstärkt sowie erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichtet. Er fordert nun eine grundlegende Wende in der Migrationspolitk.Seit der Aufkündigung des Goldstandards im Jahr 1971 ruht das Fundament unseres Währungssystems allein auf einem fragilen Pfand: dem Vertrauen der Kapitalmärkte in die haushaltspolitische Vernunft der Staaten (sic!). Staatsanleihen sind durch keinerlei realen Wert gedeckt – außer durch den Steuerzahler, dessen ökonomische Leistungsfähigkeit wiederum untrennbar mit der Konjunktur verknüpft ist. Flankiert wird dieses System durch eine massenmediale Dauerbeschallung, die nichts Geringeres bezweckt, als die Illusion von fiskalischer Stabilität künstlich am Leben zu erhalten. Blickt man auf die Schuldenspirale der letzten Jahre und Jahrzehnte, so liegt man nicht völlig falsch, diese Medienarbeit als systemischen Anlagebetrug zu bezeichnen.
Druckerpresse als letzte Lösung
Doch wie geht Politik in der Praxis mit diesem Problem um? In den Vereinigten Staaten können wir dieser Tage beobachten, mit welchen Schwierigkeiten es verbunden ist, die überdimensionierte Staatsmaschine wenigstens partiell zu schrumpfen. Der Großteil der Staatsausgaben scheint im Modus des Autopiloten in immer neue Höhen aufzusteigen. Gleich ob es sich um den Militäretat oder um das Sozialbudget handelt, Gesundheitsvorsorge oder die Rentenkasse – es finden sich immer gute Gründe, die inzwischen beinahe mythische mileische Kettensäge wieder in den Schuppen zu legen. Immer weiter voran! Wir drucken uns den Fluchtweg aus der Misere mit frischem Kredit!
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Systemlogisch müssen wir wohl konstatieren, dass es im Fiat-Geldsystem beinahe ausgeschlossen ist, den deflatorischen Hammer zu schwingen, Schuldenschnitte durchzuführen und in der Folge die Gläubigerseite kalt zu enteignen. In diesem Kontext macht auch das Billionen-Euro-schwere Schuldenpaket der deutschen Bundesregierung Sinn. Es hält den Schuldenberg der Eurozone eine Weile am Leben, indem es frische Liquidität injiziert. Diese Politik erhöht die Geldmenge, also den Kredit, was zur allgemeinen Entwertung des Bargeldbestandes führt. Inflation ist so unvermeidlich, sie ist Teil des monetären Designs.
Politik betritt genau in dem Moment das Terrain unethischen Handelns, wenn sie ihre Bürger über diesen Zusammenhang im Unklaren lässt. Diese Scharade erlaubt es ihr, einen versteckten Vermögenstransfer vom privaten Sektor in die Staatskassen zu exekutieren. Der größte Schuldner, der Staat, ist auch der größte Profiteur der auf diese Weise künstlich erzeugten Inflation. Der Sparer, der auf Geldwertstabilität vertraut, ist der Dumme.
Notenbanken als Anlageberater
Gewöhnlich stehe ich nicht im Verdacht, Akteuren des Staates Kompetenzen in irgendeiner Form zuzugestehen. Doch erweckt ihre gemeinschaftliche Flucht in Gold als wiederentdecktes Reserve-Asset einen Verdacht: Man ist sich in diesen Kreisen nicht nur über das Problem der Überschuldung und der fehlenden Tragfähigkeit der Schuldner genau bewusst. Es ist zu vermuten, dass die Zentralplaner der Notenbanken ihr Verhalten koordinieren und sich für eine Zeit nach dem Fiat-Standard rüsten.
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Geldpolitische Fehlentscheidungen wie die Umformung des SWIFT-Zahlungssystems zu einem Sanktionsvehikel oder das Einfrieren der russischen Devisenreserven haben die Fluchtbewegung heraus aus der Fiat-Falle beschleunigt. Gold wird den BRICS-Staaten als Vertrauensanker bei der Errichtung eines eigenen Transaktionssystems dienen. Und genau an dieser Stelle vereinen sich die unterschiedlichen Anreizstrukturen. Jede der überschuldeten Notenbanken besitzt ein Motiv, über eine kontrollierte Aufwertung des Goldes die eigene Bilanzposition zu stärken und, kommt es hart auf hart, Währungsreformen über diesen Weg einzuleiten.
Das klägliche Scheitern der japanischen Notenbank, ihre hundertfach angekündigten Zinserhöhungen angesichts der Zinskatastrophe auf Eis zu legen, zeigt: Das auf Fiat-Kredit basierende Geldsystem wäre keine 24 Stunden überlebensfähig ohne die Dauerintervention der Zentralplaner. Wer auf deren originäres Produkt, Kredit (Cash auf dem Konto), setzt, sollte in diesem Umfeld den beschleunigten Verlust seiner Kaufkraft erwarten.
Vertrauensverlust droht am Horizont
Es ist bislang nicht gelungen, den Kontext zwischen Staatsverschuldung, Geldpolitik und Kaufkraftverlust in den Zeitgeist einzuweben. Historisch blitzt dieser Heureka-Moment auf, wenn es für die Mehrheit der Sparer bereits zu spät ist. Bankenkrisen, leere Geldautomaten, Turbulenzen an den Anleihenmärkten übersetzen sich dann wie im Zeitraffer in eine allgemeine Panik. Sie kulminiert in einer Vertrauenskrise, wie wir sie zuletzt in Argentinien beobachten konnten. Diese Krise gebar mit Javier Milei einen libertären, marktorientierten Präsidenten, der den Trümmerhaufen des zerstörerischen Peronismus zu beseitigen hat.
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Eine bislang in europäischen Medien nicht diskutierte Nebengeschichte des Schuldendramas ist der Aufstieg von Bitcoin als neuem Reserve-Vermögenswert. Er erfüllt genau die Kriterien, die in einer monetären Übergangsphase nötig sein werden, um Finanzprozesse mit stabilen Kapitalstrukturen zu unterlegen. Es ist ein neutrales, in seiner Menge nicht manipulierbares, von Energie gesichertes Medium, das mit Hilfe klassischer Vehikel der Finanzmärkte wie den ETFs großer Anbieter wie BlackRock oder Fidelity in die Transaktionsprozesse und Bilanzen der Wall Street integriert wird.
Mit einer Kapitalisierung von über 2 Billionen US-Dollar sowie der Legitimierung als strategische Reserve der Vereinigten Staaten sind wir längst über den Event-Horizont hinausgeschossen. Es steht nicht mehr die Frage der Adaption oder des Scheiterns von Bitcoin im Raum. Was wir beobachten, ist eine Fluchtwelle des institutionellen Kapitals in einen sicheren Hafen, der von den Wellen des taumelnden Kreditsystems geschirmt ist. Der fleißige deutsche Sparer droht in diesen Wellenschlägen unterzugehen, solange sein Blick auf tagespolitische Ablenkungsmanöver und medialen Nonsens gerichtet ist.