Spahns Cowboy-Affäre: Der House of Cards Skandal, den Deutschland verdient hat
Andere Länder haben schönere Skandale: Koks, Korruption und Prostitution. Deutschland ist biederer. Immerhin Jens Spahn sorgt für eine Affäre klassischen Anstrichs. Man muss mit wenig zufrieden sein.

Es hält sich ja die Behauptung wacker, der französische oder italienische Akzent sei der attraktivste an einem Mann. Aber ich muss da ganz dringend Veto einlegen. Den Höhepunkt seiner Attraktivität erreicht ein Mann mit dem Wiener Dialekt. Ich habe meine Männer am liebsten so wie meine Politik: schmierig, korrupt und latent auf Koks. Niemand verkörpert das so stilvoll wie Österreich. Heute Après-Ski, morgen Jahrhundert-Marathon-Steuerhinterziehungsprozess, übermorgen Zelle 1245 in der schicken tannengrünen Justizanstalt Wien-Josefstadt, sonst fehlt einfach der Nervenkitzel.
Die Zelle ist natürlich nicht für mich, ich wusste ja von nichts. Ich sehe mich eher mit übergroßer Sonnenbrille und noch größerem Hut im Gerichtssaal, wie ich mir mit einem Stofftaschentuch eine einzige Träne von meinem linken Auge abtupfe. Später verspreche ich dann im Fernsehinterview, auf meinen geliebten Leopold, Maximilian, Julius, Ludwig oder wie Österreicher halt so heißen bis ans Ende seiner Haftstrafe zu warten, aber die Diamantohringe, die ich tragen werde, hat mir schon längst Ehemann Nummer 3 in Spe geschenkt.
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Vielleicht komme ich noch ein-, zweimal zu den Besuchszeiten, um die Wetterberichte abzuholen, wie in Frühstück bei Tiffany, und dann bin ich aber auch schon mit dem Anwalt, der mir damals den Ehevertrag ausgehandelt hat, über alle Berge. Der Rosenkrieg wird episch sein; die Kinder kommen natürlich zu mir, beziehungsweise ins Schweizer Internat, und nach ein paar Monaten bin ich dann auch schon bei Ehemann Nummer 4 angelangt. Das ist natürlich alles nur ein Scherz – ich würde niemals was mit meinem Scheidungsanwalt anfangen. Denn wie Zsa Zsa Gabor einst sagte: „Der beste Freund einer Ehefrau ist nicht der Diamant, sondern ihr Scheidungsanwalt.“
Ich bin wirklich neidisch auf die Österreicher, die haben da drüben den ganzen Spaß. Die politischen Skandale dort haben immer eine Aperol-Spritz-Ästhetik, hier ist einfach alles nur deprimierend. Flüchtlingskrise? Nichts, worüber man einen Polit-Thriller schreiben würde. Corona-Krise? Was ist an alten Menschen, die einsam und alleine sterben mussten, schon irgendwie glamourös. Die Ahrtal-Katastrophe? Das war einfach nur tragisch.
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Dass man sich als Bürger von der Politik für dumm verkaufen lassen muss, ist der weltweite Standard. Wir Deutschen müssen uns aber auch noch von Dummen für dumm verkaufen lassen, die uns dann noch international blamieren. Annalena Baerbock mit ihrem trampelten Englisch, Olaf Scholz mit seiner abgewetzten Aktentasche, die damals schon den Anschlag auf Hitler überlebt hat, einfach alles an Karl Lauterbach. Es gibt von der Geschmacklosigkeit auch kein Entkommen, es verfolgt einen noch bis zum beitragsfinanzierten Trash-Rap-Konzert an Silvester und gewindelten Hühnerkadavern in der Kirche.
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Und deshalb hat mich Jens Spahn mit seinem Maskendeal und dem dazugehörigen Gutachten diese Woche auch sehr glücklich gemacht. Endlich so ein richtig schöner Korruptionsskandal. Keine Menschen sind körperlich zu Schaden gekommen, es geht einfach nur um einen großen Batzen Kohle, geschwärzte Geheimgutachten und Vetternwirtschaft. Die Zeitungen lesen sich wie ein Polit-Thriller, und das Beste ist, dass Spahn immer noch denkt, er hätte eine Chance. Er rennt von Fernsehinterview zu Fernsehinterview und schaufelt sich sein Grab tiefer und tiefer aus. Zsa Zsa meinte mal „Frühere Partner scheitern zu sehen, ist ein herrliches Vergnügen“, frühere Gesundheitsminister scheitern zu sehen ist aber auch nicht übel.
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Dank ihm haben wir jetzt in nur wenigen Tagen eine ganze Hitparade an dreisten Politikersprüchen bekommen, die noch in unsere Geschichte eingehen werden wie „I did not have sex with that woman“. Ganz oben in den Charts natürlich sein Auftritt bei ZDF heute mit Dunja Hayali: „Ich habe ein reines Gewissen“, beteuerte er da. (Apollo News berichtete). Das sind unverkennbar die Worte eines Katholiken frisch von der Beichte. Zweimal den Rosenkranz hoch und runter, vielleicht noch eine kleine Spende an die Gemeinde, und die Millionen Euro sind vergessen. Ach, das waren Milliarden? Sehen Sie, schon vergessen. Das sind die Worte eines Mannes, der einfach gar nichts mehr spürt.
Angebliche Warnungen streitet er vollkommen ab und geht all in. Bis ihm das um die Ohren fliegt, kann er sich sicher noch mit geschwärzten Dokumenten Zeit schinden. Das ist nicht sein erstes Rodeo. Apropos Rodeo, einen Country-Klassiker hat er natürlich auch noch auf der Platte. Seine Kritiker haben doch einfach nur vergessen, wie krass die Corona-Pandemie doch war, mit welcher „maximalen Not“ er konfrontiert war und trotzdem die Nerven behalten musste – „Es war Wilder Westen“, erklärt er im Bericht aus Berlin (Apollo News berichtete).
Zum Glück war in den Stunden dieser maximalen Not gerade ein Sheriff in der Stadt, der die richtigen Kontakte hat. Und nicht wertvolle Zeit mit irgendwelchen bürokratischen Ausschreibungen verbringt. Wanted hin oder her, Spahn schießt einfach und prüft danach, ob er den richtigen getroffen hat. So läuft das in der Wüste, Püppchen. Es ist brutal da draußen.
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Man muss schon neidlos zugeben, dass Spahn das geschickt eingefädelt hat. Kaum jemand ist aus Corona nicht in irgendeiner Weise gebrochen wieder herausgekommen. Nur Spahn ist so aalglatt, so aerodynamisch, dass das alles an ihm abgeleitet wird. Wahrscheinlich hat er doch wirklich eine Chance. So aussichtslos die Sache für unsereins – ausgestattet mit mehr Schamgefühl und Gewissen, als gut für uns ist – auch aussehen mag. Spahn hat sich bisher noch aus jeder Affäre herausgewunden.
Von Merkels Wasserträger in der Corona-Zeit zum Gesicht der vermeintlichen konservativen Politikwende. Dass er es überhaupt bis hierhin geschafft hat, ist ein Wunder. Er ist immerhin kein Sympathieträger, sein starrer Blick sticht ins Nichts und seine Stimme bekommt keine Überzeugungskraft zustande. Wenn ich so zurückblicke, muss ich sagen, Spahns Premium-Skandale der letzten Jahre wurden gar nicht genug gewürdigt.
Ich meine, der Mann hat sich nur wenige Monate nach Beginn dieser unglaublich furchtbaren Wild-West-Pandemie, deren Folgen er mit Kriegszuständen verglichen hat, einfach mal so eben eine Villa im schicken Berliner Dahlem für 4,125 Millionen Euro gekauft. Wer war ein braver Gesundheitsminister? Ja, der Jens natürlich, da kann man sich doch mal ein bisschen belohnen, man gönnt sich doch sonst nichts. Wahrscheinlich ist er wirklich abends in die französischen Seidenlaken gefallen, hat sich zu seinem Daniel gedreht und gesagt: „Schatz, war heute ein grauenvoller Tag, das glaubst du gar nicht. Ich sage dir, das ist Wild West da draußen.“
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Doch das allein ist ja noch gar nicht das Beste. Obendrauf hat Spahn auch noch alle abgemahnt, die über den Preis der Villa berichtet haben. Das ist ein feinster Sekt-und-Kaviar-Skandal nach Wiener Art. Das ist Profiarbeit. Kürzlich verkaufte er die Villa wieder für nette 5,5 Millionen Euro. Auch wenn die Presse ausgerechnet hat, dass das bei den Renovierungs- und Nebenkaufkosten einen Verlust von 200.000 Euro darstellt, kann man sicher sein, dass Jens Spahn seine Schäfchen immer ins Trockene bringen wird. Und wer weiß, ob in der Sache nicht auch noch irgendwelche geschwärzten Gutachten interessante Details hervorbringen würden. Besser würde diese Geschichte nur werden, wenn Spahns aktueller Titel nicht „Fraktionsvorsitzender“ sondern „Klubobmann“ wäre. Man muss Österreichisch einfach lieben.
Wie ein Klubobmann behält Spahn seine Nerven jetzt gerade aber auf jeden Fall. Er ist entweder abgebrüht wie ein Hummer auf der Titanic oder sich wirklich keiner Schuld bewusst. Beim Bericht aus Berlin behauptete er: „Und trotzdem ja, sind Fehler gemacht worden, (…) deswegen stelle ich mich jeder Debatte. All die Dinge, die gerade übrigens öffentlich werden, habe ich selbst in meinem Buch schon beschrieben“. (Apollo News berichtete). Das stimmt zwar nicht – aber um das herauszufinden, muss man sein Buch kaufen. Nur ein erfahrener Politiker wie Jens Spahn kann in so einer brenzligen Situation noch so cool bleiben, dass er die Gelegenheit nutzt, auch noch sein Buch zu verkaufen.
Das ist die österreichische Macher-Energie, die es braucht, um in der Politik immer weich zu fallen. Zwar nicht in einen azurblauen Infinity-Pool am Mittelmeer, sondern auf Millionen abgelaufene FFP2-Masken – wir sind ja immer noch in Deutschland – doch für ein bescheidenes (Über-)Leben im politischen Berlin reicht es allemal. Und sollte er doch aus der Politik ausscheiden müssen, wissen wir doch alle schon, was seine letzten Worte sein werden – „Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich halte das alles nicht mehr aus“ – aber ohne den Dialekt wird das einfach nicht den gleichen Charme haben, wie bei Sebastian Kurz.
Hahaha! Der Beste Kommentar ever.
Klasse!
Der Nächste, der Milliarden (!!!) Euro Steuergeld verschwendet hat … und nichts passiert! Kein Rücktritt, keine Handschellen, keine mediale Hinrichtung!
War da was? … Gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen!
Danke Elisa, Du hast mir den Start in den Sonntag gerettet.
Ein inhaltlich fein geführte scharfe Klinge.
Hat Spaß gemacht, es zu lesen.
Danke für den Spaß am Sonntag!
Soweit ich weiß, wurden die Renovierungskosten für die Sanierung der Villa „unerwartet“ viel teurer als vorher angenommen/geplant. Aus eben diesem Grund erfolgte der Wiederverkauf der Immobilie. Damit will ich sagen: Typen wie Herr Spahn, die trotz aller Pivilegien offensichtlich nicht mal das eigene Bauvorhaben zustande kriegen, spielen sich unbeirrbar selbstbewusst als „Macher“ und „richtig-Entscheider“ auf.
Köstlich. „Tango Korruptie“ ist ein Lied von Rainhard Fendrich. Österreicher.
Der Lied Text von Rainhard Fendrich passt zur Kolumne, die es schön auf den Punkt bringt.
https://www.fendrich.at/lyric/tango-korrupti/
Wie ein Komet verglüht. Zu Merkels Zeiten sah man in ihm schon den nächsten Kanzler. Aber mit seinem verstaubten Image bleibt nur etwas mit Aufsichtsrat z.B. bei der Bahn.
Dass Deutschland die Ästhetik abgeht, selbst bei seinen Skandalen, ist so wohlfeilen wie zutreffende Kritik. Selbst das Gesicht von Jens Spahn folgt den Designprinzipien des verstaubten ollen Bauhauses. Mit sowas kann man inzwischen nur noch kleine Kinder erschrecken.
„House of Cards Skandal“
?!?
Süß – süßer die Milliarden nie klingeln wie unter Regierungs „Verantwortung“.
Umgekehrt reziprok ist das Verhältnis der „Verantwortung“ zu den verschleuderten
Milliarden – ist ja nur „Bürgergeld – also das Geld der haftenden Bürger oder?
Wenn in dem Bericht so viel neue „genickbrechende“ Ungeheuerlichkeiten zu finden sind–warum hat Karl Lauterbach den Bericht dann vor der Wahl selbst zurückgehalten?-
Dieser Bericht hätte doch die CDU noch vor den Wahlen glatt zerreißen können–Olaf Scholz wäre heute noch Kanzler–evtl mit ROT-ROT-Grüner Regierung.
Karl Lauterbach hat den Bericht doch nicht nicht veröffentlicht, damit die CDU die Wahl gewinnt –vielleicht weil man Olaf Scholz verhindern wollte.
Und warum hat Herr Lauterbach den Bericht dann nicht gleich nach der Wahl veröffentlicht? Dann wäre Herr Spahn, wie Herr Lauterbach, wie Hubertus Heil, wie Herr Mützenich und Herr Stegner, wie Frau Esken—heute nicht mehr prominent in der Regierung verortet.
Ich denke, Herr Spahn wird genug E-Mails von Ärzten, Apothekern, Länder-Gesundheitsminister -Klinikchefs, Rettungsdiensten, Feuerwehren, Kliniken, Pflegeheimen , Gesundheitsämtern, Maskenhändlern…… bekommen haben, die auf die Not vor Ort hinweisen.
Einfach mal raushauen–das hat schon bei Jette nicht funktioniert.
Schade Apollo
Langsam mache ich mir Gedanken mich von Apollo abzuwenden…. Was soll der aufreißer mit koks und bla bla, und dann so ne dünne Nummer??? Leute … Das ist doch nicht euer Niveau!