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Schweden will Bandenkriminalität mit Militär bekämpfen – Was sind die Hintergründe?

Schweden erlebt im Augenblick einen massiven Anstieg der Bandenkriminalität. Dutzende Menschen wurden seit Jahresbeginn getötet, hunderte weitere verletzt. Nun will der Ministerpräsident das Problem bekämpfen und dabei auch das Militär einsetzen. Das sorgt naturgemäß für Aufsehen. Was steckt hinter dieser Ankündigung und welche Rolle wird das schwedische Militär künftig bei der Verbrechensbekämpfung spielen?

Ministerpräsident Ulf Kristersson bei seiner Fernsehansprache am Donnerstag

Am vergangenen Donnerstag sorgte eine Fernsehansprache des schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson für Aufsehen. In der Ansprache ging Kristersson auf die momentan rapide anschwellende Bandenkriminalität in Schweden ein. Dabei äußerte er sein Bestürzen über die schockierenden Mordfälle der letzten Wochen (Apollo News berichtete) und versprach, zukünftig härter gegen kriminelle Banden und deren gewalttätige Aktivitäten vorzugehen. Im Zuge dessen kündigte er an, dass zukünftig auch das Militär im Kampf gegen die Bandenkriminalität eingesetzt werde. Aus diesem Grund traf er sich am vergangenen Freitag mit dem Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte, Micael Bydén, und dem schwedischen Polizeipräsidenten, Anders Thornberg. In dem Gespräch ging es darum, wie das Militär die Polizei bei ihren Maßnahmen gegen gewalttätige Kriminelle aus dem Bandenmilieu unterstützen kann. 

Der Hintergrund dieser auf den ersten Blick sehr eskalativ wirkenden Ankündigung ist die dramatisch zunehmende Bandenkriminalität in Schweden. Das Land leidet schon seit Jahren unter der Gewalt durch sich gegenseitig bekriegende Banden, die fast ausschließlich aus jungen Migranten, insbesondere aus dem Nahen Osten und Afrika, bestehen. Die Banden, die ihr Geld primär mit dem Drogenhandel verdienen, machen dabei auch vor brutalsten Gewalttaten nicht halt. Zahlreiche Schießereien, Sprengstoffanschläge und gezielte Ermordungen von Kontrahenten gehen auf ihr Konto. Auch Unbeteiligte werden immer öfter getötet oder verletzt, so beispielsweise ein 70-jähriger blinder Kneipengast, der vor zwei Wochen bei einem Mordanschlag auf ein Bandenmitglied in der Kleinstadt Sandviken erschossen wurde. Selbst Polizisten und Kinder wurden in den letzten Jahren immer wieder kaltblütig ermordet. 

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Regierungswechsel brachte die Wende

Nachdem das Problem in den schwedischen Medien lange Zeit totgeschwiegen wurde, wird es in den letzten Jahren endlich ernst genommen. Die anhaltend hohe Kriminalität im Land und die brutalen Verbrechen der Banden werden mittlerweile häufig von der Regierung thematisiert. Dabei spielt auch der Regierungswechsel im Oktober 2022 eine Rolle, bei der die linke Koalition unter Führung der Sozialdemokraten abgewählt wurde. Seitdem regiert eine liberalkonservative Koalition, welche eine Minderheitsregierung unter Unterstützung der rechten Schwedendemokraten, die allerdings nicht direkt an der Regierung beteiligt sind, bildet. Die aktuellen Regierungsparteien hatten bereits im Wahlkampf angekündigt, das Problem der Bandenkriminalität verstärkt anzugehen. Die Schwedendemokraten thematisieren die migrantische Bandenkriminalität ohnehin seit langem. 

Am ersten Oktober trat zudem ein neues Gesetz in Kraft, welches für Straftaten, die im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität begangen werden, eine Verdopplung des Strafmaßes vorsieht. Zudem bekommt die Polizei neue Rechte im Bezug auf die vorsorgliche Beobachtung und Überwachung von Verdächtigen. Auch eine Reform des Migrationsrechts wird angestrebt, um eine leichtere Abschiebung von Bandenmitgliedern zu ermöglichen, selbst wenn sie noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind.  

Aufgabenbereich des Militärs bisher unklar

Welche Aufgaben das Militär konkret bei der Verbrechensbekämpfung spielen wird, wurde noch nicht bekannt gegeben. Es wird allerdings vermutet, dass die Kooperation zwischen Militär und Polizei vor allem auf operativer und organisationaler Unterstützung beruhen wird. So könnte beispielsweise die Militärpolizei die regulären Polizeikräfte entlasten und Spezialkräfte des Militärs mit den verschiedenen polizeilichen Spezialeinsatzkommandos der Polizei kooperieren. Auch die Verwaltungsorgane des Militärs könnten die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützen, zum Beispiel durch das Auswerten von Überwachungsdaten. Dass Mitglieder des Militärs an konkreten Polizeieinsätzen gegen die Banden teilnehmen, ist hingegen eher unwahrscheinlich, da sich die Einsatzregeln für polizeiliche und militärische Einsätze stark unterscheiden. 

Die Idee, das schwedische Militär für die Bekämpfung der Bandenkriminalität einzusetzen, ist im Übrigen nicht neu. Schon 2018 forderte der Parteivorsitzende der Schwedendemokraten, Jimmie Åkesson, dass das Militär die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung unterstützen sollte. Damals erntete er damit vor allem Spott und Entrüstung, insbesondere auf der linken Seite des politischen Spektrums und in den Medien. Nur wenige Jahre später hat sich die Situation vollkommen geändert. Als Åkesson seine Forderung Anfang September wiederholte, wurde sie deutlich anders aufgenommen. Die jetzige Oppositionsführerin und ehemalige Ministerpräsidentin der Sozialdemokraten, Magdalena Andersson, unterstützte die Forderung, das Militär einzusetzen, kürzlich sogar öffentlich, wohlgemerkt ohne Bezug auf Åkesson zu nehmen. Diese drastische Veränderung in der schwedischen Innenpolitik ist bemerkenswert.  

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