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Argentinien

Nach Erdrutschsieg bei den Zwischenwahlen: Milei will neue Kettensägen-Reformen durch den Kongress bringen

Die neuen Verhältnisse im argentinischen Kongress bieten Milei größeren Handlungsspielraum. Der Kettensägen-Präsident will tiefgreifende Reformen im Arbeits- und Steuerrecht in Angriff nehmen und darf auf eine wackelige Mehrheit für seine Vorhaben hoffen.

Radikaler Reformer: Argentiniens Präsident Javier Milei nutzt die neuen Möglichkeiten im Kongress. (IMAGO/Esteban Osorio)

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„Ab dem 10. Dezember werden wir den reformistischsten Kongress in der Geschichte Argentiniens haben“, verkündete Javier Milei feierlich in seiner Ansprache zu seinem Wahlsieg am vorvergangenen Sonntag. Der Partei des argentinischen Präsidenten, „La Libertad Avanza“ (LLA), gelang es, rund 41 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinen. Mit den damit erreichten neuen Verhältnissen im Kongress, der sich am 10. Dezember neu konstituiert, ist es Milei bald möglich, liberale Reformen durchzusetzen – wenn auch mit wackligen Mehrheiten.

Und wie in seiner Ansprache versprochen, nutzt Milei den neuen Rückenwind und nimmt jetzt die ersten Reformen in Angriff. Im Fokus steht dabei zunächst das Arbeitsrecht. In einem von der liberalen Abgeordneten Romina Diez verfassten Gesetzentwurf wird eine tiefgreifende Reform des Arbeitsrechts vorgeschlagen. Einer der Kernpunkte ist die Erhöhung der maximal möglichen Arbeitszeit von acht auf zwölf Stunden pro Tag. Zudem soll die Aufteilung der Urlaubszeiten auf das gesamte Jahr ermöglicht werden. Auch soll es Unternehmen möglich sein, Schulden und Bußgelder aus Gerichtsurteilen in Raten zu zahlen.

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Eine weitere zentrale Änderung betrifft die Löhne der Arbeitnehmer. So soll es möglich sein, das Gehalt in Form von Sachleistungen, wie beispielsweise in Essensgutscheinen, auszuzahlen. Die Reform beinhaltet auch eine neue Vergütungsregelung, nach der Arbeitnehmer entsprechend ihrer Produktivität und der wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens Gehaltserhöhungen erhalten können. Mit diesen „dynamischen Löhnen“ sollen die Gehälter somit zunehmend von der Inflation losgelöst werden. Tarifverhandlungen sollen der Reform zufolge nicht mehr auf Branchenebene, sondern auf Betriebsebene stattfinden.

Neben dem Arbeitsrecht plant Milei, die Kettensäge an die Steuer anzulegen. „Für die Steuerreform haben wir einen Plan, jetzt 20 Steuern zu senken und die Steuerbemessungsgrundlage so zu erweitern, dass bei der Senkung der Steuersätze die Umgehung keinen Sinn macht“, erklärt der argentinische Präsident nach Berichten mehrerer argentinischer Medien in einem Interview des Senders A24. Außerdem sollen kleine und mittelständische Unternehmen mit Steuervorteilen unterstützt werden. Damit soll die Beschäftigung von Mitarbeitern und die Attraktivität der Unternehmen für Investitionen erhöht werden.

Derweil hagelt es Kritik an den Vorhaben aus der einflussreichsten Gewerkschaftszentrale in Argentinien, der Confederación General del Trabajo de la República Argentina (CGT). Die CGT organisierte unter anderem den Generalstreik im April dieses Jahres und kooperierte insbesondere mit den sozialistischen Vorgängerregierungen – dabei haben sich eng verwobene Strukturen gebildet. Gegenüber der argentinischen Zeitung elDiario verkündete der Gewerkschaftsführer Héctor Daer bereits, gegen die Reformen vorgehen zu wollen durch „zuerst politisches Handeln, dann gerichtliches und, wenn nötig, Streiken und Mobilisierungen“.

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Trotz der Drohgebärden der CGT zeigt sich Mileis Regierung einer erfolgreichen Durchsetzung der Reformen zuversichtlich. „Die Regierung ist bereit, einen Konsens zu finden und das Arbeitsvertragsgesetz sowie die Steuerreformen zu ändern“, erklärte der ehemalige Kabinettschef Mileis, Guillermo Franco, kurz nach der Wahl. „Wir werden im Dezember mit verschiedenen Sektoren Vorschläge vorlegen, über die im Kongress abgestimmt werden kann“, wird Franco von der Zeitung La Nacion zitiert. Mileis Regierung plant, die Reformen zusammen mit dem Haushaltsplan für 2026 noch in diesem Jahr im Kongress zu beschließen.

Zwar erreicht Mileis LLA zusammen mit der mit ihm verbündeten PRO-Partei nur 107 Sitze im Abgeordnetenhaus und damit allein noch nicht die für die Verabschiedung der Reformen nötige einfache Mehrheit von 129 Sitzen im Abgeordnetenhaus. Doch in Zusammenarbeit mit der UCR (Unión Cívica Radical, Deutsch: Radikale Bürgerunion) und der Zustimmung weiterer kleinerer Parteien ist die Erreichung einer Mehrheit durchaus realistisch.

Vereinzelt haben sich bereits Stimmen aus der linken Opposition positiv über die angestrebten Reformen geäußert. „Wir können die Aktualisierung der Arbeitsgesetze nicht abwenden“, meint etwa der peronistische Gouverneur von Tucumán, Osvaldo Jaldo. Bestätigt wird dieser Trend zudem durch das Treffen von Javier Milei mit 20 Provinzgouverneuren. Milei verkündete nach der zweistündigen Sitzung, dass es unter den Gouverneuren für die Reformen und den Haushaltsplan „eine volle Übereinstimmung gibt“, so zitiert ihn die Zeitung El Pais.

Der Präsident gesteht, dass bei den Reformen dennoch Verhandlungsbedarf besteht: „Dann gibt es die Diskussion über das Wie“. Im Ergebnis des Treffens hat allerdings bereits eine Mehrheit der Gouverneure dem Vorhaben Mileis zugestimmt. Die Gouverneure könnten eine entscheidende Rolle für die Mehrheitsfindung im Senat spielen.

Seine wichtigste Reform, die Dollarisierung der Wirtschaft, wird Milei wohl mit diesem Kongress nicht durchsetzen können. Die Zwischenwahlen haben dem argentinischen Präsidenten jedoch Zeit verschafft und seiner Kettensägen-Politik zumindest in Teilen neuen Raum gegeben.

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9 Kommentare

  • Mit Milei hat Argentinien wieder Hoffnung bekommen. Merz hat vor Mileis Reformen gewarnt. Aber gerade Merz und seine Linksregierung raubt den Deutschen mit seiner sozialistischen Politik die letzte Hoffnung an Deutschland. Mehr Steuerzahlungen, mehr Beamte, Steuergeldverschwendung, dazu Rekordschulden. Und die Deutschen sollen dafür mehr zahlen und auch länger arbeiten.

  • Schönen Dank, dass Sie hier korrekt über Milei aufklären; einer Politik für den Bürger und Wähler, die man in der EU vergeblich sucht, bis auf wenige osteuropäische Ausnahmen!

  • Er lebt gefährlich. Ich wünsche ihm von Herzen Erfolg und gute Personenschützer. Argentinien hat diese Chance verdient.

  • Ich vertraue lieber auf die Kompetenz von Lars Klingbeil. Da stimmt auch die menschliche Komponente. Man muss die Menschen da draußen mitnehmen und ihnen unsere Politik besser erklären, begleitet vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, der die Menschen vor Falschinformationen schützt und die Fakten für die Menschen einordnet.

    • das Wort zum Sonntag wird jetzt auch bald von Jurassic Parka in der ARD verlesen. Da dürfen sogar die Kinder der Grünen Eltern länger aufbleiben.

  • Wie viel Milei wird Deutschland brauchen?
    Frage für meinen Gärtner.

  • Arbeitszeiterhöhung auf 12 Stunden, Zerstückelung des Erholungsurlaubs nach Bedürfnis des Unternehmers, Essensgutscheine statt Geld, Entlohnung nach Geschäftslage, Tarifverhandlungen auf Betriebsebene (=Unternehmer-Willkür und Herr-im-Hause-Mentalität), Polizeibrutalität gegen demonstrierende Armutsrentner. Das sind keine fortschrittlichen Reformen, sondern eine Rückkehr ins „gute alte“ 19. Jahrhundert (Manchesterkapitalismus). Bei aller Kritik an den „Linken“, aber wer möchte denn allen Ernstes solche Verhältnisse in Deutschland und Europa haben?

  • Sag nicht „Hopp“, bevor du gesprungen bist! Ohne Donalds 60 Milliarden hätte er seine Lorbeeren nicht erhalten.

  • Zum Ärger der Linksmedien ist er dazu vom Volk legitimiert worden. Das Volk hatte ja schon durch vorhergehende, erfolgreiche Kettensägenreformen einen Vorgeschmack darauf. Milei steht im Visier international agierender, linker NGO´s, aber Argentinien ist nicht Deutschland.

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