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ARD, ZDF, DLF

Keine „innere Pressefreiheit“: Mitarbeiter rechnen in offenem Brief mit ÖRR ab

Über 100 Journalisten von ARD, ZDF und Deutschlandradio fordern in einem Manifest eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR), um dessen Grundsätze und Auftrag zu schützen. Sie kritisieren mangelnde „innere Pressefreiheit“, politische und wirtschaftliche Einflussnahme und appellieren an die Rückbesinnung auf die im Medienstaatsvertrag festgelegten Werte.

Eine Großzahl von Mitarbeitern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wandte sich am Mittwoch in einem Manifest zur Reformierung des ÖRR an die Öffentlichkeit. Initiator des Projekts „meinungsvielfalt.jetzt“ ist der ehemalige SWR-Mitarbeiter Ole Skambraks. Dieser wurde nach Kritik an der Corona-Berichterstattung 2021 fristlos vom Sender entlassen. Die Mitarbeiter von ARD, ZDF und vom Deutschlandradio sehen die Grundsätze und den Programmauftrag in Gefahr.

Ihre Arbeitgeber sollen „sich wieder stärker auf ihre im Medienstaatsvertrag festgelegten Werte und Grundsätze besinnen und nach ihnen handeln“ schreiben sie. Unter anderem bemängeln die Journalisten das Fehlen der „inneren Pressefreiheit“ in den Redaktionen der ÖRR-Anstalten und die „Einflussnahme durch Politik, Wirtschaft und Lobbygruppen“, was „unabhängigen Qualitätsjournalismus“ erschweren würde.

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Unterzeichnern fehlen „Pluralität und Ausgewogenheit“

Im Vorfeld des Manifests erklären die Journalisten, dass man das generische Maskulinum verwende, aber explizit „alle“ ansprechen wolle. Darauf folgt eine Gliederung, geteilt in sechs Unterpunkte. Von sich selbst erklären sie, sie seien „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Medien aus verschiedenen Regionen des Landes.“ „Wir arbeiten in unterschiedlichen Gewerken, Abteilungen und Redaktionen: als Programmmacher, Techniker, Sachbearbeiter, Kameraleute, Moderatoren, Sprecher sowie Musiker in den Rundfunkorchestern und -chören“, heißt es weiter.

Was sie eint, sei der „Wunsch nach Erneuerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.“ Die Initiatoren wünschen sich eine „Rückkehr zu Programminhalten, die den im Medienstaatsvertrag festgelegten Grundsätzen wie Meinungsvielfalt, Pluralität und Ausgewogenheit entsprechen“. Zwar sind sie weiterhin für einen beitragsfinanzierten Rundfunk, sie fordern allerdings auch, die Beitragszahler bei „medienpolitischen, finanziellen und personellen Entscheidungen“ mit einzubinden.

Abweichende Meinungen „mundtot“ gemacht

„Seit geraumer Zeit verzeichnen wir eine Eingrenzung des Debattenraums anstelle einer Erweiterung der Perspektive“, seit heißt es weiter im Manifest. Anstatt den Bürgern „multiperspektivische Informationen anzubieten“, „verschwimmen Meinungsmache und Berichterstattung zusehends auf eine Art und Weise, die den Prinzipien eines seriösen Journalismus widerspricht“, klagen die Unterzeichner. Laut den Mitarbeitern werde regelmäßig versucht, konträre Stimmen von „Minderheiten mit abweichender Meinung“ „zu diffamieren und mundtot zu machen“. Daher verwende man beim ÖRR „inflationär verschiedene[r] ‚Kampfbegriffe‘ wie ‚Querdenker‘, ‚Schwurbler‘, ‚Klima-Leugner‘, ,Putin-Versteher‘ und ‚Gesinnungspazifist‘“. Auch „innere und äußere Bedingungen führen dazu, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ihren journalistisch-ethischen Standards nicht mehr genügen können.“

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Beim ÖRR sei es in der Praxis so, dass „die öffentlich-rechtlichen Medien am Meinungsspektrum der politisch-parlamentarischen Mehrheit“ orientieren würden. „Stimmen aus der Zivilgesellschaft schaffen es nur selten in den Debattenraum.“

Auch die sogenannten Faktenchecks des ÖRR kommen bei den Kritikern nicht gut weg. Zwar sehen sie diese als irgendwo wichtig an, „allerdings suggerieren sogenannte Faktenchecks oft durch ihre Machart, Überschrift und Formulierungen eine vermeintlich absolute Wahrheit“ – diese gebe es laut den Mitarbeitern aber so gut wie nie.

Abschließend heißt es: „Die Stabilität unserer Demokratie erfordert einen transparent geführten neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk als offenen Debattenraum. Zu dessen Eckpfeilern gehört die Unabhängigkeit der Berichterstattung, die Abbildung von Meinungsvielfalt sowie die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern.“

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