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Hauptfeind rechte Witze, Spionageabwehr Nebensache – so blamiert sich die Bundeswehr

„Im Fokus“ der Spionageabwehr der Bundeswehr standen nach Eigenaussage bis zuletzt extremistische Memes und schwarzer Humor. Währenddessen werden militärische Geheimnisse über völlig ungeschützte Kanäle ausgetauscht - und sind ungeschützt ausländischer Spionage ausgesetzt.

Die Bundesrepublik hat bekanntlich drei Nachrichtendienste: Den Bundesnachrichtendienst für Auslandsaufklärung, den Verfassungsschutz für die Beobachtung von Feinden im Inneren und den MAD, den Militärischen Abschirmdienst, einen extra Geheimdienst speziell nur für die Extremismus- und Spionageabwehr in der Bundeswehr.

Und er hat offensichtlich versagt – wenn man sich das vor kurzem veröffentlichte, abgehörte Gespräch von Bundeswehr-Generälen anhört. Auf völlig unsicheren Kanälen wie WebEx plauderte man dort auf höchster militärischer Ebene über militärische Details, sprach davon, sich entsprechende Infos später noch per WhatsApp schicken zu wollen.

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All das war nicht nur ein Propagandasieg für den Kreml, es war auch eine Blamage der besonderen Art für die Bundeswehr: Nicht nur ging es um politisch heikle Themen, etwa wie und wo die Ukraine im Falle einer Taurus-Lieferung die deutschen Marschflugkörper gegen den russischen Invasoren einsetzen könnte, sondern auch um militärische Details der Systeme.

So besprach man offen den Streukreisradius, in Englisch Circular Error Probable (CEP), der Taurus-Raketen – eine zentrale technische Größe des Systems, eigentlich streng geheim. Gut möglich, dass Russland darüber schon informiert war, aber hier bekamen sie es nochmal von Bundeswehroffizieren direkt bestätigt.

Ebenfalls wurde die Präsenz britischer Militärberater in der Ukraine verraten. In London war man dementsprechend alles andere als begeistert. „Wir wissen, dass Deutschland ziemlich stark von russischen Geheimdiensten durchdrungen ist, das zeigt nur, dass sie weder sicher noch zuverlässig sind“, meinte etwa der ehemalige britische Vereidigungsminister Ben Wallace gegenüber der Times.

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Der Ex-Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im britischen Unterhaus, Tobias Ellwood, erklärte, das „Abfangen und Durchsickern der militärischen Planungsdiskussion sei auf mehreren Ebenen besorgniserregend“. Gegenüber der BBC sagte er, ein Aspekt sei, „warum grundlegende Konzeptprotokolle nicht befolgt wurden“, und ein anderer, „wie sich soetwas in Deutschland entwickelt“.„Weder sicher noch zuverlässig“ und ein zweifelhafter NATO-Partner, den man im Auge behalten müsse, so sieht man die Bundeswehr also inzwischen im Ausland.

„Im Fokus“: Schwarzer Humor

Dabei kann niemand dem MAD vorwerfen, er wäre in den letzten Jahren inaktiv gewesen: Was Soldaten so auf WhatsApp austauschen, dafür interessiert er sich durchaus – und sorgt für deren Entlassung, wenn sie etwa in Chatgruppen Mitglied sind, in denen auch rechte Memes geteilt werden.

Wenn man etwa einen Blick auf die MAD-Website wirft, ist das auch direkt eines der ersten Dinge, die einem ins Auge springen. „Im Fokus“ heißt dort nämlich der Abschnitt: „Der MAD gegen Extremismus“. Dort wird erklärt, wie vorgegangen wird, um „extremistisch denkende Menschen in den eigenen Reihen ausfindig zu machen“.

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Ein aufgeführtes Beispiel: „Dem MAD wird durch Meldung bekannt, dass in einer Einheit eine Whatsapp-Gruppe zum Austausch dienstlicher Informationen besteht. In dieser Gruppe werden aber auch rechtsextremistische Inhalte mit überwiegend schwarzem Humor verbreitet.“

Untersucht werden hier natürlich die „rechtsextremistischen Inhalte mit überwiegend schwarzem Humor“ – dass dagegen der „Austausch dienstlicher Informationen“ in WhatsApp-Gruppen offenbar zum Bundeswehr-Alltag gehört, ist anscheinend kein Problem. Jedenfalls schildert der MAD dann, wie entsprechende Meme-Versender dann nach Beschlagnahmung von Handys und entsprechender Ermittlungen vom Truppendienstgericht „mit einem Beförderungsverbot und einer Gehaltskürzung“ belegt worden sein.

Was am Ende in der Bundeswehr das Debakel hätte verhindern können – sei es MAD, Cyberkommando oder auch nur die richtige Schulung der Offiziere – lässt sich nicht abschließend sagen. Es ist aber offensichtlich, dass hier etwas grundlegend falsch läuft. Denn wer sich das abgehörte Gespräch anhört, merkt, dass es keine exotische Idee war, per WebEx oder WhatsApp über Militärinformationen zu sprechen. Selbst für diese hochrangigen Offiziere gehört es offenbar zum Alltag, über ungeschützte Kanäle zu kommunizieren.

Die Frage, die sich aufdrängt: Was hat Russland, was haben andere Mächte dann noch alles mitgehört? Darüber kann man jetzt nur spekulieren. Aber jenes Telefonat, geführt mitunter über das ungeschützte Hotel-WLAN in Singapur, dürfte wohl nur ein Beispiel sein, das jetzt zutage tritt. Höchstwahrscheinlich ist, dass weitaus brisantere Informationen in die Hände ausländischer Geheimdienste geraten sind – und die Bundeswehr ein einziges Sicherheitsloch ist.

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