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Süddeutsche Zeitung

Föderl-Schmid soll bei Rede über „Alternative Fakten“ und journalistische Redlichkeit plagiiert haben

In der Plagiatsaffäre um die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte Stefan Weber ein weiteres Beispiel. Zuvor legte er bereits 34 problematische Stellen in einem Gutachten vor. Es zeigen sich immer mehr Parallelen zur Affäre Relotius.

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Der österreichische Plagiatsprüfer Stefan Weber hat weitere Belege für Plagiate in der Affäre um die Vizechefredakteurin der Süddeutschen Zeitung, Alexandra Föderl-Schmid vorgelegt. Wie die FAZ jüngst berichtete, hat die Aufarbeitungskommission der SZ Weber mittlerweile ebenfalls kontaktiert.

Weber legte nun ein neues Beispiel für Plagiate vor – dabei geht es um eine Rede von Föderl-Schmid, die sie im Dezember 2022 in Vorarlberg hielt. Thema: „Das Begräbnis der Fakten“. In der Rede geht es um den Trumpismus, den Unterschied zwischen „Alternativen Fakten“ und „Fake News“. Bedeutungsschwanger endet sie ihre Rede mit: „Die Wahrheit ist tot! Es lebe die Wahrheit!“ Und zitiert dann Goethe mit einem in ihrem Kontext nicht ganz unpassenden Satz: „Man muss das Wahre unermüdlich in Worten wiederholen.“ Das nimmt sie sich auch zu Herzen.

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Wie Weber zeigt, hat sie in der Rede nämlich zweimal großflächig Ideen und Sätze ohne Kennzeichnung übernommen. Zum einen von einem Tagesschau-Artikel aus 2020 von Patrick Gensing mit dem Titel: „Der Herr der Lügen“. Sie übernimmt aus dem Bericht mehrfach quasi wörtlich Aussagen, die Trump nachweisen sollen, dass er in hunderten Fällen Fake News verbreitet habe. U.a. diese Passage wurde wörtlich übernommen: „Mehr als 400 Mal behauptete Trump, er habe die erfolgreichste Wirtschaft der Geschichte geschaffen. Auch dies lässt sich durch Fakten nicht belegen.“

Während diese Übernahme noch die Grenzen (wenn auch fraglicher) journalistischer Praxis ausreizen mag, übernimmt Föderl-Schmid dann aus einer wissenschaftlichen Schrift von Matthias Warkus aus der Publikation „Fake oder Fakt? Wissenschaft, Wahrheit und Vertrauen“ ohne die Quelle anzugeben.

So heißt es in der Originalquelle etwa: „Dabei ist die Vorstellung beliebt, dass sich auf das, was »Fakt ist«, eigentlich alle einigen können müssten, die »gesunden Menschenverstand« und funktionierende Sinnesorgane haben.“ Föderl-Schmid sagt in ihrer Rede: „Es herrscht allgemein auch die Vorstellung vor, dass sich auf das, »was Fakt ist«, eigentlich alle einigen können müssten, die »gesunden Menschenverstand« und funktionierende Sinnesorgane haben.“

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Oben: Aus der Rede von Föderl-Schmid. Unten: Matthias Warkus (2018): „Wie war sind wissenschaftliche Tatsachen?“. Via Stefan Weber

Gleich im nächsten Satz sagt Föderl-Schmid: „Man kann so weit gehen, zu erklären, die Wirklichkeit sei einfach die Summe aller Tatsachen, wie es Ludwig Wittgenstein in seinem Tractatus logico philosophicus formuliert hat: »Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.«“ Im Beitrag von Matthias Warkus findet sich der Satz fast wortgleich: „Man kann so weit gehen, zu erklären, die Wirklichkeit sei einfach die Summe aller Tatsachen (Wittgenstein 1922).“

„Mindestens 34 SZ-Artikel teilplagiiert“

Die neuen Beispiele reihen sich ein in einer langen Serie der Plagiatsfragmente. Weber legte jüngst ein Gutachten über die Arbeit von Föderl-Schmid vor. Unter anderem geht es dabei um teilplagiierte Vor-Ort-Reportagen, sowie teilplagiierte Meinungsbeiträge. Weber wirft ihr vor, „mindestens 34 SZ-Artikel teilplagiiert“ zu haben. Vor allem in einigen Vor-Ort-Reportagen wird deutlich, dass Föderl-Schmid ihre Texte offensichtlich von anderen Journalisten abgeschrieben hat. Während ihrer Korrespondententätigkeit in Israel hat Föderl-Schmid etwa eine Reportage zum Pessach-Fest veröffentlicht. Ihr investigativer Eigenanteil geht hier jedoch gegen null. Ihren Artikel hat sie bei einem vier Jahre zuvor beim Spiegel erschienen Beitrag („Pessach-Fest in Israel – Der Wächter des Brotes“) abgeschrieben. Die Arbeit des Spiegel-Redakteurs Claus Hecking hat sie sich großflächig zunutze gemacht.

Bei den bisherigen Überprüfungen wurden insgesamt 1.091 Artikeln aus der Süddeutschen und einige Artikel aus dem Standard herangezogen. Weber weist darauf hin, dass es sich nur um „das Ergebnis einer Stichprobenziehung“ handle. Die Veröffentlichung des Endberichtes stehe noch aus. Die SZ hat zur Aufarbeitung der journalistischen Verfehlungen Föderl-Schmids inzwischen eine eigene Kommission beauftragt.

Föderl-Schmid selbst hat in öffentlichen Äußerungen immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig es sei, dass Journalisten hohen Standards unterworfen werden. Sie veröffentlichte ein Buch mit dem Titel: „Journalisten müssen supersauber sein“. In dem Buch schrieb sie unter anderem: „Es gäbe wohl viele Journalisten in ihren jeweiligen Funktionen nicht mehr, wenn sie wegen nachgewiesenen Plagiierens zurücktreten müssten, wie dies in Deutschland Politiker tun.“

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