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Meinungsfreiheit

„Erzwungene Sperrungen“: Musks gibt willkürlich gesperrte X-Accounts in Brasilien wieder frei

X soll in Brasilien dazu gezwungen werden, Accounts ohne Angabe von Gründen zu sperren – dahinter steckt offenbar das politisierte Oberste Gericht des Landes. Elon Musk kündigte an, man werde sich der Anordnung widersetzen und die Konten wieder entsperren.

Elon Musks X, ehemals Twitter, steckt in Brasilien gerade mitten in einer Kontroverse rund um willkürliche Account-Sperrungen. Samstagnacht gab der Konzern bekannt, dass man „durch Gerichtsbeschlüsse gezwungen“ werde, bestimmte Accounts zu sperren – ohne dass es sagen dürfe, um welches Gericht und welche Accounts es ginge. Zudem seien dem Unternehmen keinerlei Gründe für die Sperr-Aufforderungen genannt worden.

Später gab Musk selbst dann bekannt, dass man der Gerichtsanordnung nicht folgen werde, obwohl dies vermutlich das Verbot der Plattform in Brasilien bedeute. „Prinzipien seien aber wichtiger als Profite“, fügte er zu der Entscheidung hinzu.

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Enthüllungen offenbaren angeordnete Zensur

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X Corp. auf X zu den Sperrungen.

All dem vorausgegangen waren Enthüllungen des amerikanischen Autors und Journalist Michael Shellenberger. Er hatte Mitte der vergangenen Woche zusammen mit anderen Journalisten publik gemacht, dass in Brasilien unter der Leitung eines Richters des Obersten Gerichtshofs namens Alexandre de Moraes willkürlich gegen die Meinungsfreiheit vorgegangen wurde und unliebsame Accounts mundtot gemacht werden sollten.

Musk bestätigte auf Twitter die Enthüllungen und schien auch – entgegen dem vom Gerichtsbeschluss angeordneten Schweigen – darauf anzuspielen, dass die jüngste Anordnung ebenfalls von De Moraes stammte. Er twitter nämlich in dessen Richtung: „Warum machst du das Alexandre de Moraes?“

De Moraes, wurde 2017 von Präsident Michel Temer als Richter an den Obersten Gerichtshof berufen und dient bis heute in dieser Funktion. Er ist zusätzlich auch Präsident des Obersten Wahlgerichts des Landes. Beide Gerichte genießen im Land eine extrem mächtige Stellung und sind für bisherige Eingriffe in die politischen Abläufe in Brasilien in scharfe Kritik geraten – die wiederum wieder per Gerichtsbeschlüssen bekämpft wird.

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In einem langen Thread veröffentlichte Shellenberger dann diverse interne Twitter-E-Mails, die zeigten, wie Druck auf den Konzern ausgeübt wurde – speziell auch vom Obersten Wahlgericht.

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Der Thread von Michael Shellenberger

Shellenberger schreibt, dass das Gericht etwa in der Bolsonaro-Zeit „große Unterstützter Bolsonaros“ ins Visier nahm. Richter verlangten z.B. persönliche Details über jene Twitter-Nutzer preisgibt und sogar deren Reichweite einschränkt – sie also zensiert. So hieß es intern bei Twitter: „Es scheint, als ob das Gericht Kontos identifizieren möchte, die speziell bestimmte Arten von Trend-Hashtags hinzugefügt hätten, und auch irgendwie die Interaktion mit bestimmten Inhalten auf der Plattform reduzieren möchte (d. h. verhindern möchte, dass bestimmte Konten anderen vorgeschlagen werden).“

Auch gegen den damaligen konservativen Präsidenten selbst richtete sich das Vorgehen: „Gegen Präsident Bolsonaro selbst und mehrere seiner Unterstützer wird in diesem Verfahren ermittelt (bisher wurden 15 Twitter-Account-Handys angegeben).“

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De Moraes Wahlgericht „zwingt uns dazu, Benutzer, die bestimmte Hashtags verwendet haben, herauszusuchen und zu identifizieren“, hieß es damals. Dies sei eine „massenhafte und willkürliche Offenlegung privater Benutzerdaten, was eine Verletzung der Privatsphäre und anderer verfassungsmäßiger Rechte darstellt“, so damals das Fazit des Konzerns.

Fragwürdige Richter?

Schon vor diesem jetzigen Skandal war de Moraes mehrmals kritisch aufgefallen für willkürliche Urteile und seinen Kampf gegen den ehemaligen Präsident Jair Bolsonaro. Als 2020 enthüllt wurde, dass der damalige Vorsitzende Richter des Obersten Gerichts Dias Toffoli wohl auch in den Korruptionsskandal rund um den damaligen und wieder heutigen Präsident Lula verwickelt war (der ihn auch an das Gericht ernannt hatte), nahm das Gericht das Magazin hinter der Enthüllung ins Visier.

Im Zuge dessen startete das Gericht auch eine Operation der brasilianischen Bundespolizei zur Untersuchung von Geschäftsleuten, Bloggern und Politikern, die mit Präsident Jair Bolsonaro verbündet waren. Weiter hat de Moraes dazu beigetragen, dass ein amtierender Kongressabgeordneter zu fast neun Jahren Gefängnis verurteilt wurde, weil er angeblich das Gericht bedroht hatte.

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Die Liste der fragwürdigen Entscheidungen des Richters ist lang. So lang, dass selbst die eher links-gerichtete New York Times 2023 dem Richter einen Artikel widmete und die Frage aufstellte, wie weit man im Kampf gegen die radikale Rechte (hier Bolsonaro gemeint) gehen dürfe.

Musk will Prinzipien hochhalten

Musk kündigte nun Samstagabend groß an, die Sperrungen des Richters ungeschehen zu machen und gegen die Urteile zu kämpfen. Auch wenn das schwere Konsequenzen für das amerikanische Unternehmen hätte. Musk schrieb: „Dieser Richter hat massive Geldstrafen verhängt, mit der Verhaftung unserer Mitarbeiter gedroht und den Zugang zu X in Brasilien gesperrt.“

Die X Corp. schrieb in ihrer Mitteilung: „Uns werden tägliche Geldstrafen angedroht, wenn wir der Anordnung nicht nachkommen. Wir sind aber der Meinung, dass solche Anordnungen nicht mit dem Internetgesetz oder der brasilianischen Bundesverfassung vereinbar sind, und fechten die Anordnungen, soweit möglich, rechtlich an.“

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Musk via X.

Weiter hieß es von Unternehmensseite: „Die Menschen in Brasilien haben unabhängig von ihren politischen Überzeugungen ein Recht auf Redefreiheit, ein ordnungsgemäßes Verfahren und Transparenz gegenüber ihren eigenen Behörden.“ Musk hielt hoch, dass selbst bei allen drohenden Sanktionen aus Brasilien „Prinzipien über Profite“ gingen.

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