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Hessen

Erneut Ermittlungen wegen Gesängen zu „L’amour toujours“ – obwohl keine Strafbarkeit besteht?

Wieder hat ein Vorfall mit der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zu Ermittlungen geführt, diesmal im hessischen Friedrichsdorf-Burgholzhausen. Dabei erklärten mehrere Staatsanwaltschaften inzwischen, dass das Singen der Parole nicht strafbar ist.

Symbolbild

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Bei einem Volksfest in Friedrichsdorf-Burgholzhausen im Hochtaunuskreis in Hessen sollen mehrere Personen die inzwischen deutschlandweit bekannte Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zu Gigi D’Agostinos Party-Hit „L’amour toujours“ gesungen haben. Der Vorfall vom Freitag wurde auf Video festgehalten. Jetzt ermittelt die Polizei. Fraglich ist, ob die Ermittlungen überhaupt zielführend sind: Einige Staatsanwaltschaften halten die Gesänge für nicht strafbar.

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So stellte etwa die Staatsanwaltschaft Augsburg Ermittlungen ein, nachdem auf einem Faschingsumzug im Februar in Landsberg mehrere Mitglieder der Landjugend Hohenfurch die betreffenden Zeilen gesungen hatten. Der Sachverhalt begründet nicht den Tatbestand einer Volksverhetzung, die in solchen Fällen untersucht wird, und sei mithin nicht strafbar. „Grundsätzlich steht eine Strafbarkeit bei derartigen Parolen zwar immer im Raum“, erklärte die Augsburger Staatsanwältin Melanie Ostermeier gegenüber der Bild.

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Ein ähnlicher Fall beschäftigte auch die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg, die im Oktober 2023 Ermittlungen gegen vier Personen aufnahm, die diese Zeilen in einer Diskothek gesungen hatten. Wie eine Sprecherin Ende Juni dem Spiegel mitteilte, wurden die Ermittlungen eingestellt, da die Behörde keine strafbare Handlung feststellen konnte. Die Äußerungen seien laut geltender Rechtsprechung durch die Meinungsfreiheit gedeckt und stellten somit keine Volksverhetzung gemäß Paragraf 130 des Strafgesetzbuches dar.

Eine strafbare Handlung könne nur angenommen werden, wenn eine Verbindung zum Rechtsextremismus oder zur Gewaltbereitschaft festzustellen sei. Dies wäre der Fall, wenn bestimmte Indikatoren wie einschlägige Kleidung, die Verwendung nationalsozialistischer Symbole oder fremdenfeindliche Äußerungen in besonders sensiblen Kontexten, wie etwa vor Flüchtlingsunterkünften, vorliegen. Seitdem wurden die Gesänge zu „L’Amour toujours“ mehrfach angestimmt – meist im Kontext von Dorffesten und nicht unmittelbar in einem migrantischen Umfeld.

Ende August stellte auch die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen wegen eines Vorfalls auf dem Schützenfest in Kleinburgwedel, Mitte Mai, ein. Auch dort war es zu den Gesängen gekommen – die laut der Staatsanwaltschaft jedoch nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Eine Sprecherin erklärte, dass solche Parolen grundsätzlich strafbar sein könnten, jedoch sei im konkreten Fall das Singen dieser Parolen „nicht geeignet gewesen, den Straftatbestand der Volksverhetzung zu erfüllen.“

Sie fügte hinzu, dass „das alleinige Bestreiten des Aufenthaltsrechts von Ausländern an sich noch keinen Angriff auf die Menschenwürde darstellt.“ Für eine Strafverfolgung wäre eine „gesteigerte Feindseligkeit oder eine schwerwiegende Missachtung gegenüber einem Teil der Bevölkerung“ erforderlich gewesen, was in diesem Fall nicht vorlag. Die Staatsanwaltschaften orientieren sich damit an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010. Demnach verletzt der Ausruf „Ausländer raus“ die Menschenwürde nur dann, wenn zusätzliche Umstände vorliegen.

Nachdem bereits im Oktober und November des vergangenen Jahres einige Videos mit den Gesängen aufgetaucht waren, entbrannte die Debatte im Mai erneut. Am Pfingstwochenende sollen junge Erwachsene auf einer Strandparty die Zeilen angestimmt haben – mit weitreichenden Folgen für die Beteiligten (Apollo News berichtete). Sogar Bundeskanzler Scholz kommentierte die Angelegenheit.

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