„Der Niger?“ – Viele mussten wohl erstmal den Atlas oder den Globus rausholen, als sie die Nachrichten über den Putsch in dem afrikanischen Land hörten. Immerhin spielt der Niger für Otto Normalverbraucher – ehrlich gesagt – überhaupt keine Rolle.
In den Hauptstädten, Ministerien und Thinktanks dieser Welt ist das jedoch anders. Würden Sie einen Beamten im deutschen Verteidigungsministerium oder im französischen Außenamt nachts um Drei aus dem Schlaf rütteln, könnte er Ihnen aus dem Stand ein Referat über die Bedeutung des Staates halten – politisch, wirtschaftlich, militärisch. Und das hat einen guten Grund: Das westafrikanische Land ist in den vergangenen Jahren zu einem elementaren Partner der europäischen Bemühungen in der Region geworden. Nach den Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020, war der Niger eines der letzten Länder in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde. Sein abgesetzter Präsident Bazoum ist – war – ein wichtiger Verbündeter des Westens und der Niger ein Dreh- und Angelpunkt der europäischen Operationen und Bemühungen in der Sahelzone. Der Flughafen der Hauptstadt Niamey ist ein Drehkreuz für die Logistik ausländischer Truppen in der gesamten Sahelzone. Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission dort beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Selbst Deutschland hat Truppen in dem afrikanischen Land stationiert.
Die strategische Bedeutung der Sahelzone für Europa
Die gesamte Region der Sahelzone – nicht nur der Niger – ist für Europa von herausragender strategischer Bedeutung. Die Sahara-Staaten sind nicht nur ein wichtige Partner und Kontaktpunkte zur Regulierung von Migration aus Afrika nach Europa: Gerade Frankreich hat in der Region vitale Interessen. Allein aus dem Niger bezieht das Land einen Drittel seiner Uranlieferungen, die für die Atomenergie im Land überlebenswichtig sind. Ein Wegfall dieser Uranquelle dürfte wenige andere Lieferanten offenlassen – einer der Größten davon ist Russland. Aber auch die Goldvorkommen in Mali oder die Erdölquellen im Tschad spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Weltwirtschaft.
In den europäischen Hauptstädten, allen voran Paris, ist man sich dieser Umstände bewusst. Nicht ohne Grund hat Frankreich die Länder der Sahelzone, die einst Teil seines Reiches in Afrika waren, auch nach dem Ende der Kolonialherrschaft eng an sich gebunden – teilweise auch mit fragwürdigen Methoden wie dem umstrittenen CFA-Franc, der die Währung vieler Sahel-Staaten an Paris band. Wie ernst Frankreich die eigenen Interessen in der Region nahm, zeigte nicht zuletzt „Opération Serval“, die Intervention französischer Truppen gegen den Vormarsch von islamistischen Rebellen in Mali vor elf Jahren. Erst 2019 bekräftige Brüssel erneut, dass die Sahelzone „eine strategische Priorität der EU und ihrer Mitgliedstaaten ist“.
Doch von dieser Priorisierung ist wenig übrig geblieben. Nachdem die Europäer sich erst aus Mali vertreiben ließen, dürfte jetzt auch noch der Niger wegfallen. Die jeweiligen Putschisten blicken derweil nach Osten – vor allem nach Russland. Moskau baut seinen Einfluss in der Region stetig aus. Die Söldnertruppe Wagner hat sich nach dem abgebrochenen Putsch im Juni zwar mit Putin überworfen, operiert jedoch weiterhin im russischen Interesse in Afrika. Vom Umsturz im Sudan im Frühjahr diesen Jahres profitiert Moskau genauso wie vom Machtwechsel in Mali, dessen Machthaber sich seit 2021 an Russland orientieren. Nach dem Staatsstreich in Burkina Faso 2022 wurden Russland und Wagner auch dort um Hilfe bei der Terrorismusbekämpfung gebeten. „Die Junta in Mali und Burkina Faso, die die französische Armee aus ihren Ländern vertrieben haben, haben sich seitdem an Russland gewandt“, so das französische Magazin L’Express. Das könnte sich auch in Niger wiederholen, so die Befürchtung. Quer durch die Südsahra und darüber hinaus zieht sich längst der lange Arm Moskaus. Nach Angaben von Experten wie dem Center for Strategic and International Studies (CSIS) haben russische private Militärfirmen bis 2021 16 Abkommen mit afrikanischen Regierungen südlich der Sahara geschlossen.
Europa ist Machtlos: Strategische Widersacher haben freies Spiel
Doch die Russen sind nicht die einzigen, die im Sahel mitmischen. Auch China sowie die Türkei und verschiedene arabische Staaten verstärken seit Jahren ihre Bemühungen, in der Region Fuß zu fassen. China ist vor allem auf der Suche nach Ressourcen, Absatzmärkten und Investitionsmöglichkeiten, intensiviert aber auch sein militärisches Engagement. Im Tschad ist dieses Zusammenspiel beispielhaft zu beobachten: Chinesische Inventionen in die Ölindustrie des Landes haben dem Tschad einen stetigen Geldfluss beschert, der die tschadische Armee mittlerweile zu einer der schlagkräftigsten Armeen des Kontinents gemacht hat.
Diese Entwicklung läuft seit Jahren und findet im Niger-Putsch nur einen weiteren Höhepunkt. Europa ist derweil machtlos: Die EU, die in Sonntagsreden gerne die Notwendigkeit geostrategischer Selbstständigkeit betont, ist unfähig, etwas gegen diese Entwicklung zu unternehmen. Leitwolf Frankreich, der wohl als einziger EU-Staat eine Intervention im Niger anführen könnte, sind die Hände gebunden: Macron verfügt nicht über das politische Kapital, um ein Eingreifen durchzusetzen. Deutschland fehlen derweil nach wie vor die militärischen Fähigkeiten, um Aktiv zu werden. Großbritannien als Nicht-EU-Land fühlt sich nicht zuständig, und Amerika hat zwischen Ukraine-Krieg und der schwelenden Taiwan-Krise schlicht andere Prioritäten als die Sahel-Zone. Ohnehin erwartet Washington seit Jahren zurecht, dass die europäischen Partner ihre Interessen selbst verteidigen – ohne, dass „Uncle Sam“ ihnen die Hand hält. Doch dazu ist Europa nicht fähig. Deutschland und seine Außenministerin Annalena Baerbock liefern warme Worte, versprechen dem abgesetzten Präsidenten zwar „volle Unterstützung“. Berlin weiß aber – genauso wie der nigrische Ex-Präsident und alle anderen Akteure – dass diesen Worten keine Taten folgen werden. Deutschland ist nach wie vor unfähig und -willig, sicherheitspolitisch erwachsen zu werden, und die eigenen Interessen im Sahel wirksam zu verteidigen. So füllen andere das Machtvakuum im Sahel: Und die strategisch wichtige Region blickt nach Peking und Moskau.
Was das für Europa bedeutet, bleibt abzuwarten. Während auch die Russen gegen den islamistischen Terrorismus kämpfen werden, dürfte Moskau gar kein Interesse daran haben, die Migrationsrouten, die unter anderem durch den Niger führen, dichtzuhalten. Im Gegenteil: Dass Russland Migration als Waffe gegen Europa einsetzt, hat Putin immer wieder unter Beweis gestellt. Klar ist: Weil die EU unfähig ist, im eigenen „Hinterhof“ für Ordnung zu sorgen, hält Russland plötzlich einen neuen, strategischen Trumpf in der Hand.
Der „Wertewesten“ ist dekadent und degeneriert wie das Alte Rom.
..und genauso dem Untergang geweiht..
Die Parallelen sind geradezu prägnant:
▪︎Völlerei der Oberschicht
▪︎substanzlose Arroganz
▪︎moralisches Soddom und Gomorrah
▪︎Ruhigstellung der Massen mit Brotkrumen und (Video-)Spielen
▪︎Vetternwirtschaft und Korruption
▪︎Vielgötterei
..
Zum Thema ‚westliche Werte‘ und dem Export grün-feministischen Gutmenschentums passen auch einige Zitate von Egon Bahr, dem Vordenker der deutschen Ostpolitik:
„Meine Erfahrung ist: bitte keine Politik des Exports von Demokratie und unseren anderen Werten. Ich habe dankbar registriert, dass kein Kommunist je versucht hat, mich zu bekehren. Ich habe das auch unterlassen. (…) Die Hoffnung auf eine friedliche Welt verlangt neben dem Stolz auf den eigenen Weg die DEMUT gegenüber allen, die eine andere politische Struktur und einen anderen Weg gehen wollen.“
Im April 2023 hatte der Tschad den deutschen Diplomaten J.C. Gordon Kricke aufgefordert, das Land innerhalb von zwei Tagen zu verlassen. Die Regierung des Tschad begründete den Schritt mit einer „unhöflichen Haltung“ und „mangelndem Respekt für diplomatische Gepflogenheiten“. Baerbock hatte wieder einmal Schulmeister spielen wollen …
Einzige Reaktion aus Berlin: Die Botschafterin des Tschad, Mariam Ali Moussa, wurde umgehend ausgewiesen. Sie mußte Deutschland binnen 48 Stunden verlassen. Seitdem befinden sich auch die Beziehungen mit N’Djamena auf dem Nullpunkt.
—>
Vom Gespür eines Egon Bahr ist Baerbock weiter entfernt als von der Sahelzone. Deshalb noch ein Bahr-Zitat hinterher:
„In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“
In Bezug auf Rußland und die Ukraine sollte sich unsere ‚Mnisterin‘ noch folgendes hinter die Ohren schreiben:
„Für Deutschland ist Amerika unverzichtbar, aber Russland ist unverrückbar.“
„Es gibt keine Stabilität in Europa ohne die Beteiligung und Einbindung Russlands. Und ich weiss genau, dass Russland nicht so schwach bleiben wird, wie es im Augenblick ist (…..) ich warne davor, ein grosses stolzes Volk zu demütigen.“
(E. Bahr)
Schade, die Zeit der Politiker mit Weitsicht und Format ist vorbei. Zumindest hierzulande.
Wen’s interessiert, LIVE-Bilder aus Niamey gibt’s hier:
https://www.ortn.ne/tele-sahel/
Kurze Ergänzung:
Auf der im ORTN-Link aus Niamey gezeigten Massendemonstration werden gerade Plakate mit „Vive le Niger, Vive la Russie“ hochgehalten. Russische Flaggen beherrschen die Szene …
Europäische Regierungen sehen Afrika vor allem als unerschöpfliche Quelle von Migranten, mit deren Hilfe sie Brechts Diktum, die Regierung solle doch das Volk auflösen und sich ein neues wählen, in die Realität umsetzen wollen. Dass eine reale Besserung der Lebensumstände in Afrika diese ehrgeizigen Pläne konterkarieren würde, liegt auf der Hand.
Während Europa und vor allem Deutschland die Armutsmigranten aus Afrika und der ganzen Welt aufnehmen (u. vermutlich in nicht zu ferner Zukunft so wie diese Länder aussehen wird), sichern sich China und Russland politischen, militärischen und wirtschaftlichen Einfluss. Diese Länder wissen a) wer sie sind und b) wie sie ihre Interessen schützen und ihren Einfluss vergrößern. Die Deutschen und Brüssel unter der Leitung von v.d.L. sind zu dumm dafür. Sie meinen auch, speziell D., dass es moralisch nicht angebracht ist, für das eigene Land, den eigenen Kontinent einzustehen – und diesen zu verteidigen (s. Schutz der Außengrenzen, Steuerung der Zuwanderung etc.).