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Editorial

Die Propaganda-Spielwiese deutscher Journalisten

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Die Berliner Morgenpost titelte diese Woche: „Kamala Harris zerlegt Trump auf seinem Haussender Fox News“. Auch bei Spiegel, SZ und Süddeutsche erfährt der deutsche Zuschauer: Kamala Harris hat glorreich gewonnen. Wer das Interview von Kamala Harris gesehen hat, kann sich nur wundern – Harris wich den Fragen des Moderators immer wieder auf absurde Weise aus. Als sie darauf angesprochen wurde, dass 79 Prozent der Amerikaner meinen, die USA würden sich unter der Administration, der sie angehört, in die falsche Richtung bewegen, antwortete Harris: „…und Trump hat kandidiert“. Im Netz sorgte das alles für Häme, die Daily Mail meldete, „dass Social Media (…) nach Kamala Harris‘ ‚totalem Desaster‘-Interview“ explodiert. Das war vieles, nur eines sicher nicht: Ein Sieg für Harris.

Aber das ist völlig egal. In der US-Berichterstattung läuft die deutsche Hauptstadt-Presse zu neuen Höchstleistungen auf – ganz egal: Was Kamala macht, ist gut, was Trump macht, schlecht. Das ist kein Witz, keine Übertreibung, das ist eins zu eins die Berichterstattung in Deutschland. Eine Umfrage des ZDF zeigt, dass 79 Prozent der Deutschen glauben, Harris gewinne die Wahl, nur 23 Prozent sehen Trump vorne – obwohl Trump in jüngsten Umfragen vorne liegt.

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Was das ZDF irgendwie als Zeichen für die richtige Haltung der Deutschen deuten will, ist eigentlich das Fleißbienchen für das treue Wirken deutscher Medien. Und es entlarvt ein zynisches Kalkül: Amerika ist weit weg, der deutsche Zuschauer interessiert sich hier nur halbherzig, einen Realitätsabgleich gibt es weniger – und diesen Spielraum nutzt man sofort aus. Da, wo der Zuschauer die Berichterstattung eher einschätzen kann, hält man sich an die ein oder andere zumindest formale Grenze – wo man sich frei fühlt, lässt man jede Hemmung fallen.

Man tischt eine Berichterstattung auf, die denklogisch eher an Regimepropaganda als an Journalismus erinnert. Es ist Journalismus ohne jede Ergebnisoffenheit, man hat eigentlich das Gefühl, die positiven Schlagzeilen über einen Kamala-Auftritt werden schon am Vortag in der Redaktionskonferenz festgelegt. Was nachts im US-Fernsehen läuft, kann der deutsche Zuschauer ja ohnehin nicht überprüfen, denkt man sich wohl. 

Das Level der Verdrehung ist heute so hoch wie 2016 vor der Wahl von Donald Trump. Das Erwachen war böse. Die Leute glaubten vielleicht bis zum Wahltag, was ihnen erzählt wurde – spätestens als aber das Ereignis eintritt, für das es vorher kein einziges Indiz gegeben haben soll, bricht das Glaubwürdigkeits-Kartenhaus in sich zusammen. Auch die Berliner politische Blase lässt sich davon blenden, das Auswärtige Amt pöbelt jetzt schon auf X gegen Trump, so siegessicher ist man. Wenn der die Wahl doch gewinnt, wird es bitter. Auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollte sich keiner mehr verlassen, auch seine Freunde nicht.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem neuen wöchentlichen Newsletter Apollo Edition.

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