Am 1. April soll das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis (KCanG) in Kraft treten. Die Umsetzung führt bei Behörden im ganzen Land schon jetzt zu chaotischen Zuständen. Die Kritik an dem von Karl Lauterbach initiierten Vorhaben ist riesig. Gegen das Gesetz gibt es nach wie vor verfassungsrechtliche Bedenken. Wegen teils unklarer Formulierungen sieht sich die Justiz zudem mit zahlreichen Rechtsfragen konfrontiert. Hinzu kommt ein Verwaltungsaufwand, der für die Gerichte und die Staatsanwaltschaften kaum zu bewältigen ist.
Sofern die Bedingungen zum Eigenkonsum eingehalten werden, ist der Anbau, der Besitz und der Konsum von Cannabis legal. Nach dem neuen Gesetz gilt: Wer zu Hause über 50 Gramm Cannabis verfügt oder in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm bei sich trägt, der besitzt legal eine „geringe Menge“. Beschlossen wurde jedoch nicht nur die Freigabe der Droge, sondern auch eine Amnestie für Personen, die illegal Cannabis besessen hatten. Wurden Personen wegen des Besitzes einer „geringen Menge“ verurteilt und der Vollzug noch läuft, dann müssen die Staatsanwaltschaften und Gerichte handeln.
In der Regel führt der illegale Besitz von Cannabis nicht zur Inhaftierung; stattdessen wird oft eine Geldstrafe verhängt. Allerdings droht eine Ersatzfreiheitsstrafe, wenn der Verurteilte die Geldstrafe nicht begleichen kann oder will. Doch es gibt auch zahlreiche andere Fallkonstellationen, in denen eine Freilassung oder Strafmilderung in Betracht kommt. Dies ist zum Beispiel denkbar, wenn eine Person eine Körperverletzung begangen hatte und zugleich Cannabis bei sich trug. Thomas Poggel, Oberstaatsanwalt in Arnsberg erklärt gegenüber dem WDR: „In solchen Fällen muss eine Gesamtstrafe aufgelöst und ohne Bestrafung des Cannabis-Besitzes neu gebildet werden“.
Die Justiz steht vor Aktenbergen
In diesen Konstellationen müssen erneut die Richter herangezogen werden und eine neue Strafe unter Herausrechnung der entsprechenden Drogendelikte aussprechen. Je nach Bundesland kommt in 10 bis 20 Prozent aller Urteile ein Erlass oder eine Milderung der Strafe in Betracht, das zeigt eine Apollo News-Abfrage bei deutschen Generalstaatsanwaltschaften. In Baden-Württemberg wird die Amnestie dazu führen, dass 21 Häftlinge mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. April sofort freigelassen werden. Abgesehen von Baden-Württemberg erfuhren wir auf Anfrage bei den Generalstaatsanwaltschaften in den übrigen Bundesländern, dass dort noch nicht konkret Auskunft gegeben werden kann, wie viele Personen am 1. April aus der Haft entlassen werden müssen.
In der Praxis kann einer Person das Handeln mit Drogen oft nicht nachgewiesen werden. In diesen Fällen greift ersatzweise regelmäßig die Verurteilung wegen des illegalen Besitzes von Cannabis. Die von der Ampel initiierte Amnestieregelung führt dazu, dass Tätern, die bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich trugen, die Strafe erlassen wird. Das Cannabisgesetz dürfte also auch dazu führen, dass zahlreiche Dealer auf freien Fuß gesetzt werden oder ihre Strafe zumindest gemildert wird.
Für die Staatsanwaltschaften geht mit der Amnestieregelung ein erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand einher. Die Bundesregierung rechnet mit maximal 7500 Prüffällen für eine Haftentlassung. Damit dürfte die Ampel jedoch drastisch daneben liegen. Der tatsächliche Arbeitsaufwand ist für die Staatsanwaltschaften wesentlich höher. Landesweit müssen rund 200.000 alte beziehungsweise laufende Sachverhalte händisch überprüft werden.
Das Hessische Justizministerium erklärt hierzu: „Bei nahezu keinem Strafvollstreckungsverfahren“ könne „ohne Einzelfallüberprüfung mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine Verurteilung nicht zumindest auch wegen des Besitzes von Cannabis erfolgt ist“. Dennoch müssen die Staatsanwaltschaften aufgrund des kurzen Zeitrahmens Fälle priorisieren. Die Generalstaatsanwaltschaft Saarbrücken erklärt auf Anfrage, dass eine Überprüfung sämtlicher Vollstreckungsverfahren „bis zum 1. April voraussichtlich nicht zu gewährleisten sein“ werde. Pro Sachverhalt bleibt den Behörden für die teils komplexen Fallkonstellationen regelmäßig nur eine Bearbeitungszeit von 15 bis 60 Minuten.
Allein in Bayern müssen 29.000 Akten händisch erneut durchgearbeitet. Anders als von der Bundesregierung kommuniziert, wird die Freigabe von Cannabis auch dauerhaft die Gerichte alles andere als entlasten. Im Gegenteil. Auf Anfrage erklärt das bayerische Staatsministerium: „Der verursachte und weiter zu erwartende Zusatzaufwand durch die von den Regierungsfraktionen im Bundestag beschlossene Regelung ist für die Justiz bereits jetzt enorm“.
Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) erklärt gegenüber Apollo News, dass die Neuregelung „äußerst kompliziert ausgestaltet“ sei. „Sie enthält allein 36 Bußgeldtatbestände, mehr als doppelt so viele als bisher. Dadurch entsteht eine Flut neuer Rechtsfragen, die Straf- und Bußgeldverfahren künftig zusätzlich erschweren und verzögern.“ Georg Eisenreich erklärt weiter: „Aus meiner Sicht geht die beschlossene Teil-Legalisierung von Cannabis grundsätzlich in die falsche Richtung. Ich lehne das Cannabis-Gesetz der Ampel ab“.
Gesetz werde „Konfrontation mit der Realität“ nicht standhalten
Die Bundesregierung geht davon aus, dass mit dem Gesetz zur Legalisierung von Cannabis schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Drogen verringert werden. In einem Papier der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPoIG), dass Apollo News vorliegt, wird das Gesetz heftig kritisiert. Dort heißt es: „Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat teilweise erhebliche Zweifel daran, dass die vorgetragenen Annahmen einer Konfrontation mit der Realität standhalten“.
Der von der Bundesregierung beschriebene Verwaltungsaufwand für die Behörden sei deutlich zu gering angesetzt und „nicht frei von satirischen Komponenten“. Kontrollen des „Anbaus und der Abgabe, die Bearbeitung von Anträgen, die Überprüfung von Beauftragten, die Besichtigung von Sicherheitsmaßnahmen in den Anbauvereinigungen u.v.a.m.“ müssten „von Menschen wahrgenommen werden“, welche „schlicht nicht vorhanden sind“.
Der Bundesrat hat am Freitag den Weg für das Gesetz frei gemacht. Die Justiz- und Innenministerien hoffen nun darauf, dass das Inkrafttreten des Gesetzes noch im letzten Moment vom Bundespräsidialamt gestoppt wird. Nach Informationen von LTO wird das Gesetz gegenwärtig verfassungsrechtlich geprüft. Die Unterschrift müsste noch in dieser Woche unter das KCanG gesetzt werden. Da sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gegenwärtig im Urlaub befindet, müsste Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig als seine Stellvertreterin diese Aufgabe wahrnehmen.
ich sehe gar nicht ein, warum?
sie haben gegen das Gestezt verstossen, das zu diesem Zeitpunkt galt!
Die gute Nachricht: in Berlin-Kreuzberg entsteht kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Denn am Görlitzer Park wird bereits seit Jahren straffrei mit Drogen gehandelt.
Verstehe nicht, wieso eine Legalisierung Straftaten aufheben sollen, die vor der Legalisierung strafbar und illegal waren.
Wäre heute ein Mord nicht strafbar aber ab dem ersten, würde man dafür auch nicht zur Verantwortung gezogen.
Stichtag ist der erste und nicht ein einziger Tag davor. Also muss bestraft werden, was begangen wurde als es noch strafbar war.
Dem liegt die Handlungsunwilligkeit der Politik zugrunde. Zuviel Bürokratie. Zu wenige Richter. Zu viele Gesetze. Das zieht Verfahren in die Länge. Anstatt das Ganze effizienter zu machen, legalisiert man was vorher illegal war. Problem gelöst – den Rest zahlt der Steuerzahler.
Übrigens ist es das Gleiche bei der Kriminalität. Täter mit Migrationshintergrund dürfen nicht benannt werden. Die Zustände verschlimmern sich. Die Justiz ist überfordert. Also bekommen Messerstecher und Vergewaltiger nur noch Bewährungsstrafen.
Zusammenfassend gesagt: die unfähige und unwillige Politik ist ein Sicherheitsproblem.
Seit wann gelten Gesetze rückwirkend? Im deutschen Recht ist die Rückwirkung von Gesetzen in Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes (für Strafgesetze) und in Artikel 20 Absatz 3 (Rechtsstaatsprinzip) adressiert, welche die Rückwirkung stark einschränken.
Es ist KEINE Legalisierung. Es ist Entkriminalisierung. Heißt Anbau, Besitz und Konsum werden entkriminalisiert. Und der Handel bleibt weiterhin verboten. Und da gibts keine Amnestie für Leute die im Knast sitzen wegen anderer Straftaten die sie im Zusammenhang mit dem Kannabishandel begangen haben. Niemand wird hier allein wegen Gras eingesperrt. Das ist ein Gerücht was hier lediglich von der anderen Seite bedient und damit weiter geschürt wird. Dieser Autor Jonas Aston fällt öfter damit auf völlig von sich selbst überzeugt totalen Quatsch zu schreiben.
Mein Mitleid für die auch so unabhängige Justiz hält sich mal sowas von in grenzen. (Hab schon geschmunzelt bei den Statements am 22.3 – „omg wir müssen die Akten alle „suchen!1“).
Grade Bayern und BW waren doch auch immer ganz fleißig Verfahren wegen Kleinstmengen anzustreben und in Berlin ist es schon gefühlt seit Jahren legal. Und diese „aber die Dealer!11“-Argument passt irgendwie nicht – es geht hier nicht um „die bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich trugen“ sondern der potentielle „Dealer“ hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit direkt eine Hausdurchsuchung.
anwalt.de:
„Hinzu kommt, dass bei „Drogendealern“ der Handel hinzukommt, welcher auch nach den neuen Regelungen nach wie vor unter Strafe stehen soll“
@Jonas recherchiere doch mal wie viel % der Arbeitszeit der Kripo sich um Drogen dreht. Dann bei wie viel % davon es um Cannabis ging. Bitte lass die Kripo sich doch einfach um die harten Sachen kümmern.