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Pressekonferenz

DFB plant neue X-Geste gegen Rassismus bei Heim-EM – und Eckfahnen mit politischen Botschaften

Der DFB präsentierte am Montag stolz seine Anti-Rassismus-Kampagne - wieder will man ein Fußball-Ereignis mit politischen Symbolen überschatten. Aus dem Katar-Desaster hat man offensichtlich nichts gelernt.

Der Deutsche Fußball Bund (DFB) hat am Montag seine offizielle Anti-Rassismus-Strategie für die kommende Europameisterschaft im eigenen Land vorgestellt. Unter dem Slogan „Fußballzeit ist die beste Zeit gegen Rassismus“ und „Wir haben was gegen Rassismus“ will man die EM nutzen, um politische Botschaften zu setzen.

Im Repertoire hat der DFB dafür Eckfahnen mit Anti-Rassismus-Motiven, ein Social-Media-Konzept und ein Awareness-Konzept für den Amateurfußball. Zur Fußball-Europameisterschaft der Männer im Sommer in Deutschland will der DFB ein Zeichen gegen Rassismus setzen. Dies bekundeten der DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Sport- und Innenministerin Nancy Faeser und die Antirassismusbeauftragte des Bundes, Reem Alabali-Radovan, am Montag bei der Vorstellung der Anti-Rassismus-Maßnahmen für die Europameisterschaft.

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Vor der Presse stellte man stolz sein Maßnahmenpaket vor. Begleitet von großen Sätzen stellte man die Kampagne vor, die laut DFB „eine Mitmachaktion für Fußballfans“ sei und sowohl nachhaltig als auch wirksam zur Anti-Diskriminierung-Arbeit in Amateurvereinen beitragen soll. Die Projekte werden von der Antirassismusbeauftragten gefördert. Es werde „eine starke Botschaft auf die Plätze, in die Vereinsheime und Stadien“ getragen, meinte Alabali-Radovan. Man dulde keinen Rassismus, nicht im Sport und nirgendwo sonst, so die Politikerin.

Für so große Worten sind die Maßnahmen aber auf den ersten und zweiten Blick eher mager: Zentral in der Anti-Rassismus-Kampagne des DFB ist etwa ein Social-Media-Trend. Fans werden am Montag aufgerufen, Fotos mit gekreuzten Händen in den sozialen Netzwerken zu teilen. Das solle das „Aus-X-en“ des Rassismus symbolisieren.

Ebenfalls präsentiert man stolz „Eckfahnen mit Anti-Rassistischen-Motiven“ als wichtigen Teil der Initiative. Die Eckfahnen würden interessierten Vereinen auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden. Dass bunte Eckfahnen im Fußball noch nie für positive Veränderung gesorgt haben, ist eigentlich jedem Fußballfan klar. Es hat noch nie einen radikalen Fan aufgehalten, mit Feuerzeug auf den Eckball-Schützen zu werfen und hat zuletzt eher für Comedy gesorgt, als etwa der englische Fußball-Star Jamie Vardy aus Versehen die Regenbogen verzierte Eckfahne aus den Wurzeln riss.

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Teil 3 und ebenfalls wesentlicher Bestandteil des Maßnahmenprogramms: Das Projekt „Verein(t) gegen Rassismus“, das der DFB schon 2023 vorstellte. Im Rahmen dieses vom Bundesministerium des Innern (BMI) geförderten Projekts will der DFB gemeinsam mit seinen Landesverbänden und den Vereinen der 3. Liga die Aktivitäten im Bereich der sozialen Nachhaltigkeit intensivieren. Die Idee: An vier ausgewählten Standorten sollen sogenannte Pilot-Landesverbände zusammen mit einem in ihrem Verbandsgebiet ansässigen Drittligisten, begleitet von dem DFB, auf regionaler und kommunaler Ebene sogenannte Anti-Diskriminierungs-Netzwerke aufbauen. Darin soll Präventions- und Bildungsarbeit im und durch den Fußball ausgebaut werden, sowie das Beschwerdemanagement über die Landesverbands-Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle in ihren Verbänden weiter gestärkt werden. Auch sollen „antirassistische Maßnahmen“ in Trainings etabliert werden.

Das echte Rassismus-Problem und ein wegschauender DFB

Was hat der Deutsche Fußball allein in den letzten Jahren an Symbolpolitik gegen Rassismus und Antisemitismus hinter sich: Die ganze Welt kniete jedes Spiel vor dem Anpfiff gegen Rassismus, ganze Spieltage standen unter dem Motto „Nie wieder“ oder Anti-Rassismus. Der Erfolg dieser Aktionen: Marginal.

Das zeigte sich stellvertretend für so viele Fälle im Winter 2022, als es am Rande des A-Jugendspiels zwischen Hertha 06 und TuS Makkabi, einem jüdischen Verein, in der Bezirksliga Berlin zu antisemitischen Vorfällen kam. Mehrere Zuschauer und auch Spieler hatten die jüdischen Spieler von Makkabi massivst beleidigt. Der Schiedsrichter berichtet nach der Partie von Rufen wie „Drecksvolk“, man wolle sie verbrennen – gemeinsam mit ihrer „dreckigen Fahne“. Der Hitlergruß soll gezeigt worden sein – der Schiri als „von Juden gekauft“ beleidigt. Ein Fall, der tatsächlich Konsequenzen mit sich trug, zwei Jugendspieler von Hertha 06, darunter der Sohn des Trainers, wurden für 2 Jahre gesperrt.

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Solche Schreckensfälle sind längst kein Einzelfall: Vor allem bei Fußballspielen, bei denen Makkabi-Teams antreten, kommt es immer wieder zu Attacken, zu antisemitischen Ausfällen. Selbst bei Heimspielen ist Makkabi vor Gewalt nicht sicher. Im August 2015 ist der Verein Meteor 06 aus dem Wedding bei Makkabi zu Gast. Nach einer strittigen Spielsituation rufen die Gastspieler „Drecksjuden“, „Judenschweine“, treten und schlagen um sich, die Polizei muss kommen. Im Oktober 2015 schlägt der Kapitän des 1. FC Neukölln einen Makkabi-Spieler auf dessen eigenem Platz nieder, bekommt die Rote Karte, ruft seinen Mitspielern zu: „Jungs, holt die Messer raus.“ Das Spiel wird abgebrochen, die Makkabi-Spieler verstecken sich in der Kabine. 

Denn die Ideen, wie die Bekämpfung gelingt, beschränken sich bei dieser EM auf leere Symbole. Das groß angekündigte „Anti-Rassismus-Konzept“ des DFB ist bis auf den Fokus auf Amateurfußball de facto nichts anderes als leeres Zeichen-Setzen, weil man sonst Angst hätte, gecancelt zu werden. Die echte Diskriminierung im Fußball bleibt von bunten Eckfahnen und schönen Worten unberührt.

Es ist wie in Katar: Dort ist die Nationalmannschaft mit großer Moral angereist, hat „One-Love“ Binden präsentiert und mit der „Hand vor den Mund“-Geste dem Protest mehr geschadet als geholfen.

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