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Vernichtender Bericht

Bundeswehr nutzt noch Fax und alten, unverschlüsselten Funk, der NATO-inkompatibel ist

Unverschlüsselter Funk, lebenswichtige Daten auf Papier, schimmlige Kasernen: Der aktuelle Bericht der Wehrbeauftragen Eva Högl zeigt, dass die Truppe noch weit entfernt von einer „Zeitenwende“ ist. Die Kritik ist verheerend.

Der Bericht der Wehrbeauftragten ist verheerend: An den zahlreichen Mängeln, unter denen die Bundeswehr leidet, hat sich auch nach zwei Jahren „Zeitenwende“ nicht viel verbessert. Insbesondere die Digital- und Kommunikationssysteme der deutschen Streitkräfte seien in einem beklagenswerten Zustand, warnte Eva Högl, die seit 2020 Wehrbeauftragte des Bundestages und damit Interessensvertreterin der Soldaten ist, am Dienstag bei ihrer Vorstellung des Jahresberichtes.

Ihre Äußerungen erfolgen kurz nach dem Taurus-Abhörskandal, der diese Mängel peinlichst der Welt vorführte und die Regierung von Olaf Scholz in neue politische Turbulenzen gestürzt hat. „Dies muss dringend geändert werden […] und zwar schnell“, forderte Högl. „Warum sind wir da, wo wir sind? Weil in der Vergangenheit nicht genug investiert wurde […] jetzt wird uns der Ernst der Lage bewusst.“

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Peinlich und gefährlich: Unverschlüsselter Steinzeit-Funk schneidet Truppe von NATO-Kommunikation ab

Högl warnte vor einer „gewaltigen“ Investitionsherausforderung, vor der das deutsche Militär auch zwei Jahre nach Scholz‘ Versprechen einer Zeitenwende in der deutschen Sicherheitspolitik steht. „Die Bundeswehr steht unter enormem Druck“, sagte Högl und zählte eine Reihe von Problemen auf, die durch jahrelange Unterinvestitionen verursacht wurden, von verrotteten und baufälligen Kasernen bis hin zu einem potenziell katastrophalen Personalmangel.

Besonders eklatant sind die digitalen Probleme des Militärs, die in dem 175-seitigen Bericht detailliert aufgeführt werden: Bei einer Nato-Übung im vergangenen Jahr benutzten die Truppen unverschlüsselte Uralt-Funkgeräte aus den 1980er Jahren, mit denen man nicht einmal mehr mit den Verbündeten kommunizieren kann. Medizinische Unterlagen werden immer noch ausschließlich auf Papier geführt – was die Frage aufwirft, wie schnell Ärzte, die schwer verletzte Soldaten auf dem Schlachtfeld behandeln, diese in einem echten Krieg erhalten könnten.

Personalmangel weiter akut

Neben digitalen und kommunikativen Problemen nannte die Beauftragte die Rekrutierung und die Infrastruktur als die beiden größten Herausforderungen für die Bundeswehr. „Beim Thema Personal habe ich keine guten Nachrichten und keine frohe Botschaft“, berichtete sie und verwies darauf, dass die deutschen Streitkräfte im vergangenen Jahr sogar geschrumpft sind, statt wie dringend nötig zu wachsen. Zwanzigtausend Stellen seien aktuell unbesetzt, sagte Högl.

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Die schlechte Infrastruktur der Bundeswehr behindere die militärische Einsatzbereitschaft und verschärfe das Personalproblem zusätzlich. Högl besuchte im vergangenen Jahr 90 Standorte und Kasernen der Bundeswehr und berichtet von teils eklatanten Mängeln in den Gebäuden, von verfallenen, baufälligen und schimmligen Kasernen. Eine Umgebung, in der verständlicherweise wenige Leute dienen wollen.

In diesem Jahr hat Deutschland zum ersten Mal seit dem Ende des Kalten Krieges sein Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung erreicht – nur dank des Sondervermögens im Wert von 100 Milliarden Euro. Da der Fonds bereits 2027 erschöpft sein wird, stellen Militärexperten zunehmend die Frage, wie es weitergehen soll – und verweisen auf enorme Fähigkeitsdefizite, die bei den deutschen Streitkräften noch bestehen.

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