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Stuttgart

Auftakt im Ballweg-Prozess: Querdenken-Gründer steht Verhandlungsmarathon bevor

Am Mittwoch beginnt der Prozessmarathon gegen Michael Ballweg, den Gründer der Querdenken-Bewegung, vor dem Stuttgarter Landgericht. Ihm wird versuchte und vollendete Steuerhinterziehung sowie versuchter Betrug in 9.450 Fällen vorgeworfen. Ballweg bezeichnet die Vorwürfe als „absurd“.

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Am Mittwoch startet der Prozess gegen den Querdenken-Gründer Michael Ballweg. Vor der Wirtschaftskammer des Stuttgarter Landgerichts muss Ballweg sich wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung sowie des versuchten Betrugs in 9450 Fällen verantworten. Dass die Staatsanwaltschaft wohl nichts unversucht lassen wird, Ballweg mit einer saftigen Strafe zu belegen, wurde schon im Vorfeld des Prozesses deutlich.

Ursprünglich wollte die Staatsanwaltschaft Ballweg auch noch wegen Geldwäsche anklagen. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben jedoch bekannt gegeben, dass der Vorwurf der Geldwäsche nicht zur Anklage zugelassen wird. Ein hinreichender Tatverdacht bestehe hier nicht. In der Folge musste die Staatsanwaltschaft diesen Anklagepunkt fallen lassen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Ballweg vor, zwischen 2020 und 2022 über eine Million Euro an Spenden und Zuwendungen für die „Querdenken“-Bewegung gesammelt zu haben. Ihm wird vorgeworfen, dass ein erheblicher Teil dieser Gelder für private Zwecke verwendet wurde, anstatt ausschließlich für die Bewegung eingesetzt zu werden.

Die Straftaten sollen sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft wie folgt zugetragen haben: Zunächst soll Michael Ballweg erhebliche Summen aus seinem Unternehmen und seinem Privatvermögen in die „Querdenken 711“-Bewegung investiert haben. Als seine finanziellen Ressourcen verbraucht waren, soll er sich an seine Anhänger gewandt und um finanzielle Unterstützung gebeten haben.

Die Staatsanwaltschaft gibt an, dass Ballweg ab Mai 2020 öffentlich Geldspenden anforderte. Daraufhin überwiesen seine Unterstützer ihm insgesamt über eine Million Euro. Auf der „Querdenken 711“-Website wurden verschiedene Zahlungsmöglichkeiten angeboten, darunter Kryptowährungen und PayPal. Dabei sei ausdrücklich darum gebeten worden, in der Überweisung den Begriff „Schenkung“, statt „Spende“ zu verwenden.

Laut Angaben der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung erhielt der „Querdenken“-Gründer finanzielle Zuwendungen von 9.450 Personen. Die Staatsanwaltschaft behauptet, Ballweg habe etwa 500.000 Euro dieser Gelder auf private Konten umgeleitet. Der Vorwurf des versuchten Betrugs basiert auf der Annahme der Staatsanwaltschaft, dass Ballweg den Spendern vorgetäuscht habe, er würde sich um die Anerkennung von „Querdenken 711“ als gemeinnützige Organisation bemühen.

Zudem wird ihm vorgeworfen, entgegen den Erwartungen der Geldgeber keine Anstrengungen unternommen zu haben, eine gemeinnützige Stiftung oder einen Verein zu gründen. Gegenüber dem SWR wirft die Staatsanwaltschaft Ballweg vor „die Zuwendenden darüber getäuscht zu haben, dass er das Geld nicht nur für ‚Querdenken 711‘, sondern in erheblichem Umfang für eigene Zwecke“ verwenden werde.

Beim Vorwurf der versuchten und vollendeten Steuerhinterziehung sind bisher nur wenige Details bekannt, da das Steuergeheimnis keine Offenlegung erlaubt. Die Verteidigung von Michael Ballweg erklärte jedoch, dass es um die nicht fristgerecht eingereichten Steuererklärungen für das Jahr 2020 seines Privatvermögens und Unternehmens geht, die im August 2022 fällig waren.

Ballweg und sein Verteidigungsteam bestreiten die Vorwürfe vehement. Sowohl der Vorwurf des versuchten Betrugs als auch der der Steuerhinterziehung würden jeglicher Grundlage entbehren. Die Steuererklärungen hätte Ballweg etwa nicht fristgerecht einreichen können, da er schon vor Ablauf der Frist in Untersuchungshaft gesessen habe.

Im Interview beim Kopp Verlag führt Ballweg aus, dass es das erste Mal in seinem Leben sei, dass er vor Gericht stehe. Zuvor habe er sich – abgesehen von Ordnungswidrigkeiten – nie etwas zu Schulden kommen lassen. Die Vorwürfe bezeichnet er als „absurd“. Ballweg steht nun ein Verhandlungsmarathon bevor. 70 Verhandlungstage sind angesetzt worden. Der Prozess wird sich damit wohl ein bis eineinhalb Jahre hinziehen.

Am 29. Juni 2022 war Michael Ballweg von der Polizei verhaftet und in Untersuchungshaft verbracht worden. Nach Angaben der Behörden habe bei Ballweg Fluchtgefahr bestanden. Insgesamt neun Monate musste Ballweg in Untersuchungshaft verbringen. Die Anwälte von Michael Ballweg hatten wiederholt die Aufhebung der Untersuchungshaft gefordert, insbesondere nachdem diese nach sechs Monaten um weitere drei Monate verlängert wurde.

Nach neun Monaten, als die Untersuchungshaft regulär erneut überprüft werden musste, stellte das Oberlandesgericht fest, dass es keinen ausreichenden Grund gab, die Haft weiter zu verlängern. Ballweg wurde daraufhin unter bestimmten Auflagen aus der Haft entlassen.

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