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Anschlag von Essen als „Partnerschaftsgewalt“? Die organisierte Verharmlosung kennt keine Grenzen mehr

Schwere Brandstiftung und versuchter Mord, 31 Verletzte, zwei davon in Lebensgefahr - doch die Tat von Shadi A. wird von Lisa Paus & Co. als „Partnerschaftsgewalt“ abgetan. Der Hintergrund des syrischen Gewalttäters soll einfach verschwiegen werden.

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Essen, Samstagabend, gegen 17:10 Uhr: In den Stadtteilen Altenessen und Stoltenberg stehen im Abstand von wenigen Minuten zwei Wohnhäuser in Brand. Kurze Zeit später steuert ein Mann mit einem Lieferwagen in zwei Geschäfte und verursacht dabei beträchtliche Schäden. Der Fahrer steigt aus, rennt bewaffnet in eins der Geschäfte. Fotos zeigen den mutmaßlichen Täter mit einer Machete, die länger ist als sein Unterarm. 

Eins der Häuser fing im Treppenhaus Feuer, sodass die Bewohner durch die Flammen in ihren Wohnungen eingesperrt wurden. Noch bevor die Feuerwehr eintraf, waren schon Anwohner mit Leitern zur Stelle und retteten Kinder selbst aus den brennenden Wohnungen. Als der Mann mit seinen Waffen in den Laden stürmte, hielten ihn einige Männer mit Schaufeln und Stangen im Schach, bis die Polizei eintraf. 

Es gibt 31 Verletzte – 17 davon schwer verletzt, zwei Kleinkinder lebensgefährlich verletzt. Nach einem Abend, der Anwohner, Rettungskräfte und mutige Helfer in Atem hielt, bleiben die Häuser unbewohnbar zurück. Familien müssen um ihre Kinder bangen und das Trauma, in der eigenen Wohnung nicht sicher zu sein und sein Hab und Gut in der Asche zu verlieren, wird noch ewig bei ihnen bleiben. 

Die erste Reaktion auf eine so grausame Tat und die Fotos des mutmaßlichen Täters in der Presse und den sozialen Medien: Terror! Doch dann Entwarnung. Der Täter tat es aus Eifersucht. Seine Frau hat ihn verlassen und lebt nun mit einem anderen. Das macht den 41-jährigen Shadi A., der nun in U-Haft sitzt und ein Ermittlungsverfahren wegen schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes am Hals hat, nicht zu einem Terroristen, sondern einfach nur zu einem ganz normalen rachsüchtigen und eifersüchtigen Mann. 

Familienministerin Lisa Paus erklärt auf X, ehemals Twitter: „Es zeichnet sich ab, dass die Anschläge in Essen ein weiterer schrecklicher Fall von Partnerschaftsgewalt sind. Wir müssen Frauen und ihre Kinder mit dem Gewalthilfegesetz besser vor Gewalt durch (Ex-)Partner schützen.“ Der Strafverteidiger von Shadi A. erklärte, es sei lediglich ein „familiärer Streit um das Umgangsrecht der Kinder“ eskaliert. Von einem politischen Motiv sei „nicht die Spur“. 

Er bezeichnet es als „reine familientragische Geschichte“ und attestiert dem Täter „wahrscheinlich eine psychische Störung“. Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, erklärt die Taten zu dem „Werk eines Mannes, welcher möglicherweise die Trennung seiner Ex-Frau nicht verkraftet hat“. „Die Taten haben sich offensichtlich gezielt gegen eine Familie gerichtet“, erklärt der Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU auf Facebook. 

Doch offensichtlich nur auf eine Familie gerichtet, mag viele Taten bezeichnen, aber schwerlich diese. Es sei denn, jedes dieser 31 Opfer ist blutsverwandt und beide Wohnhäuser und beide Läden waren ausschließlich von einer Familie bewohnt und besucht. 

Es ging um seine Ehre

Zwei Brände in zwei unterschiedlichen Stadtteilen, die ganze Wohnhäuser betroffen haben, ein Auto in Geschäfte gerammt – Shadi A. nutzte für seine „Beziehungstat“ Tatmittel, die unkontrollierbarer und zerstörerischer kaum sein könnten. Er hat mehr als nur billigend in Kauf genommen, dass seine Anschläge auch Menschen treffen würden, die absolut nichts mit seinem „Liebeskummer“ zu tun haben. 

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Das geplante Gewalthilfegesetz, das Lisa Paus im Zusammenhang mit dieser Tat als Lösung anbietet, sieht etwa einheitliche Vorgaben für die Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen vor. Als Paus im Juni das „Lagebild häusliche Gewalt“ vorstellte, betonte sie schon damals, dass es endlich ein „Gesetz zur Sicherung des Zugangs zu Schutz und Beratung bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ brauche. Den ersten Entwurf dafür hatte sie damals schon einige Wochen früher zur Diskussion gestellt. 

Doch um häusliche Gewalt geht es in Essen nicht. Auch nicht um die Finanzierung von Frauenhäusern. Die Ex-Frau von Shadi A. hat ihn vor drei Jahren verlassen und war damals mit ihren drei Kindern in ein Frauenhaus geflohen. Damals hätte ihr dieses Gesetz mittelbar weitergeholfen. Heute nicht mehr. Heute hat sie sich schon seit Jahren von ihm losgesagt und lebt inzwischen mit einem neuen Mann zusammen.

Wenn wir in unserem Land Zustände haben, die es erfordern, nach drei Jahren immer noch in einem Frauenhaus zu leben, um einem rachsüchtigen, besitzergreifenden Mann zu entkommen, dann ist es zu kurz gedacht, darauf einfach nur mit einer sichereren Finanzierung von Frauenhäusern zu antworten. Doch darum geht es doch auch ohnehin nicht. 

Man weiß nicht mal, ob die Ex-Frau von Shadi A. oder seine Kinder unter den Opfern seiner Taten sind. Das ist keine häusliche Gewalt. Das ist ein Amoklauf – oder anders gesagt: eine Jagd. Shadi A. machte Jagd auf jemanden. Seine Frau, die Menschen aus ihrem Umfeld, die sie unterstützten. Weil sie nicht bei ihm geblieben ist und er seine Kinder nicht sehen darf. Doch es war eben nicht gezielt. Seine Opfer waren nicht sorgsam ausgewählt. Er hinterließ Zerstörung, die so viele treffen sollte wie möglich. Es ging eigentlich gar nicht um seine Ex-Frau oder seine Kinder. Es ging um ihn selbst. Es ging um seine Ehre. 

Seine Ehre, von der er offenbar glaubte, sie mit Gewalt und Rache wiederherzustellen. Versuchte Ehrenmorde sind keine einfachen Beziehungstaten. Es braucht nicht nur eine Frau, die ihren Mann verlässt oder ihm die Kinder nimmt, um aus ihm einen Straftäter zu machen. Es braucht dafür einen Mann, den irgendetwas glauben lässt, er habe das Recht, seine Ehre, repräsentiert durch eine treue, hörige und unterwürfige Frau, durch Gewalt zu verteidigen oder zu rächen. Und das kommt aus einem Kulturkreis, wir erleben es seit Jahren. Ist das denn nicht politisch? 

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