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AfD vor Einstufung als „gesichert rechtsextreme“ Bestrebung – Was der Partei dann drohen könnte

Das Oberverwaltungsgericht hat die Einstufung der AfD als rechtsextremen „Verdachtsfall“ bestätigt. Doch schon lange zuvor hat der Verfassungsschutz Prüfungen eingeleitet, ob die Partei auch in Gesamtheit als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft werden kann. Für die AfD und ihre Mitglieder hätte das fatale Folgen.

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nutzte eine Rede vor zwei Tagen, um auf das Attentat auf Robert Fico aufmerksam zu machen. Da „aus Worten Taten folgen“ würden, müssten „die Parteien, die sich dem demokratischen Spektrum zugehörig fühlen“, ihre Worte sorgsam „wägen“. Zugleich warf er der AfD vor, den Boden für solche Attentate zu bereiten und erklärte mit Genugtuung, dass die Partei jetzt auch gerichtlich bestätigt, ein „gesichert rechtsextremer Verdachtsfall“ sei.

Das stimmt so jedoch nicht. Der Verfassungsschutz kann eine Partei zum „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ oder zu einer „gesichert rechtsextremen“ Bestrebung erklären. Die Kategorie eines „gesicherten Verdachtsfalls“ führt der Verfassungsschutz nicht und sie ergibt denklogisch natürlich auch keinen Sinn. Habecks Aussage fügt sich aber gewissermaßen in den Zeitgeist ein, in dem zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextremistisch nicht mehr präzise unterschieden wird.

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Die AfD zwischen „Verdachtsfall“ und „gesichert rechtsextremer“ Bestrebung

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat am Montag entschieden, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als „rechtsextremen Verdachtsfall“ führen darf und entsprechende Überwachungsmöglichkeiten nutzen kann. Zugleich könnte das OVG Münster den Weg für den Verfassungsschutz frei gemacht haben, die AfD auch als „gesichert rechtsextrem“ einzustufen.

Mehrere Landesverbände im Osten Deutschlands sowie die Jugendorganisation „Junge Alternative“ gelten den jeweiligen Verfassungsschutzämtern zufolge bereits als „gesichert rechtsextrem“. Auch ob die AfD in Gesamtheit entsprechend eingestuft werden kann, wird durch den Verfassungsschutz bereits geprüft. Für die Partei und ihre Mitglieder hätte das empfindliche Folgen. Die Überwachungsmaßnahmen, die der Verfassungsschutz bei einer „gesichert rechtsextremen“ Bestrebung ergreifen darf, sind grundsätzlich dieselben wie bei einem „Verdachtsfall“.

Dabei muss er jedoch stets die Verhältnismäßigkeit wahren. Bei einer „gesichert rechtsextremen“ Vereinigung sind die Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit jedoch deutlich schneller erfüllt. Der Verfassungsschutz darf Mitglieder innerhalb der AfD anwerben sowie eigene Beamte in die Partei einschleusen. Dass dies bereits geschehen ist, bestätigte der Verfassungsschutz erstmals im Rahmen einer Verhandlung vor dem OVG Münster.

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Das Ende der politischen Neutralitätspflicht

Bei der Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ würde auch die politische Neutralitätspflicht staatlicher Stellen gegenüber der AfD wohl wegfallen. Die AfD verklagte bereits erfolgreich Horst Seehofer und Angela Merkel wegen Äußerungen im Zusammenhang mit der Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten, da diese ihre Verpflichtung zur Neutralität verletzten. Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes müsse der Staat jedoch gegenüber Gegnern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht neutral bleiben.

Wird die AfD als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft, könnte die Regierung und andere staatliche Stellen wesentlich offensiver gegen die AfD vorgehen. Auch könnte die AfD noch größere Schwierigkeiten bekommen, Räumlichkeiten für das Abhalten von Parteitagen organisieren zu können. Nach dem Selbstverwaltungsrecht können die Kommunen prinzipiell selbst über die Nutzung öffentlicher Gebäude und Einrichtungen entscheiden. Jedoch müssen sie dabei den Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien beachten. Doch auch hierauf könnte sich die AfD dann regelmäßig nicht mehr berufen.

Noch größer dürfte der Druck nicht auf die Partei als solche, sondern auf ihre Mitglieder werden. Der Bundesverfassungsschutz darf Daten über die Mitglieder speichern und sichern. Auch die Telefonüberwachung oder das Observieren von Politikern ist möglich. Die Voraussetzungen hierfür sind bei einer „gesichert rechtsextremen“ Bestrebung wesentlich niedriger als bei einem „Verdachtsfall“.

Entfernung aus dem Staatsdienst und Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis

AfD-Mitgliedern könnte unter Umständen der Entzug ihrer waffenrechtlichen Erlaubnis bevorstehen. Voraussetzung für die waffenrechtliche Erlaubnis ist die persönliche Zuverlässigkeit. Das Verwaltungsgericht in Düsseldorf sieht diese schon nicht mehr gegeben, wenn eine Person lediglich Mitglied in einer als „Verdachtsfall“ geführten Organisation ist.

In einem anderen Fall entschied das Verwaltungsgericht Gera, dass ein Mitglied der als „gesichert rechtsextremen“ Thüringer AfD seine Waffenbesitzkarte behalten dürfe. Es argumentierte, dass die waffenrechtliche Zuverlässigkeit eine eigenständige Einzelfallprüfung sei, die nicht an Einschätzungen der Verfassungsschutzämter gebunden ist. Man kann jedoch davon ausgehen, dass mit der Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ Mitglieder der Partei häufiger die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen werden würde.

Auch beruflich haben Mitglieder der AfD Konsequenzen zu fürchten. Ihnen kann etwa die Entlassung aus dem Staatsdienst drohen. Die bloße Mitgliedschaft in einer als „gesichert extremistisch“ geltenden Partei könnte dann schon den Anfangsverdacht einer Untersuchung begründen.

Die Höherstufung würde also nicht nur die Partei als solche Treffen, sondern vor allem massiven Druck auf den Einzelnen ausüben. AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel kündigte an, dass die AfD gegen das Urteil aus Münster wohl vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in Revision gehen wolle. Dieses kann jedoch lediglich eine formelle und keine inhaltlich-materielle Kontrolle vornehmen. Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aus Münster ist die Höherstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz wohl nur noch eine Frage der Zeit.

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