Werbung:

DGE-Vorgaben

Absurde Neuerung: Ernährungsempfehlungen richten sich jetzt nach Klimafreundlichkeit

Fleischverzicht fürs Klima: laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sollen wir immer weniger tierische Produkte zu uns nehmen - gnädig spricht man uns immerhin ein Ei die Woche zu.

Werbung:

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum eigentlich jede neue Ernährungsempfehlung immer weiter vom durchschnittlichen Ernährungsverhalten der Deutschen abweicht? Schon seit Jahren reduziert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung in ihren Empfehlungen Stück für Stück den Anteil von Fleisch und anderen tierischen Produkten. In der neuen, am Dienstag vorgestellten Ernährungsempfehlung sind nur noch maximal 300 Gramm Fleisch oder Wurst pro Woche vorgesehen. Vorher waren es noch bis zu 600 Gramm. Außerdem darf man – halten Sie sich fest – noch ein Ei pro Woche essen. „Zum Beispiel in Form eines Frühstückseis“, schreibt die DGE – seltsam, dass die Organisation uns noch den Tag frei wählen lässt, an dem wir unser Wochenei verzehren – wer kann denn mit so viel Eigenverantwortung umgehen?

Zusätzlich sollen wir alle mehr Hülsenfrüchte und Nüsse essen. Die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag bleiben bestehen. Wenn Sie dann von der ganzen Rohkost sowie den Erbsen, Bohnen und Linsen einen Blähbau haben und aufgrund des durch diese Nahrungsmittel deutlich verlängerten Verdauungsprozesses länger am Tag müde sind, ist das Ihr Problem. In den Ernährungsempfehlungen der DGE wird schließlich nicht berücksichtigt, wie leistungsfähig und fit Sie sich durch die vorgegebene Ernährung fühlen, sondern lediglich, ob Sie dadurch einen von der Gesellschaft errechneten Nährstoffbedarf decken.

Werbung

Doch damit nicht genug: In den neuen Ernährungsempfehlungen der DGE wurde nun erstmalig auch ein Schwerpunkt auf die „Reduzierung der Risiken für ernährungsmitbedingte Krankheiten sowie die Minimierung von schädlichen Umwelt- und Klimaeffekten“ gesetzt. Dazu wurde ein neues mathematisches Modell zur Berechnung der empfohlenen Verzehrmengen entwickelt. „Das neue Optimierungsmodell kann gleichzeitig mehrere Dimensionen der Umwelt wie Treibhausgasemissionen und Landnutzung bei der Berechnung der Mengen zum Lebensmittelverzehr berücksichtigen“, erklärt die Ernährungswissenschaftlerin Anne Carolin Schäfer, die auch im DGE-Wissenschaftsreferat sitzt, stolz. 

Weniger Fleisch und Milch

Und oh Wunder: Unter Berücksichtigung der Umweltaspekte spukte das Programm aus, dass wir noch weniger Fleisch essen und weniger Milch trinken sollen. Denn, wir wissen ja, die bösen Kühe, von denen Milch und Fleisch kommen, pupsen so viel… Und auch die „gesundheitlichen Aspekte“ haben im Programm den empfohlenen Anteil tierischer Produkte reduziert. „Ein hoher Fleischverzehr ist mit einem höheren Risiko für die Entstehung bestimmter Krankheiten verbunden“, schreibt die DGE in ihrer aktuellen Pressemitteilung zu den neuen Empfehlungen. Vermutlich sind damit vor allem die immer wieder in der Fachwelt diskutierten Hinweise darauf gemeint, dass der Verzehr von rotem oder verarbeitetem Fleisch das Krebsrisiko erhöhe. Das hatte die Weltgesundheitsorganisation einmal behauptet – wissenschaftlicher Konsens ist das aber nicht. 

Bereits 2019 hatte eine große und detaillierte Auswertung eines renommierten internationalen Netzwerks von Ernährungsforschern, unter denen auch Wissenschaftler der angesehenen Cochrane-Institute waren, ergeben, dass der Verzehr roten und verarbeiteten Fleisches, wenn überhaupt, das Krebsrisiko nur geringfügig erhöht. Die Sterblichkeit erhöht er demnach jedoch nicht und auch Herzkrankheiten und Diabetes werden dadurch nicht gefördert. So eine differenzierte Betrachtung kann aber nicht in einem mathematischen Modell berücksichtigt werden. Man kann also davon ausgehen, dass das Programm lediglich die Informationen „Fleisch ist gesundheitsschädlich“ und „mehr Fleisch ist noch gesundheitsschädigender“ erhalten hat.  

Werbung

Klima first, Magen second

Doch nicht nur Gesundheitsrisiken lassen sich schwer wissenschaftlich korrekt in einem Modell abbilden. Auch die Grundidee der DGE, dass man ein optimales Ernährungskonzept für alle erwachsenen Menschen erstellen könnte – obwohl diese sich individuell in ihrem Körperbau und ihrem Energiebedarf enorm unterscheiden – ist ein Geburtsfehler dieser Vorschläge. Vielmehr hat jeder Mensch einen individuellen Energie- und Nährstoffbedarf, der sich abhängig vom Ernährungsverhalten auch ständig verändert. Wer einen Kilometer am Tag joggt, muss deutlich mehr essen, als jemand, der den ganzen Tag auf der Couch gesessen hat.

Dennoch beziehen sich bis heute viele Ärzte und Ernährungsberater auf die Empfehlungen der DGE. Auch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung orientiert sich an den Vorgaben der Organisation – in der im Januar von der Bundesregierung vorgestellten Ernährungsstrategie ist unter anderem vorgesehen, die DGE-Vorschriften in den Kantinen von Schulen und Kitas verpflichtend zu machen. Bisher ist die Orientierung an den Vorgaben nur in einigen Bundesländern vorgegeben. In Dienstellen des Bundes gilt sie bereits in ganz Deutschland. Aber auch viele Betriebe, Kliniken und Senioreneinrichtungen richten ihr Kantinenangebot an den Empfehlungen der DGE aus. 

Wir dürfen uns also darauf einstellen, dass in Zukunft sehr viele Kinder und Alte, Arbeitnehmer und Kranke sich nicht mehr so ernähren werden, wie es für ihr eigenes Wohlbefinden, für ihre Gesundheit und Kraft am besten wäre – sondern so, dass es auch ja nicht dem Klima schadet. Man kann nur hoffen, dass sich die Menschen das nicht gefallen lassen werden – und nach einem mageren Mittagessen in der Kantine sich abends dann ein fettes Steak gönnen. Allein jene Menschen, die wirklich unbedingt den Klimaschutz in ihrer Ernährungsweise berücksichtigen wollen, müssen bedenken: Am besten fürs Klima wäre es, wenn sie einfach gar nichts mehr essen. Für immer. Nichts ist bekanntlich schädlicher für die Umwelt als die Existenz des Menschen. Doch bei diesem Level sind wir hoffentlich noch nicht angekommen.

Werbung

Werbung