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Prüfungsbericht

„Nicht wirksam“: Bundesrechnungshof übt scharfe Kritik an Bürgergeld-Sanktionen

Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass Bürgergeld-Sanktionen weitgehend wirkungslos bleiben, weil selbst hartnäckige Pflichtverstöße kaum Konsequenzen haben.

Der Bundesrechnungshof hält die Bürgergeld-Sanktionen in der Praxis für „nicht wirksam“ (IMAGO/Rene Traut)

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Der Bundesrechnungshof hat sich mit Bürgergeldempfängern beschäftigt, die über Jahre hinweg ihre Pflichten ignorieren, Termine versäumen und dennoch staatliche Unterstützung erhalten. Das Ergebnis der Prüfung: Die vorgesehenen Strafen greifen zu wenig. Laut einem Bericht der Prüfer, der dem Haushaltsausschuss im Bundestag vorgelegt wurde und aus dem die Süddeutsche Zeitung (SZ) zitiert, seien die üblichen Sanktionen „nicht wirksam“.

Im Klartext bedeutet das: Leistungen werden weiter gezahlt, selbst wenn Betroffene nie zu Gesprächen im Jobcenter erscheinen. Für die Analyse sichteten die Rechnungsprüfer 265 zufällig ausgewählte Fälle von Personen, die in den Akten als unkooperativ vermerkt waren. Dabei stießen sie auf Bürgergeldempfänger, die offenbar noch nie ein Gespräch mit der Arbeitsvermittlung geführt hatten. Selbst wenn ihre Bezüge um 30 Prozent gekürzt wurden, änderte sich ihr Verhalten häufig nicht, so die SZ.

In einem Prüfbericht heißt es beispielsweise: „Kunde kommt grundsätzlich zu keinem Termin. Leider keine Möglichkeit, Leistungen komplett einzustellen. Sanktionen bis 30 Prozent bringen keinen Erfolg – sind dem Kunden egal.“ Ein anderes Beispiel beschreibt: „Die leistungsberechtigte Person hatte zum Zeitpunkt der Erhebungen seit knapp 15 Jahren kein Gespräch mehr im Jobcenter mit der Arbeitsvermittlung.“ Auch ein weiterer Fall zeigt das Problem: Eine Person hatte zuletzt im Januar 2016 an einem Beratungsgespräch teilgenommen. Seither legte sie bei anstehenden Terminen stets eine Krankschreibung vor – telefonisch sei sie ebenfalls nicht zu erreichen gewesen.

Manche Leistungsbezieher umgehen Sanktionen offenbar dadurch, dass sie ein Mindestmaß an Kontakt zum Jobcenter aufrechterhalten. Der Rechnungshof verweist auf einen Fall, in dem gegen eine Person zwar Sanktionen ausgesprochen wurden – diese reagierte jedoch gelegentlich, etwa mit einem Brief oder einem kurzen Erscheinen am Empfang. Infolge dessen nahm die Behörde die Maßnahmen wieder zurück. Das Jobcenter selbst resümierte: „Eine Einstellung der Leistungen wegen fehlender Erreichbarkeit ist somit insgesamt nicht möglich.“

Vor dem Hintergrund milliardenschwerer Lücken in der mittelfristigen Finanzplanung plant die Bundesregierung bereits im Herbst eine grundlegende Neuordnung des Sozialstaats. Im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, das Bürgergeld in eine „neue Grundsicherung für Arbeitssuchende“ zu überführen. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) kündigte an, im Oktober einen Gesetzentwurf vorzulegen. Dass die Maßnahmen weitgehend genug sein werden, wird jedoch vielfach bezweifelt.

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13 Kommentare

  • Bald ist es vorbei mit der Kritik, wenn die SPD Frau die Vorsituende des Bund3srechnungshofs wird.

    • absolut !!

  • „Der Bundesrechnungshof kritisiert…“
    Wie oft hat der Bundesrechnungshof schon etwas (zu Recht!) kritisiert? Aber es blieb doch immer ohne Konsequenzen. Da könnte man ihn eigentlich doch abschaffen? Kostet nur Steuerzahlergeld ohne Wirkung.

    • Dann müsste man dem Rechnungshof neue Rechte verschaffen, Anweisungen oder gar Strafen aussprechen darf er nicht.
      Über die nötigen Gesetze entscheidet Wer … ?

      Und abschaffen …? So ganz ohne Feigenblatt …?

      Jaaanäääähhhh … DAS würde ja selbst Michel merken 😮

      • Wenn du eine Ladung zum Gericht bekommst, aber nicht erscheinst und eine Strafe bekommst, weil der Brief auf dem normalen Postwege verloren ging, wie fändest du das?

        Mit Arbeitslosen macht man das aber so, denn Jobcenter versenden Ladungen nicht via Einschreiben, wer nichts kriegt hat dann Pech.
        Menschen 2. Klasse?

        -15
  • Wenn die Linken vorbringen, dass es ja nur sehr wenige Totalverweigerer gebe, dann muss man sich das vor Augen führen, wie schwer es Jobcenter Mitarbeitern gemacht wird, jemanden zum Totalverweigerer zu deklarieren.

  • Bundesrechnungshof und Hinterhof einer Mietskaserne sind gleichermaßen wirkungsvoll.

  • Alles was die CDU anleiert ist nicht wirksam, das freut die SPD.
    Zum Glück muss man sich keine „Koalitionsgespräche“ anhören – eine Übelkeit weniger.

  • Und wieder bestimmen Gerichte die Politik! Wir können uns das gesamte Politbüro sparen und fragen gleich Behörden oder Richter!

  • alles Einzelfälle … die uns Steuerzahler auf der Nase herumtanzen, während der Familienclan im 500er-Benz um die Ecke parkt ….

  • Eine rein rechtliche Sache.
    Sofern das Jobcenter die „Einladung“ (sanktionsbewehrter Verwaltungsakt) nicht ordnungsgem. zustellt und der Sanktionierte klagt, wird das in aller Regel vom Sozialgericht gekippt, sofern das Jobcenter keinen Nachweis erbringen kann.

    Sinn und Zweck dieser Übung ist Vorbeugung gegen Willkür. Meiner Ansicht nach sollte es kein Problem sein den gesetzlichen Vorgaben, nämlich rechtssichere Zustellung von Verwaltungsakten, nachzukommen. Würde auch die Sozialgerichte enorm entlasten, so wie die tatsächliche Spreu vom Weizen trennen.

    Betone, Verwaltungsakte müssen rechtssicher zugestellt werden. So sagt es das deutsche Gesetz. Jobcenter müssen sich nur daran halten!!!!

    -10
    • Leute, Leute, klar Blaue Hetzer ist wohl hier um zu hetzen aber, wenn er/sie halt damit recht hat, dann muss man auch keinen Daumen runter geben, denke ich.
      „Sofern das Jobcenter die „Einladung“ (sanktionsbewehrter Verwaltungsakt) nicht ordnungsgem. zustellt und der Sanktionierte klagt, wird das in aller Regel vom Sozialgericht gekippt, sofern das Jobcenter keinen Nachweis erbringen kann.“
      Wenn dem so ist, dann ist doch offensichtlich, dass unser Staat gar kein Interesse daran hat Sozialschmarotzern das Geschäft zu beenden. Ich denke, das wir auch durch die Eindrücke des Beitrags offensichtlich und wenn nicht, dann sollte man schon noch eigeständig erkennen können, dass der Staat alles asoziale fördert und vom sozialen fordert, 1 zu 1.

      • mit fakten und tatsachen kann leider nicht jeder etwas anfangen…

        und zu deiner fehlinterpretation. viele die es betrifft wehren sich nicht. da steckt system dahinter, um menschen negativ darzustellen und sanktionen zu generieren.

        wie gesagt, die gesetzeslage ist eindeutig. die jobcenter halten sich nicht daran. offensichtlich für einige kein problem. auch die unnötig verursachten kosten, die unterm strich der steuerzahler tragen muss, denn auch sozialgerichte, anwählte, beratungsstellen, etc. leben nicht von luft. liebe und menschlichkeit alleine.

        -1

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