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Taliban-Tweet

20.000 Euro Anwaltskosten – so viel zahlte das Entwicklungsministerium für Verfahren gegen Julian Reichelt

Das Entwicklungsministerium versuchte Julian Reichelt auf dem Gerichtsweg Kritik an ihrer Politik zu verbieten und verlor. Wie jetzt bekannt wird, kosteten die Verfahren den Steuerzahler mindestens 20.000 Euro.

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20.000 Euro – so viel kostete den Steuerzahler das Verfahren, dass Entwicklungsministerin Svenja Schulze gegen den Journalisten und Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt verloren hat. Der Tagesspiegel erfuhr auf Anfrage, dass Schulze extra den Berliner Medienanwalt Christian Schertz beauftragte, um ihren vermeintlichen Anspruch gegen Reichelt durchzusetzen – ihm also Kritik an ihrer Politik und der Bundesregierung zu verbieten. 

Reichelt hatte im August letzten Jahres einen Beitrag bei X (vormals Twitter) gepostet, in dem er schrieb, dass Deutschland „in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!)“ bezahlt habe. Darunter verlinkte er auf einen Beitrag, der auf Reichelts Plattform Nius veröffentlicht wurde und Details über die Entwicklungshilfe-Gelder enthielt, die Deutschland an Afghanistan zahlt. 

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Schulze reichte daraufhin eine Unterlassungsklage wegen einer angeblichen „falschen Tatsachenbehauptung“ ein – die dann vom Landgericht zurückgewiesen wurde. Das Gericht sah Reichelts Äußerung als „überspitzte Kritik“ und als eine zulässige Meinungsäußerung an. Doch das wollte unsere Entwicklungshilfeministerin nicht auf sich sitzen lassen und legte Beschwerde gegen den Beschluss ein. 

Das Kammergericht gab dieser Beschwerde mit der Begründung statt, dass der durchschnittliche Leser die Aussage als Tatsachenbehauptung verstehen würde – er würde denken, dass die Bundesregierung die Zahlungen direkt an den derzeitigen Machthabe in Afghanistan, also die Taliban, leisten würde. Doch das stimme nicht, denn das Geld gehe laut Entwicklungsministerium nur „regierungsfern“ an zivile Organisationen.  

Reichelt zog daraufhin vor das Bundesverfassungsgericht – und bekam Recht. Das Verfassungsgericht hielt die Argumentation des Kammergerichts für abwegig. Reichelts Worte müssten im Kontext des verlinkten Beitrags betrachtet werden. Zudem habe das Gericht fälschlich ausgeschlossen, dass Reichelt „die Gefahr eines mittelbaren Zugutekommens von Zahlungen an die Machthaber in Afghanistan thematisiert“ hatte. 

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Das Verfassungsgericht beschied, das mit dem Urteil des Kammergerichts Reichelts Recht auf Meinungsfreiheit verletzt sei. Und stellte klar: „Die Zulässigkeit von Kritik am System ist Teil des Grundrechtestaats“. Nach diesem vernichtenden Urteil erklärte das Entwicklungsministerium gegenüber dem Tagesspiegel nun auch das zweite Verfahren gegen Reichelt, eine Feststellungsklage vor dem Landgericht Hamburg, fallen zu lassen. 

Die Anwaltskosten für beide Verfahren belaufen sich auf 20.000 Euro – doch das ist nicht der Gesamtbetrag, den der Steuerzahler für den Versuch der Regierung bezahlen muss, unliebsame Kritiker mundtot zu machen. Denn zu diesem Betrag kommen noch Gerichtskosten und anteilige Kosten für Reichelts Anwalt, Joachim Steinhöfel, hinzu, die das Ministerium tragen muss. 

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