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Dystopie Roman

Weil politisch unkorrekt: Nach 75 Jahren bekommt „1984“ jetzt Triggerwarnungen

Zum 75. Jubiläum von Orwells „1984“ erscheint eine neue Ausgabe mit Triggerwarnung. In dieser wird vermeintlicher Frauenhass, das Fehlen von schwarzen Figuren und die fehlende Einbeziehung von Rasse und Ethnizität kritisiert.

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George Orwells dystopischer Roman „1984“ wird in einer Neuausgabe in den USA mit einer Triggerwarnung versehen.

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Zum 75. Jubiläum von George Orwells dystopischem Roman „1984“ ist eine neue Ausgabe erschienen – versehen mit einer Triggerwarnung. In dem Vorwort erklärt die Autorin und Literaturdozentin Dolen Perkins-Valdez, dass in dem Roman „überhaupt keine schwarzen Charaktere“ vorkämen. Eine „zeitgenössische Leserin“ wie sie selbst bringe das ins Stutzen, schreibt sie weiter. Zudem äußert sie, es sei schwierig, „einen kleinen Funken Verbindung“ zu einem Buch herzustellen, das „nicht viel über Rasse und Ethnizität spricht“.

Die Jubiläumsausgabe wurde vom Nachlass des Autors genehmigt. Kritik daran bleibt nicht aus, gerade mit Blick auf den thematischen Kern dieses Buches. In der Sendung America This Week, Live vom 2. Juni thematisierte der Schriftsteller Walter Kirn gemeinsam mit seinem Co-Moderator Matt Taibbi das Paradoxon dieser Einleitung.

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So sei die neue Ausgabe „mit einer Entschuldigung für sich selbst veröffentlicht“ worden. Er zitierte dabei auch Passagen aus dem Vorwort: Perkins-Valdez schreibt, dass sie den Roman „so, wie er ist“, genieße – „nicht als Klassiker, sondern als gute Geschichte. Zumindest bis sich Winston (Hauptfigur des Romans) als problematische Figur entpuppt.“

Weiter erklärt Perkins-Valdez, dass die Hauptfigur Winston „fast keine Frauen“ mögen würde – „besonders nicht die jungen und hübschen“. Die Ansichten des Hauptcharakters über Frauen seien „für den zeitgenössischen Leser zunächst verachtenswert“. Er sei „die Art von Charakter, die mich dazu bringen kann, ein Buch wegzulegen“, argumentiert Perkins-Valdez weiter.

Kirn kommentiert ironisch: „Wir bringen jemanden dazu, George Orwell wegen Gedankenverbrechen zu verurteilen, und zwar in dem Buch, das er über Gedankenverbrechen geschrieben hat.“ Er schloss seinen Beitrag mit den Worten: „Also, danke für Ihre Warnung vor ‚1984‘. Es ist das verdammt ‚1984‘-mäßigste, was ich je gelesen habe.“

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124 Kommentare

  • In ein paar Jahren steht dann als Vorwort:
    „Dieses Buch hat nie existiert“.

    216
  • Zum Glück habe ich das Buch bereits ohne Triggerwarnung gelesen. Es ist frappierend, wie viele Paralellen zur heutigen Politik bestehen.

    95
  • Vielleicht ein geschickter Schachzug des Verlags, um auf die brennende Aktualität des Buches hinzuweisen?

    92
  • Es ist so entlarvend, was diese zeitgeistgestörte Klientel veranstaltet. In der Schule hätte man eine Themaverfehlung kassiert, wenn man „1984“ wegen Frauenhass und Rassismus anprangert.
    Immerhin soll der Text nicht verändert werden, im Gegensatz zu manchen Kinderbüchern (Jim Knopf, Räuber Hotzenplotz, Pippi Langstrumpf), bei denen man de facto eine Art Urkundenfälschung vornimmt anstelle von Fußnoten.

    102
  • Gerade weil es Politisch korrekt ist, zeigt es doch deutlich das einer dystopischen Utopie, sehr schnell Realität werden kann.

  • Er hatte tatsächlich mit Allem Recht, neben „1984“ auch mit der „Farm der Tiere“, er hat tatsächlich verstanden, wie sich die Leute und die Gesellschaft die nächsten Jahrzehnte entwickeln werden, das ist gleichzeitig faszinierend und erschütternd.

    23
  • Im Buch heisst es, Winston hasst die jungen hübschen Frauen, weil sie besonders eifrig für „die Partei“ arbeiten. Winston ist einsam und „hasst“ die neue Kollegin Julia, weil sie ihm insgeheim gefällt, aber in „1984“ ist jede Form von Freundschaft oder Beziehung verboten.

    Doch es stellt sich heraus, dass er Julia auch gefällt. Sie die Mutige, die sich ihm – entgegen aller Verbote – heimlich annähert, um eine heimliche Liebschaft zu beginnen. In der die beiden auch beginnen, ihre kritischen Gedanken zum System auszutauschen und sich gegenseitig aus einem verbotenen Buch vorzulesen.
    Was der Literaturdozentin wohl daran nicht gefallen hat? (Ironie off)

    64
  • Oh, ein Vergleich zwischen Orwells „1984“ und Huxleys „Schöne neue Welt“ war einst Thema meiner Facharbeit (damals während des noch neunjährigen Gymnasiums).
    Muss ich mich jetzt im Nachhinein „durchgetriggert“ fühlen?

  • Ich bestell mir eins,
    als Wertanlage für später, wenn es wieder normal wird.

  • Das ist ja fast so, als ob es Batman wirklich gibt.

  • Ich habe die Originalausgabe im Regal stehen und dort wird sie auch weiter stehen.

  • Es ist auch eine Frage der Intelligenz: die woke Dame hat überhaupt nicht verstanden, worum es in dem Buch geht.

    149
  • Bei diesem Buch sollte im Vorspann stehen: „Achtung, dieses Buch ist nur für intelligente Menschen geeignet“. Es ist ein großartiger Roman.

  • Bleibt uns diesmal wenigstens das Vorwort von R. Habeck erspart?

    25
  • ich freue mich über solche Warnungen. Sie sind ein Qualitätsmerkmal und weisen auf lesens-/sehens-/hörenswertes hin.

  • Als ich die Überschrift gelesen habe, hat mein Hirn sofort zu rattern angefangen, wo in diesem Buch bitte Rassismus stecken soll. Als ich dann gelesen habe „In dem Vorwort erklärt die Autorin und Literaturdozentin Dolen Perkins-Valdez, dass in dem Roman überhaupt keine schwarzen Charaktere vorkämen“ musste ich laut lachen. Die Herleitung, dass das Buch Frauenfeindlich sei, ist natürlich auch von hinten durch die Brust ins Auge.

    83
  • Die Triggerwarnung in der neuen 1984-Ausgabe wirkt wie ein schlechter Witz – oder wie ein Zitat aus dem Buch selbst. Dolen Perkins-Valdez kritisiert, dass keine schwarzen Figuren vorkommen und Winston problematische Ansichten über Frauen habe. Doch Orwell schrieb kein Diversity-Manifest, sondern eine Warnung vor totalitärer Gleichschaltung. Gerade dass in 1984 Individualität ausgelöscht wird, macht die Geschichte so erschreckend. Wenn man Winston für seine Gedanken verurteilt, verkennt man, dass er Produkt eines unterdrückten Systems ist – nicht dessen Held. Ironischerweise kritisiert man heute ein Buch über Gedankenverbrechen mit moralischen Maßstäben, die selbst an Gedanken ansetzen. Walter Kirns ironischer Kommentar trifft ins Schwarze: Orwell wird in 1984 für Gedankenverbrechen verurteilt – das ist fast schon orwellianisch. Literatur soll nicht nur gefallen, sondern auch stören. Wer das nicht aushält, sollte vielleicht lieber Winnie Puuh lesen.

    9
  • Es ist wieder typisch! Anstatt sich mit dem Inhalt zu befassen, der eine geballte Ladung wahr gewordene Dystopie enthält, stört sich eine Literaturprofessorin nur daran, dass zu wenige Frauen und zu wenige People of color im Roman mitwirken.
    Wie weltfremd kann man sein?

    Als das Buch entstand, war man eben noch nicht so woke wie heute.
    Im Übrigen spielt es keine Rolle, ob im Buch Frauen und Schwarze fehlen, denn alle Menschen sind von den Auswirkungen betroffen.

    Inzwischen ist so vieles, was damals als abschreckende Dystopie galt, wahr geworden oder kurz davor, dass wir uns lieber damit befassen sollten, das schlimmste zu verhindern.

    29
  • Geht eigentlich gar nicht, das ist kulturelles Erbe, das ist so, als wollte man den Unsinn der Gegenwart in die Vergangenheit exportieren. Wenn das jeder macht, erschießen die vielleicht auch meine Eltern oder Großeltern vor meiner Geburt, dann bin ich ja auch weg. Bei Einstein heißt das Zeitparadoxon, also paradox müsste man es nennen dürfen, falls Einstein noch erlaubt ist. Aber wenn man Einstein verbieten wollte, begibt man sich doch in „feine“ Gesellschaft, das war ja tatsächlich schon einmal auf der Tagesordnung.

  • Ein schönes Zeitzeugnis des Irrlichterns unserer Gesellschaft!

  • Dass Bücher ein Produkt ihrer Zeit sind, dafür brauche ich keine Erklärungen. Diese Art des Umgangs mit vergangenen Erzeugnissen erinnert mich irgendwie an Maos Kulturkampf.

  • Mit welcher Art von Handschuhen soll ich nun das Buch anfassen? Was muß ich an Abbitte leisten wenn ich die ersten 49 Seiten gelesen habe? Wann kommen die großen Dichter und Denker dran, Goethe, Schiller, Kant usw.? Was für ein Irrsinn, allerorten!

  • wenn ich solche Vorworte, Warnungen etc lese, dann kaufe ich es mir erst Recht,

  • So machen die Narren, noch fleißig Werbung für dieses Buch. Viele die es bisher nicht kannten, werden neugierig. So hat diese Warnung auch was positives. Eine Warnung, daß macht neugierig und verbotenes hat besonders Spass gemacht zu lesen oder zu hören. Wie einst das Westfernsehen, Schallplatten oder Karl May Bücher.

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