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Bremen

Zu wenig wissenschaftliche Daten: Hausärzteverband empfiehlt Corona-Impfung „nach Bauchgefühl“

Der Vorsitzende des Hausärzteverbands Bremen, Holger Schelp, rechnet mit der neuen Impfkampagne ab. "Peinlich" findet er den Mangel an Daten. Ärzte wüssten im Ernst nicht, was sie ihren Patienten empfehlen sollten. Ohnehin meint er: „Wir erwarten aber nicht, dass sich noch einmal viele Leute gegen Corona impfen lassen möchten.“

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Die Bundesregierung rührt wieder die Werbetrommel – für den neuen Corona-Impfstoff von BionTech. So sprach sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und das Robert-Koch-Institut (RKI) dafür aus, dass sich Personen ab 60 Jahren und sogenannte Risikogruppen gegen das Covid-19-Virus mit der angepassten Biontech-Impfung erneut impfen lassen. Jetzt hat sich der Hausärzteverband aus Bremen in die Debatte eingeschaltet. Und überrascht mit seiner Empfehlung.

Denn die Empfehlung des Verbandes ist gar keine Empfehlung. Im Interview bei buten un binnen für die ARD sagte der Vorsitzende des Hausärzteverbands Bremen, Holger Schelp: Die offizielle Empfehlung der Stiko lautet, dass sich alle damit impfen lassen sollen, die 60 Jahre oder älter sind, oder zu einer Risikogruppe zählen. Vorausgesetzt, sie hatten ein Jahr lang keine Corona-Impfung und keine Corona-Infektion. Es geht um dieselbe Gruppe wie bei der Grippe-Impfung: um die Älteren und um diejenigen, die einen fieberhaften Krankheitsverlauf vielleicht nicht gut überstehen würden.“

„Für eine groß angelegte Impfung ein bisschen peinlich.“

Das ist der offizielle Teil, der erwartbare Teil, aber Schelp fährt fort: „Die Evidenz dafür, dass man dieser Empfehlung folgen sollte, ist nicht besonders groß. Sie fußt auf kleinen Zahlen. Wir Ärzte wissen nicht, wie viele Leute wir impfen müssten, um eine Infektion zu verhindern. Und: Wie viele Menschen müssen wir impfen, um einen tödlichen Verlauf zu verhindern? Auch diese Quote ist nicht bekannt. Ich finde: Das ist für eine groß angelegte Impfung ein bisschen peinlich.“

Heftige Kritik also an Karl Lauterbach, der sich wieder für die Impfung ausspricht. Schelps Urteil: Die Evidenz zu klein, essenzielle Daten nicht erfasst – alles total unklar und unvorbereitet. Kann man da überhaupt noch eine Empfehlung aussprechen?

Nein, meint Schelp. Er sagt in der ARD: „Die meisten Kollegen sagen ihren Patienten daher, wie die offizielle Version lautet, und fügen ehrlicherweise inoffiziell hinzu, dass es kein gesichertes Wissen dazu gibt, ob sie sich wirklich impfen lassen sollten. Die Patienten sollten daher ihrem Bauchgefühl vertrauen. Wir wollen auch niemanden impfen, der sich möglicherweise dazu gezwungen fühlt. Wir wollen, dass derjenige sagt: Ja, ich brauche das. Oder, dass er mit gutem Gewissen sagt: Nee, ich lasse mich jetzt nicht impfen, weil ich skeptisch bin.“

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Das Bauchgefühl als Indikator. Schelp sieht aber ohnehin nicht die Begeisterung für ein erneutes Impfen in der Bevölkerung: „Der Ansturm wird nicht groß werden. Es ist allen bewusst, dass man sich impfen lassen kann. Viele derjenigen, die sich wirklich dafür interessieren, haben sich bereits schlaugemacht, um zu klären, wie das abläuft. Wir erwarten aber nicht, dass sich noch einmal viele Leute gegen Corona impfen lassen möchten. Das Interesse ist so gering, dass viele Praxen den Impfstoff gar nicht bestellt haben“.

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