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Zeitenwende à la Suisse

Verstärkte Nato-Kooperation: Wie die Schweiz ihr Militär jetzt rigoros aufrüstet

Die Schweiz verändert ihre Rüstungs- und Sicherheitspolitik und begründet das mit dem  Krieg gegen die Ukraine. Bern rüstet auf - und öffnet sich gegenüber EU und NATO. 

Bildquelle: Elbesy via Wikimedia Commons (CC B.Y. 3.0)

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„Wir werden uns wieder auf die Verteidigung ausrichten“, erklärt der oberste Soldat der Schweiz. Korpskommandant Thomas Süssli und die schweizer Armee. Wörter, die man so lange nicht mehr gehört hat. „Die Verteidigungsfähigkeit stärken – Zielbild und Strategie für den Aufwuchs“ ist der Titel des Berichtes, den Süssli an diesem Tag vorstellt. Es ist der erste richtige Armeebericht seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine.

Am 7. September 2022 hatte die Schweizer Regierung einen Zusatzbericht verabschiedet, der anhand der Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine zum Schluss komme, dass die Modernisierung der Fähigkeiten für die Verteidigung vorangetrieben und die Sicherheitspolitik konsequenter auf die internationale Zusammenarbeit ausgerichtet werden solle. Zusammen mit dem neuen Bericht würde das die Richtung in die Zukunft vorgeben, schreibt die Armee. Der Angriff Russlands sei eine eigentliche Zäsur, sagte Armee-Chef Thomas Süssli vor den Medien. Diese Rückkehr zur Machtpolitik führe zu vermehrtem Aufrüsten in Europa. „Die weltweite Situation und auch die Lage in Europa könnten sich in den nächsten zehn bis 15 Jahren positiv oder negativ entwickeln. Wir müssen uns auf die schlimmsten Ereignisse vorbereiten, wie es Teile unserer Verteidigungsstrategie machen“, heißt es aus der Armee. Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist wieder eine geopolitische Realität geworden. 

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Höheres Budget und NATO-Training

Die Schweizer ziehen daraus eine Konsequenz: „Wir werden uns wieder auf die Verteidigung ausrichten“. Aber die Streitkräfte benötigten Jahre, um sich personell, materiell und technologisch nach- und aufzurüsten, so die Armee. Dies umfasse zunächst Investitionen von rund 13 Milliarden Franken bis in die 2030er-Jahre. Außerdem plant die Regierung in Bern, das Budget der Schweizer Armee nach NATO-Vorbild ans Bruttoinlandprodukt zu binden. Ein Prozent der Wirtschaftsleistung will die Schweiz künftig verbindlich ins Militär stecken. Doch der geplante Steile Anstieg des Verteidigungsbudets wird nicht problemlos von Statten gehen. Ein solches Wachstum sei unter den Regeln der Schuldenbremse nur möglich, wenn Bern rabiates Sparpaket schnürt oder die Steuern erhöht. Beides dürfte politisch unbeliebt sein. Aktuell ist die Schweizer Armee aber in einem schlechten Zustand. So sei die Armee heute nur noch in der Lage, die Ostschweiz militärisch zu verteidigen, rechnete der Sicherheitspolitiker Josef Dittli vor. Mit der Rückkehr der militärischen Machtpolitik ist auch eine alte Erkenntnis zurück: Neutrale Nationen stehen immer alleine. Deswegen will das Alpenland jetzt den Abrüstungstrend der letzten Jahre umdrehen: Von einer „Zeitenwende à la Suisse“ schreibt der öffentlich-rechtliche Sender SRF

Diese „Zeitenwende“ kommt zwar ohne Sondervermögen aus, bringt aber trotzdem eine Menge Veränderungen mit sich. Eine Verstärkung der internationalen Kooperation mit der Nato, der EU und den Nachbarstaaten soll es der Armee ermöglichen, von Erfahrungen und Standards anderer Streitkräfte mehr als bislang zu profitieren, die eigene Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen und einen Beitrag zur Sicherheit in Europa zu leisten. Davon soll insbesondere bei Ausbildung, Übungen und Beschaffungen mehr Gebrauch gemacht werden. Für die historisch neutrale Schweiz ist so ein Schritt immer auch ein Tabubruch.

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