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Faeser bei Islamkonferenz

Wo Kampf gegen Antisemitismus lästiges Pflichtprogramm und rechte Muslimfeindlichkeit das Leidenschaftsthema ist

Innenministerin Faeser erklärt auf der diesjährigen Islamkonferenz erneut Rechtsextremismus zu einem der größten Probleme in Deutschland. Muslime hätten hingegen "tagtäglich" mit Vorurteilen und Ressentiments zu kämpfen – für sowas gibt es breiten Applaus, nicht aber für ihre Kritik am Taliban-Auftritt in Köln.

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Einmal im Jahr findet die Deutsche Islamkonferenz statt. Die Veranstaltung stand in diesem Jahr unter dem Motto „Sozialer Frieden und demokratischer Zusammenhalt: Bekämpfung von Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung“. Innenministerin Nancy Faeser lud Interessierte und Vertreter verschiedener Islamverbände ins Schloss Charlottenburg ein.

Ex-Bundepräsident Christian Wulff, der vor Jahren mit den Worten „Der Islam gehört zu Deutschland“ für viel Aufregung sorgte, war ebenfalls vor Ort. Wulff ist zudem Kuratoriumsvorsitzender des Islamkollegs Deutschland. Sichtlich erfreut war Faeser darüber, dass bei dieser Organisation „erstmals in der Geschichte unseres Landes“ angehende Imame sich „auf Deutsch“ ausbilden lassen konnten. Die Ausbildung beruhe dabei „auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“, wie Faeser noch einmal explizit betont.

Inhaltlich geht Faeser zunächst auf den innermuslimischen Antisemitismus und dann auf Muslimfeindlichkeit ein. Während ersteres wie ein Pflichtprogramm wirkt, wird sie im zweiten Teil besonders leidenschaftlich.

So erklärt Faeser zu Beginn, die Terrorattacken der Hamas kennen „kein Aber“ erklärt Faeser. Ein solches Zeichen erhoffe sie sich heute auch auf der Deutschen Islamkonferenz. Statt eines „Abers“ gebe es aber ein „Und“. Auch Palästinenser würden an dem Terror der Hamas „leiden“.

Doch so betroffen der Konflikt den einzelnen mache, der Konflikt dürfe nicht „auf deutschen Straßen ausgetragen werden“. Schließlich sei Deutschland nicht nur ein „Einwanderungsland“, sondern auch ein Land in dem Menschen „Schutz vor Konflikten und Kriegen“ suchen würden. Hierzulande würde man „keine Propaganda“ und „keine Aufrufe“ zu Hass zulassen, meint sie. Und doch geschieht dieser Appell vor dem Hintergrund, dass es genau das in den letzten Wochen auf deutschen Straßen gab.

Faeser „erschüttert“, „beschämt“ und „bestürzt“

Es „erschüttert“ und „beschämt“ sie, wenn jüdische Eltern Angst hätten, ihre Kinder auf die Schulen zu schicken. Zudem „bestürzt“ es Faeser, dass ein Funktionär der Taliban-Regierung in einer Kölner-DITIB-Moschee aufgetreten ist. Die Erklärung und Distanzierung der DITIB und der örtlichen Gemeinde hätte sie „zur Kenntnis genommen“. „Dennoch“, frage sie, „sehr klar“ wie man garantiere, dass so etwas künftig nicht mehr vorkomme.

Nach den Ausführungen hierzu gibt es keine Reaktion aus dem Publikum. Großen Applaus erhallt jedoch, nachdem Faeser zum Holocaust erklärt: „Es waren Deutsche, die diese Maschinerie der Menschenvernichtung geschaffen haben“ und dass die Existenz jüdischen Lebens nie mehr gefährdet werden dürfe. Verhaltenen Applaus gibt es lediglich, als Faeser erklärt, dass auch islamische Verbände sich gegen Hass und den Terrorismus der Hamas auszusprechen. „Und zwar gleichlautend, egal ob auf Deutsch, Türkisch oder Arabisch kommuniziert wird“.

Muslime „tief verwurzelt“ in der deutschen Demokratie

Nun geht Faeser auf angeblich rechtsmotivierte Islamfeindlichkeit ein. „Auf keinen Fall dürfen Muslime in Deutschland für islamistischen Terrorismus in Haftung genommen werden“. Schließlich seien die meisten Muslime „tief verwurzelt“ in der deutschen Demokratie und von den Gräueltaten der Hamas „ebenso schockiert“.

Auch wenn israelfeindliche Ressentiments unter „Muslimen in Deutschland deutlich verbreiteter“ sein, müsse jedoch klar sein: „Antisemitismus kann nicht mit Muslimfeindlichkeit bekämpft werden“, so die Innenministerin. Man dürfe denen „keinen Raum geben“, die Muslime „zur Ursache allen Übels erklären“. Faeser weiter: „Wer jetzt Stimmung gegen Muslime macht unter dem Vorwand der Bekämpfung von Antisemitismus, der will uns spalten und nicht einen“.

Das Wohl der Jüdinnen und Juden hätten diese Menschen nicht im Sinn. Fest stehe aus Sicht der Innenministerin jedoch: Ob jüdisch, muslimisch, christlich oder atheistisch, wir haben hier alle unsere gemeinsame Heimat“. An dieser Stelle gibt es vom Publikum den kräftigsten Applaus.

Rechtsextremismus eine der größten Gefahren

In dieser gemeinsamen Heimat hätten viele Menschen jedoch auch eine „gemeinsame Erfahrung mit Ablehnung“ gemacht. Weiter führt Faeser aus: „Hier lebende Muslime wissen, wie es sich anfühlt ausgegrenzt zu werden. Was es bedeutet, wenn man sich aus Angst vor Angriffen nicht sicher fühlt“.

„Muslime in Deutschland stoßen tagtäglich auf Ressentiments und negative Zuschreibungen. Jeder zweite in Deutschland stimmt Muslimfeindlichkeit zu“, erklärt Faeser. Außerdem gebe es „noch viel mehr muslimische Übergriffe, als die offiziellen Zahlen sagen“. Deswegen wolle man die „Möglichkeiten zur Dokumentation“ sowie Beratungs- und Meldestellen weiter ausbauen.

„In den Medien, in den politischen Debatten und in der Kneipe wird immer noch mehr über Muslime als mit ihnen geredet“. Dort würde zudem eher „Vorurteile“ dominieren die „Distanz erzeugen“ statt „Verständnis und Vertrauen“.

„Rechtsextremismus – und dabei bleibe ich – ist nach wie vor eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie, für uns alle. Wir müssen sein Bedrohungspotenzial sehr ernst nehmen. Wir brauchen dagegen breite Allianzen. Gegen antidemokratisches und völkisches Gedankengut müssen wir uns gemeinsam wehren“, so Faeser gegen Ende ihrer Rede

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