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Neue Anschuldigungen

Wirecard-Krimi: Unterstützte die deutsche Staatsanwaltschaft Marsalek und seinen Fluchthelfer?

Die deutsche Staatsanwaltschaft kooperierte möglicherweise mit dem Fluchthelfer von Wirecard-Manager Jan Marsalek. Die Behörde versprach dem Fluchthelfer, „für alles eine Lösung“ zu finden. Damit half die Justiz vielleicht auch Marsalek, der für zahlreiche Geheimdienste aktiv gewesen sein könnte.

Die deutsche Justiz kniff bei der Flucht von Jan Marsalek und dessen Hilfsleuten möglicherweise ein Auge zu. Der Fluchthelfer des skandalösen Wirecard-Managers reiste 2021 nach Dubai aus – worin deutsche Behörden einen „sicheren Hafen“ sahen. Zuvor war der Fluchthelfer, Martin Weiss, im Frühjahr 2021 von der Polizei in Österreich wegen Fluchthilfe festgenommen worden.

Weiss, ehemaliger Mitarbeiter des österreichischen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), durfte aber nach Dubai ausreisen, weil er versicherte, für Vernehmungen bereitzustehen. Seitdem kooperiert er aber nicht mehr mit den Ermittlern, in Dubai ist Weiss somit immun gegen die rechtliche Verfolgung aus Österreich.

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Der Standard berichtet jetzt, dass die Münchner Staatsanwaltschaft, die gegen Wirecard Klage erhob, Weiss Unterstützung anbot – trotz dessen Vorgeschichte. In einer Einvernahme im April 2022 sollen die Staatsanwälte Dubai als „sicheren Hafen“ für Weiss betitelt haben. Das zumindest geht aus den Protokollen der Sitzung hervor. Die Beamten sollen dem Fluchthelfer sogar angeboten haben, „für alles eine Lösung“ zu finden.

Verfahren eingestellt – Staatsanwaltschaft unternimmt nichts

Wenige Wochen später stellte die Staatsanwaltschaft das Fluchthilfe-Verfahren gegen Weiss ein. In der Begründung, die dem Profil vorliegt, verweist die Behörde auf einen mangelnden Tatverdacht – doch gleichzeitig lief in Österreich bereits die Fahndung nach Weiss. Eine Absprache zwischen den Ermittlern gab es nicht, obwohl die Einstellung des Verfahrens in Deutschland zur Folge hat, dass sie in keinem anderen EU-Land fortgesetzt werden darf.

Die Einstellung des Verfahrens gegen Weiss wurde auch möglich, weil die deutsche Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen Marsalek hinauszögerte, meint der BSW-Politiker Fabio De Masi, der Mitglied des Wirecard-Untersuchungsausschusses im Bundestag war, auf X. Demnach habe die Behörde bereits am 16. Juni 2020 – neun Tage vor der angemeldeten Insolvenz von Wirecard – gewusst, dass Bankbelege über 1,9 Milliarden Euro im Verantwortungsbereich von Marsalek gefälscht waren.

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Daraufhin wurde zwar dessen Wohnung am 1. Juli durchsucht, ein Haftbefehl gegen den flüchtigen Wirecard-Manager aber nicht ausgestellt, weil dieser international nach dem fehlenden Geld suche. Durch diese Begründung konnte die Fluchthilfe von Martin Weiss heruntergespielt und als Reisebegleitung abgetan werden, meint De Masi. Obwohl seit dem 6. Juli 2020 nach Marsalek gefahndet wurde, mangelnde es der Staatsanwaltschaft München somit an einem Tatverdacht wegen Fluchthilfe gegen Weiss.

Dieser genießt seine Immunität wohl in Dubai. Einem Verfahren wegen Amtsmissbrauch bleibt er 2023 fern. Weiss war während seiner Zeit als österreichischer Verfassungsschützer auch mit dem Themenfeld Russland betraut. Möglicherweise sammelte er – ähnlich wie Marsalek – Informationen und gab diese an die russischen Geheimdienste weiter.

Für wen arbeiteten die Verdächtigen?

Angeleitet wurde eine solche Aktion möglicherweise von Marsalek höchstselbst. Während man in Österreich und Deutschland geschlossen über die Russland-Verbindung des Wirecard-Managers redet, fällt aber eine andere Verbindung brisant auf: Deutsche Ermittler gehen zudem von einer informellen Tätigkeit Marsaleks für den österreichischen Geheimdienst aus.

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Fabio De Masi wiederum dokumentierte einen ungewöhnlichen Vorgang Marsaleks in Bezug auf den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND). Marsalek soll einmalig alle Kundendaten bei Wirecard angefragt haben. Die Begründung: Der BND habe diese angefordert. Der Geheimdienst dementiert diese Behauptung jedoch.

Unter diesem Gesichtspunkt erscheint das eingestellte Fluchthilfe-Verfahren und die mutmaßliche Kooperation der weisungsgebundenen Münchner Staatsanwaltschaft mit Martin Weiss in einem anderen Licht. Für wen die Gruppe um Jan Marsalek wirklich arbeitete oder ob die Manager lediglich so viel Einfluss wie möglich mit dem höchstmöglichen Gewinn erlangen wollten, bleibt offen.

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