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Dubiose Geschäfte

Wie ein Brandenburger Landkreis zwei Unternehmern mit Flüchtlingsunterkünften Millionen bescherte

Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin unterschlägt seit Jahren Informationen über die Finanzierung von Flüchtlingsunterkünften, dabei ist eine merkwürdige Struktur bei der Auftragsvergabe aufgefallen: zwei Unternehmer profitierten seit 2014 in zweistelliger Millionenhöhe.

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Doris Antony, Berlin, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons. Eigene Collage

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Der Brandenburger Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat seit 2014 mehrere Millionen in den Erwerb von Unterkünften für Flüchtlinge gesteckt – und dabei immer wieder Objekte von zwei Unternehmern gemietet oder gekauft, die damit einen Millionen-Gewinn verbuchen konnten, wie die Berliner Zeitung berichtet.

Jens C. und Marko L. investierten geringe Summen in teilweise marode Immobilien und verkauften oder vermieteten die Räumlichkeiten dann zu horrenden Summen an den Landkreis. Dadurch erhielten sie in den vergangenen zehn Jahren insgesamt 12.484.450 Euro. So kauften die Geschäftsleute beispielsweise zwei Immobilien zum Preis von 1,2 Millionen Euro, die letztlich für ganze fünf Millionen Euro an andere Firmen verkauft wurden und den Unternehmern einen Brutto-Gewinn von 3,8 Millionen Euro zurückließen.

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Objekte werden durch Mietverträge mit Landkreis zu Goldgruben

Die Preissteigerung ist in beiden Fällen leicht erklärt: Marko L. erwarb im November 2021 ein leerstehendes Hotel in Flecken Zechlin für 470.000 Euro. Schon zwei Monate später unterschrieb der Landkreis Ostprignitz-Ruppin dann einen auf zehn Jahre datierten Mietvertrag, der eine Jahresmiete von 420.000 Euro vorsah.

Um das Hotel auf Vordermann zu bringen, stellte der Landkreis eine Million Euro bereit – doch im Juni 2023 verkaufte Marko L. die Immobile an eine andere Firma für 2,65 Millionen Euro. Eine fünffache Preissteigerung in 19 Monaten. Die eigentlich wertlose Immobilie wurde durch die Mietverträge mit dem Landkreis zur Goldgrube. Eine Sprecherin des Landkreises sagte der Berliner Zeitung, das Objekt sollte weiterhin zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen.

Im zweiten Fall verkaufte Marko L. 2022 eine Unterkunft in Wusterhausen/Dosse für 2,4 Millionen Euro des gleichen Unternehmens. Der Unternehmer hatte das Objekt im Namen seiner Firma für 732.000 Euro erworben, also auch hier satte Gewinne gemacht. Doch dem nicht genug: Gekauft hatte Marko L. die Unterkunft von einer Firma seines Geschäftspartners Jens C., der die 3100 Quadratmeter Gebäudefläche samt 30.000 Quadratmeter großem Grundstück 2014 für einen Schnäppchenpreis von nur 300.000 Euro erstanden hatte.

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Weil der Landkreis im ersten Fall nicht nur wohlwollend hoch dotierte Mietverträge für das Hotel ausstellte, sondern im zweiten Fall auch übersah, dass Jens C. 2007 und 2009 wegen Betrug und Unterschlagung verurteilt wurde, macht das einen sehr merkwürdigen Eindruck.

Landkreis möchte Unterkunft erst mieten, nachdem Unternehmer das Objekt kostspielig übernahmen

Diese Befürchtung verstärkt sich im folgenden Fall: Der Besitzer einer Immobilie in Klosterheide bot das 3200 Quadratmeter große Gebäude 2014 dem Landkreis zur Unterbringung von Flüchtlingen an und forderte dafür eine monatliche Mietzahlung von 6.000 Euro. Ende 2014 erklärte der Landkreis Ostprignitz-Ruppin, das Objekt sei ungeeignet. Stattdessen also verpachtete der Besitzer die Immobilie an Jens C. und Marko L. für 4.700 Euro.

Der Besitzer ahnte nicht, dass die Unternehmer die Unterkunft bis 2019 an den Landkreis vermieten würden – für 21.000 Euro im Monat. In dreieinhalb Jahren erzielten sie so einen Gewinn von rund 700.000 Euro. Der Landkreis erklärt, sie hätten das Angebot der beiden Unternehmer angenommen, weil die Immobilie noch einmal hergerichtet worden sei – diese Behauptung sollten sich vor Gericht als falsch entpuppen.

Weil das Mietverhältnis 2019 vorzeitig beendet wurde, erhielten Jens C. und Marko L. zudem eine Ablöse von 450.000 Euro. Generell wickelten die Unternehmer langjährige Mietverträge ab – wegen vorzeitiger Beendigungen des Mietverhältnisses erhielten beide insgesamt Kompensationszahlungen in Höhe von 2,1 Millionen Euro. Die Verwaltung hätte argumentieren können, durch die sinkenden Flüchtlingszahlen sei die Geschäftsgrundlage weggefallen – „doch er probierte es nicht“, sagt der Kreistags-Abgeordnete Hans-Georg Rieger (Freie Wähler), der Berliner Zeitung.

2020 lebten im Landkreis Ostprignitz-Ruppin 4.406 ausländische Personen, wovon rund 1.500 Asylleistungen bezogen. 2023 kamen wieder vermehrt neue Flüchtlinge nach Brandenburg, 2024 erwartet der Landkreis etwa 700 Neuankömmlinge. Die Verwaltung scheint mit der Unterbringung trotz der luxuriösen Unterkünfte überfordert zu sein.

Landkreis hält Informationen zurück

Der Landkreis ignoriert zudem Presseanfragen und geht gegen Beiträge aggressiv vor: Ende 2022 berichteten unter anderem der Focus und die Märkische Allgemeine Zeitung über die fragwürdige Finanzierung. Der Landkreis ging gerichtlich gegen die Beiträge vor, wollte ihre Löschung erzwingen – ohne Erfolg. Und dennoch sah die MAZ von weiteren Berichten ab, weil man sich sonst mit Institutionen angelegt hätte, die „ganze juristische Abteilungen haben, das konnten wir nicht mehr leisten.“

Die Märkische Oderzeitung und RBB sahen grundsätzlich von einer Berichterstattung ab. Andere regionale Quellen gibt es kaum, die Medienanstalt Berlin-Brandenburg sieht den Landkreis medial stark unterversorgt.

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