Hinter Kanzleien versteckt
Wie die Spendensammler der Letzten Generation den Staat austricksen wollen
Recherchen der Berliner Zeitung belegen, wie eine Proxy-Firma der „Letzten Generation" sich in den Büroräumen von Anwaltskanzleien einmietet, um mögliche Ermittlungen zu erschweren. Die betreffende Kanzlei droht der Zeitung unverhohlen mit Konsequenzen für die Berichterstattung.
Dass Polizisten eine Anwaltskanzlei durchsuchen, ist äußerst selten. Am 24. Mai passiert es trotzdem. In Hamburg tragen Beamten Kisten aus einem schicken Gebäude in der Innenstadt, zahlreiche Unterlagen werden sichergestellt. Hintergrund ist wohl eine besondere Verschleierungstaktik der „Letzten Generation“, das berichtet eine Recherche der Berliner Zeitung.
In jenem Hamburger Kanzlei-Gebäude hat die Firma „Klima- und Umweltaufklärung für den Erhalt der lebenssichernden Ökosysteme“ (KUEÖ) ihre Anschrift. Geschäftszweck des Unternehmens ist laut Handelsregister die Unternehmens- und Politikberatung, aber auch die Förderung des Natur- und Umweltschutzes. Gegen Imke B., die Geschäftsführerin, wird ein Ermittlungsverfahren wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung geführt. Die Hamburger Kanzlei Huth Dietrich Hahn hatte der damals noch als gemeinnützig registrierten Öko-Firma ihre Geschäftsräume bereitgestellt. Bis zur Razzia Ende Mai hatte die KUEÖ in ihrem Online-Impressum auch auf die Adresse an der Binnenalster verwiesen. So kam es zu der Durchsuchung in Hamburg.
Seltsam daran: Eigentlich besteht überhaupt kein Zusammenhang zwischen der Kanzlei und dem Öko-Verein. Die Kanzlei Huth Dietrich Hahn gilt als Fachanwaltskanzlei im Luftfahrtbereich. Die Berliner Zeitung wollte also von Huth Dietrich Hahn erfahren, wie es dazu kam, dass sich die Geschäftsräume der Aktivistenfirma laut Handelsregister in der Kanzlei befinden.
Kanzlei mauert und droht
Die Kanzlei reagiert pikiert: Statt die Anfrage zu beantworten, informierte eine von Huth Dietrich Hahn beauftragte Kanzlei die Berliner Zeitung „über die Risiken einer möglichen Berichterstattung“ – eine kaum verhohlene Drohung, von investigativer Tätigkeit abzusehen. Außerdem heißt es in dem Schreiben, Huth Dietrich Hahn könne sich aufgrund ihrer gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten nicht selbst zu dem Fall äußern – zitiert wird ein Paragraph, der Mandanten vor den Geheimnisverrat durch ihre Rechtsanwälte schützt. Das könnte bedeuten, dass die Kanzlei wohl nicht nur als Vermieter in Erscheinung getreten ist, sondern dass auch ein Mandatsverhältnis zum Öko-Verein KUEÖ besteht.
Taktik zur Vereitelung von Ermittlungen
KUEÖ verwaltet Spenden für die „Letzte Generation“. Die Staatsanwaltschaft München wirft der Geschäftsführerin daher vor, eine kriminelle Vereinigung unterstützt zu haben. Das Melden von Anwaltsadressen als eigenen Geschäftssitz ist wohl eine Taktik, um Ermittlungen zu behindern. Marcel Templin, Rechtsanwalt der Kanzlei Hafenanwälte in Berlin, sagte der Berliner Zeitung, man könne über die Motive nur spekulieren, „die dazu geführt haben, dass die Gesellschaft ihren Sitz bei einer Anwaltskanzlei hat“.
Wenn man aber darauf bauen würde, „dass man etwaige Durchsuchungsmaßnahmen entgeht, weil die Räume eines Rechtsanwaltes nicht ohne Weiteres durchsucht werden dürfen, dann geht die Rechnung nicht auf“, so Templin. Denn eine GmbH sei kein Berufsgeheimnisträger. Entsprechend könne sie – anders als eine Rechtsanwaltskanzlei – unter leichteren Voraussetzungen durchsucht werden.
Der Verein ist derweil offiziell umgezogen. Auch erneut in die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei, diesmal in Berlin Aktuell befindet sich die Geschäftsanschrift in der Berliner Niederlassung der Kanzlei Zimmermann Kaliner Rechtsanwälte GbR, schreibt die Berliner Zeitung. Anfragen der Journalisten werden nicht beantwortet. Die Taktik scheint also weiterzulaufen.