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Drohnensichtungen

„Wegwerf-Agenten“ und „Schattenflotten“? Recherche zeigt auffällige Schiffsbewegungen vor deutscher Küste

Eine Recherche von Springer-Nachwuchsjournalisten deckt auffällige Verbindungen zwischen Drohnensichtungen und den Routen russisch besetzter Frachter auf – darunter Schiffe mit Verbindungen zur russischen Atomindustrie und Marinestützpunkten.

War im Oktober mehrfach Schauplatz von Drohnenüberflügen: Der Flughafen München (IMAGO/onw-images)

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Ein Team von sieben Journalismusstudenten der Axel Springer Academy hat im Rahmen einer mehrwöchigen Recherche Zusammenhänge zwischen Drohnenvorfällen über europäischen Militäranlagen und den Bewegungen bestimmter Frachtschiffe mit russischen Besatzungen im Nord- und Ostseeraum untersucht. Die via Bild veröffentlichte Recherche nutzte Zehntausende Schiffsdatenpunkte, geheime Lageberichte deutscher Sicherheitsbehörden und eigene Vor-Ort-Recherchen – darunter eine Verfolgungsfahrt entlang der französischen, niederländischen und belgischen Küsten.

Die Studenten werteten zunächst interne Lageberichte des Bundeskriminalamts (BKA) aus, die ihnen vorlagen. Darin dokumentierte das Amt für das Jahr 2025 1.072 Sachverhalte mit 1.955 Drohnen bis zum 19. November. Die Sichtungen seien „überwiegend in den Abendstunden“ erfolgt, 45 Prozent aller Sichtungen entfielen laut Geheimbericht auf diesen Zeitraum. Die Drohnen flogen laut BKA „fast ausschließlich über beziehungsweise im Umfeld von militärischen Einrichtungen“. Nur in 29 von 498 Fällen seien Piloten identifiziert worden – in keinem Fall habe es sich um staatliche Akteure gehandelt. Die Drohnentypen blieben in 88 Prozent der Fälle unbekannt. Einzelne Sachverhalte deuteten laut Bericht jedoch „auf ein komplexes Vorgehen unter Rückgriff auf größere finanzielle und logistische Ressourcen hin“.

Die geheimen Dokumente belegten Schwerpunkte über Bundeswehrstandorten, Rüstungsbetrieben und kritischer Infrastruktur – etwa bei mehreren Überflügen eines LNG-Terminals, des Kernkraftwerks Biblis oder von Chemieanlagen im Ruhrgebiet. Während der Bundeswehrübung „Gelber Merkur“ im Mai erfassten die Behörden mehr als 80 Drohnenvorfälle im Umfeld militärischer Liegenschaften in vier Bundesländern.

Weitere Vorfälle betrafen unter anderem eine länger andauernde Serie von Überflügen der US-Air-Base Ramstein, Sichtungen über Marinefliegerstandorten wie Nordholz, Drohnenformationen über Wilhelmshaven sowie mehrfache Überflüge während der Anlieferung von Gefechtsfahrzeugen für die Ukraine in der Werratalkaserne.

Entscheidend für die Recherche waren auffällige Navigationsdaten dreier Frachter, die die Studenten anhand öffentlich zugänglicher AIS-Daten sowie Hinweisen aus Behördenunterlagen verfolgten. Der russische Frachter „Lauga“ wurde in der Nacht vom 16. auf den 17. Mai 2025 von einem deutschen Polizeischiff durch die Nordsee begleitet. Laut Geheimbericht meldete das Einsatzschiff: „Gegen ein Uhr […] wurden sieben Drohnen um das Einsatzschiff festgestellt.“ Die Drohnen kreisten sowohl über dem Polizeischiff als auch über der „Lauga“.

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Zuvor hatte das Schiff im Sommer 2024 den syrischen Hafen Tartus angelaufen – damals Russlands einzige Mittelmeerbasis, in der auch U-Boote anlegen konnten. Später steuerte die „Lauga“ den St. Petersburger Hafen an, wo sie das Terminal der Delo Group anlief, das zu 49 Prozent Rosatom gehört – Russlands staatlicher Atomkonzern, verantwortlich für das Atomwaffen- und U-Boot-Programm.

Besonders auffällig waren die Schifffahrtsdaten der „HAV Dolphin“, betrieben von der norwegischen Reederei HAV Shipping. Von Ende März bis Ende April 2025 lag sie fast einen Monat in der Pregol-Werft in Kaliningrad – einem Standort mit dokumentierten Verbindungen zum russischen Militär und zu Rosatom. Vom 1. bis zum 10. Mai lag sie anschließend neun Tage lang mit scheinbar ziellos kreisenden Bewegungsmustern in der Kieler Bucht – nur 25 Kilometer von Rüstungsbetrieben entfernt, über denen am 2., 6. und 7. Mai Drohnenschwärme gesichtet wurden.

Die Mannschaft habe laut Sicherheitskreisen ausschließlich aus russischen Seeleuten bestanden. Bei einer Kontrolle am 9. Mai stellten Beamte fest, dass sich ein zusätzlicher Wachoffizier an Bord befand, der sich „auffällig verhielt“. Laut Bericht befand sich das Schiff Anfang Juni erneut in Reichweite eines weiteren Vorfalls: Zwei Minuten lang flog eine Drohne über ein militärisches Sendegelände in Niedersachsen, während die „HAV Dolphin“ rund 70 Kilometer entfernt ankerte.

Die „HAV Snapper“, ebenfalls von HAV Shipping, zeigte im Zeitraum vom 16. bis 20. Mai ungewöhnliche Bewegungen vor der niederländischen Insel Schiermonnikoog. Die Ankerposition nahm sie zwei Stunden vor der Sichtung der sieben Drohnen ein, die später die „Lauga“ und das deutsche Polizeischiff überflogen. Auch die „HAV Snapper“ wurde zuvor in der Pregol-Werft gewartet.

Das Team stieß auf eine Präsentation Rosatoms aus dem Jahr 2024. Darin wird ein unbemanntes Fluggerät gezeigt, das über eine Reichweite von 200 Kilometern verfügt und auf Schiffen starten und landen kann. Eingesetzt wird es offiziell zur Überwachung arktischer Seewege. Nach Einschätzung der Journalisten wären die dokumentierten Distanzen in Nord- und Ostsee problemlos erreichbar.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärte den Reportern grundsätzlich: Russische Dienste setzten auch sogenannte „Low-Level-Agenten“, „Taschengeld-Agenten“ oder „Wegwerf-Agenten“ ein, die für geringe Geldbeträge einfache Operationen ausführten und deren Enttarnung „billigend in Kauf“ genommen werde.

Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, das Phänomen einer „Schattenflotte“ sei bekannt. Zudem: „Das Meldeaufkommen zu Drohnenüberflügen ist anhaltend hoch. (…) Eine Involvierung ausländischer staatlicher Stellen bei einem nicht quantifizierbaren Teil der Drohnenüberflüge ist zu vermuten.“

Insgesamt identifizierten die Nachwuchsjournalisten 19 zeitliche und örtliche Überschneidungen zwischen Drohnensichtungen und Bewegungsprofilen der drei Schiffe. Ein direkter Beweis für den Start der Drohnen von Bord wurde nicht gefunden.

HAV-Shipping-Chef Petter Kleppan wies die Vorwürfe zurück: Sein Unternehmen transportiere für „große und etablierte europäische Unternehmen“ und habe sich selbst „sanktioniert“, sodass keinerlei Einnahmen aus Russland stammten. Dennoch bleiben die Muster nach Einschätzung europäischer Nachrichtendienste „sehr auffällig“, die beobachteten Schiffe seien „mit hoher Sicherheit“ im Auftrag russischer Stellen unterwegs.

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21 Kommentare

  • Springer deckt auf!
    Studenten ermitteln!
    Jetzt fehlt nur noch das ZDF.
    Leude, schon mal überlegt, dass alles überhaupt keinen Sinn ergibt. Aufgeklärt wird nicht mit Mini-Drohen in Bodennähe im Dunkeln, sondern mit Satelliten im All.
    Und was will man hier aufklären? Den Verfall der veralteten Infrastruktur? Alles Quatsch mit klumpiger Soße, issas. Mehr nicht.

  • Leser, welche sich mehr für dieses Thema und Verteidigung interessieren empfehle ich
    https://esut.de/ zu lesen, mit paywall.
    Es gibt auch die Website hartpunkt und defence-network dot com .

  • *Fremdschäm“

    Ähm..hab ich hier jetzt nicht gelesen.

    Ich sag’s auch keinem.

    Kann ja mal vorkommen.

    Bis spädda…

  • Als Wessie habe ich eine Präferenz dafür, durch die Amerikaner vom herrschenden Regime befreit zu werden. Aber Einerlei – Hauptsache befreit!

  • Ähm Russland hat auch Satelliten, die sie bestimmt unauffälliger und mit weniger Aufwand für „Spionagezwecke“ einsetzen könnten…

  • „Laut Geheimbericht meldete das Einsatzschiff: ‚Gegen ein Uhr […] wurden sieben Drohnen um das Einsatzschiff festgestellt.'“

    Es ist bekannt, dass Geheimdienste gerne mal Journalisten beackern. So geheim können die Geheimberichte ja nicht gewesen sein, wenn ein paar Studenten ihrer habhaft werden konnten. Das ist etwas völlig anderes, als wenn ein Senior wie Seymour Hersh, der über ein halbes Jahrhundert seine Kontakte aufgebaut hat, geheime Informationen geltend macht.

    Lange Rede kurzer Sinn; Dieser ganze Bericht klingt wie eine Räuberpistole, bei der erfahrene Geheimdienstler naive, aber gut vernetzte Greenhorns so lange „Informationen“ haben finden lassen, bis die Studenten die gewünschte Story zusammengestellt haben und diese in der BILD erschien.

    Natürlich ist es möglich, dass ich mich auch komplett irre, aber wir leben leider in einer Welt, in der ich eher solchen Annahmen anhänge als der offiziellen Version.

  • Warum habe ich im Internet noch keine Videos von den Drohnen gesehen ??? Sonst wird doch alles gepostet.Vielleicht waren es auch die fliegenden Untertassen die nur Weimer sehen kann 😉

  • „Darin dokumentierte das Amt für das Jahr 2025 1.072 Sachverhalte mit 1.955 Drohnen bis zum 19. November.“

    „Insgesamt identifizierten die Studenten 19 zeitliche und örtliche Überschneidungen zwischen Drohnensichtungen und Bewegungsprofilen der drei Schiffe.“

    Von 1.955 Drohnensichtungen kann man also 19 Sichtungen zuordnen?

    Das sind 0,97% … und dafür so ein Artikel? Wow!

  • Natürlich kann man problemlos in einer längeren Serie über Ramstein Airbase fliegen. Logisch.
    Spätestens ab da war der Paulanergarten eröffnet. Warum AN da mitmacht?

  • Der Weihnachtsmann hat mir gerade eine Drohne gebracht…
    249 Gramm. Damit spioniere ich jetzt die Russen aus…………….

  • Genau wegen solchen Artikeln bekommt ihr von mir keine Kohle. Die geht stattdessen zum Kontrafunk.

  • Aus dem mitgeteilten „Sachverhalt“ ergeben sich im Wesentlichen nur weitere Spekulationen, keinesfalls aber irgendwelche Beweise für ein „hybrides“ Agieren der Russen.

    Natürlich könnte es sein, dass die Russen aktiv waren. Warum auch nicht ? Schließlich wurden sie bis vor kurzem vom der gesamten Nato bedroht und werden es jetzt immer noch von einem Teil der Nato. Da ist Aufklärung nie verkehrt.

    Abgesehen davon: Warum haben die Springer-Azubis eigentlich nicht zu den hybriden Nato-Aktivitäten recherchiert ?

    • Was sind denn die hybriden NATO Aktivitäten ?

  • Also, hätte hätte Fahradkette.
    Keine Beweise sondern nur wieder ein konspiratives Zusammengedichte.
    USS Kearsarge schaltet die Transponder ab, kurz bevor sie über Nordstream rüberbügelt ist auch sichtbar auf der Route. Ist aber auch noch kein Beweis, dass die Amis Nordstream gesprengt haben.
    Und die Story mit den Wegwerfagenten ist einfach nur lächerlich.
    Aber heute ist die NATO-Propaganda sowieso in Overdrive. Liegt wohl daran, weil man gerade den Russen die Vermögen aus Euroclear stehlen will. Was den Finanzstandort EU komplett zerbröselt. Und dann kommen die EU-Steuern….

    Dennoch mal ne Frage an AN: Was ist jetzt die konkrete Faktenlage?
    Der ganze Artikel ist ne 0-Aussage.

  • Auch im kalten Krieg, stirbt die Wahrheit zu erst.
    Man muss wissen, was man glauben kann und was nicht. Diese Storys schreit mal wieder zum Himmel. Ist Relotius immer noch aktiv?

  • Bei „Springer“ war ich raus.

  • „Sieben Journalismusstudenten der Axel Springer (Comedy)Academy.“ Sieben auf einen Streich, die glorreichen Sieben, Springer und die sieben Zwerge… Ich liebe Satire-Beiträge sehr und bin durchaus etwas neidisch, dass mir dieser hier nicht selbst eingefallen ist. Aber wie es so ist, nobody is perfect, und das trifft auch hier zu: die AfD-Drohnen über dem Haus des Kulturstaatsministers hätten unbedingt in die Recherche mit einbezogen werden müssen. Diese Nachlässigkeit wäre mir nicht passiert. Na ja, Journalismusstudenten sind eben noch keine richtigen Journalisten, aber ihr Talent haben sie schon mal unter Beweis gestellt. Um den passenden Nachwuchs brauchen sich die Regime-Medien keine Sorgen zu machen.

  • „Einzelne Sachverhalte deuteten laut Bericht jedoch „auf ein komplexes Vorgehen unter Rückgriff auf größere finanzielle und logistische Ressourcen hin“.
    Kann gar nicht sein. Laut unserem Bundeskanzelnden ist doch die NATO den tumben Russen haushoch überlegen. Schließlich investieren sie auch viel mehr Geld

  • Die meisten Kommentare könnten von Putin’s Trollfarmen kommen.

  • Springer Academie LOL fragt doch gleich beim CIA nach.

  • Verschwörungstheorie?

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