Werbung:

Energiewende

Unterstützt durch deutsche Gelder: Windparks in Brasilien bringen Bauern in Existenznot

Rio Grande ist eine malerische Region in Brasilien. Doch in rasantem Tempo wird dort Landschaft zerstört, um Windkraftanlagen zu bauen - auch in Auftrag von Deutschland. Die Realität ist grausam: Während Habeck von einer „grünen Brücke“ spricht, verlieren Bauern in Rio Grande ihre Natur, ihr Schlaf und ihren Beruf.

In den nächsten Jahren will Brasilien noch mehr Strom durch Windkraft gewinnen und Überschüsse exportieren. Im Bundesstaat Rio Grande do Norte in Brasilien ist die Mehrheit der Windparks des Landes angesiedelt, die geplanten Projekte nehmen dort rapide zu. Doch diese Entwicklung, angetrieben vor allem auch von Deutschland, hat schwere Folgen für die Bevölkerung.

Eine Untersuchung der französischen Zeitschrift Le Monde in Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Medium Reporter Brasil zeigt, dass diese rasante Entwicklung aufgrund mangelnder angemessener Regulierung zu einer Vielzahl von Umwelt- und Sozialschäden geführt hat. Die Windkraftanlagen zerstören die Umwelt und inzwischen auch die Agrarwirtschaft der Region, das ökonomische Herz des Landes – finanziert durch Deutschland.

Werbung

Ziemlich genau vor einem Jahr, im März 2023, war Bundeswirtschaftswirtschaftsminister Robert Habeck mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir im Schlepptau in Brasilien zu Gast. Der Auftrag der gemeinsamen Reise: Die Energiepartnerschaft von Deutschland und Brasilien ausbauen und auf Nachhaltigkeit trimmen. Es war eine Reise der großen Worte: Bis zu 40 Prozent des deutschen Energiebedarfs könnten künftig durch erneuerbare Energien aus Brasilien gedeckt werden, diskutierten die Minister. Vor allem ging es dabei um Windkraft.

Schon 2023 produzierte Brasilien fast 80 Prozent des eigenen Strombedarfs aus erneuerbaren Energien. Nach wie vor verfügt das Land über riesige Land- und Wasserflächen, die mit Windkraftanlagen bebaut werden könnten. Windpotential, das einen großen Teil dazu beitragen könnte, die Welt mit „sauberem Strom“ zu versorgen. Eine Idee, die Habeck scheinbar großartig gefällt. Im März nannte er das Vorhaben „grüne Brücke“ – es soll nun vorangebracht werden. Die Idee: Brasilien erhält von uns Technologien und Investitionen – und kann in Folge Windenergie nach Deutschland exportieren.

Deutsch-brasilianische Energiepartnerschaft und das Versprechen der „grünen Brücke“

In besagter Region Rio Grande do Norte planen Forscher des öffentlichen Senai-Instituts für Erneuerbare seit Jahren den Ausbau der Windenergie. Das Senai-Institut wird von Deutschland unterstützt, unter anderem von der Außenhandelskammer und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Immer wieder wurde von den Verantwortlichen behauptet, dass die Windkraftprojekte den armen Bewohner von Rio Grande helfen würden. Sie könnten durch die neuen Investitionen von armen Bauern zu wohlhabenden Grundbesitzern werden, so die Argumentation. Doch die Realität sieht anders aus.

Werbung

Das französische Magazin Le Monde berichtet in einer neuen Recherche über die ansässigen Bauern. Dazu führte man Interviews mit den Landwirten vor Ort. Anders als in Deutschland berichten französische Medien zunehmend kritisch über die negativen Folgen von Windenergie – auch zu deutscher Energiepolitik äußert man sich skeptisch.

Die Recherche beginnt in einer kleinen Stadt. Einer der Bauern aus Rio Grande heißt Paulo Roberto und ist stolzer Besitzer eines Mais- und Maniokfeldes. „Es ist das Schönste auf der Welt“, sagt der 73-jährige Bauer zu Le Monde. Plan des Bauers war, wie vieler anderer Bauern der Region, seine letzten Tage mit der friedlichen Bewirtschaftung seines Grundstücks ausklingen zu lassen, von den Winden des Atlantiks umgeben in der Natur. Doch daraus wurde nichts: 2015 installierte das brasilianische Unternehmen Energisa Windräder in einem benachbarten Park. Nun umgeben fünfzehn 100 Meter hohe Windkraftmasten mit 49 Meter langen Rotorblättern die dreißig kleinen Häuser im Dorf, in dem Paulo Roberto lebt.

Die „Armutsbekämpfung“ zulasten der Armen

Eine Anlage steht nur 150 Meter von seinem Feld entfernt. „Es macht mich verrückt!“, klagt der Bauer, der berichtet, aufgrund der Lautstärke nicht mehr richtig schlafen zu können. Manchmal, wenn der Wind nachlässt oder zu stark ist, beendet die Windkraftanlage ihre Arbeit mit einem explosionsartigen Geräusch: „Ich erschrecke jedes Mal!“, beschwert sich Roberto.

Werbung

Roberto ist nicht der einzige brasilianische Landwirt, der klagt. Reporta Brasil spracht mit einem anderen Bauern aus der Region, Francisco Ferreira, der ebenfalls in einer kleinen Siedlung lebt. Ferreira beschreibt: „Als sie [Windkraftbetreiber „Serveng“] hier ankamen, zerstörten sie viele Dünen und Teile des Waldes“. Die Siedlung, in der er lebt, habe er vor Jahrzehnten selbst mitgegründet, nun wohnen dort beinah 100 Familien – ihm bedeute das Leben dort sehr viel, noch mehr die Natur der Region.

Der Landwirt berichtet, dass der Windkomplex, der derzeit von der Serveng-Gruppe kontrolliert wird, ohne große Gespräche mit den Gemeinden am Stadtrand ankam und 2014 einfach so den Betrieb aufnahm. Die Anlage befand sich etwa 200 Meter von den Häusern entfernt und störte die Anwohner. „Wir haben Nachbarn, die wegen des Lärms vom Turm zunächst nicht schlafen konnten. Es gibt Nächte, in denen es ziemlich störend ist“, klagt Bauer Josafá Antonio dos Santos, Präsident des Siedlungsverbandes.

Landschaftszerstörung und Berufsverbot

Vor rund drei Jahren dann erhielten die Familien nach eigenen Angaben den Vorschlag, die 2.238 Hektar Land, die der Siedlung gehören, vollständig für den Bau eines neuen Parks zu verpachten. Das Ergebnis für die Bürger der Gemeinde wäre ein Leben neben riesigen Anlagen. Als Ausgleich soll jede Familie während der Bauzeit 1.200 Real pro Jahr erhalten. Das entspricht 220 Euro im Jahr. „Wohlhabend“ wird dadurch niemand. Im Gegenteil.

Werbung

Santos schimpft: „Ich war nicht dafür, weil ich denke, dass 100 Real pro Monat heute nicht einmal ausreichen, um meine Energie zu bezahlen.“ Wenn der Vorschlag angenommen wird, muss die Gemeinde zudem auf den Anbau von Maniok, Cashewnüssen, Mais, Kohl und Hühnern sowie anderen Nutzpflanzen und Nutztieren verzichten. Das kommt quasi einem Berufsverbot gleich.

Diese Schicksale passen so gar nicht in die Heile-Welt-Erzählungen, die sonst so gerne von Grünen-Politikern verbreitet werden. Anschaulich zeigt das Beispiel der Windparkanlagen in Brasilien, dass die deutsche Politik kaum Augenmerk darauf legt, welche Folgen ihre gewaltvoll durchgesetzte Klimapolitik in anderen Teilen der Welt hat. Entscheidend ist nur, in Deutschland „saubere“ Energiebilanzen vorweisen zu können. Für schlaflose Bauern, die nun um ihre Existenz bangen müssen, interessiert man sich wenig.

Werbung

Werbung