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Stern-Aktion gegen Rechts: Die peinliche Stumpfheit der Massen-Künstler

Im Stern-Magazin haben sich zahlreiche Prominente gegen die AfD positioniert. Helene Fischer, Mario Barth und Udo Lindenberg rufen zum Kampf „für die Demokratie“ auf. Eine peinliche Aktion, die nur zeigt, dass diese Stars bereits sind, alles zu machen, was ihnen ohne Aufwand Aufmerksamkeit bringt.

Vor zehn Jahren ging ein skurriler Trend viral. Prominente auf der ganzen Welt begossen sich vor laufender Kamera mit Eiswürfeln – angeblich um auf die Krankheit ALS aufmerksam zu machen, eine schwere neurologische Erkrankung, an der unter anderem auch Stephen Hawking litt. Doch ob überhaupt einer der beteiligten Stars wusste, was es mit dieser Krankheit auf sich hatte, darf bezweifelt werden. Schnell wurde die „Ice Bucket Challenge“ zur „witzigen“ Massenbewegung – zu einer Welle, die auch Prominente wie Anne Will, Otto Waalkes und Elyas M’Barek mitritten. Immerhin brachten die Videos Klicks und man konnte ohne Aufwand so tun, als würde man sich für das Leid der Armen und Kranken interessieren. 

In diesen Tagen hat der Stern nun einen ähnlichen Trend losgetreten. Stolz präsentiert das Magazin auf seinem Cover einen „exklusiven Aufruf zum Kampf gegen Rechtsextremismus“. „Nicht mit uns“ steht in großen Lettern auf dem Titelblatt, dahinter sind Stars wie Helene Fischer, Florian Silbereisen und Udo Lindenberg zu sehen. Die Titelgeschichte besteht aus 28 Statements von mehr oder weniger bekannten Musikern, Schauspielern, TV-Sternchen, Unternehmern, Influencern und Komikern, die sich „für die Demokratie“ aussprechen wollen. 

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Die Sängerin Helene Fischer beispielsweise verkündet: „Wir müssen unsere Werte und unsere Demokratie jetzt verteidigen und dürfen das Feld nicht den Antidemokraten überlassen. Bei den kommenden Wahlen, in Deutschland und in Europa, wird entschieden, in welchem Land wir zukünftig leben werden. Tut das Richtige, geht zur Wahl! Für die Demokratie und gegen die Extremisten!“ Man kann sich mühelos vorstellen, wie die Schlagersängerin in einem Glitzerkostüm die letzten zwei Sätze in ihrer weichen Werbestimme auf einer ihrer Megashows ins Mikrophon säuselt. Ganz nach dem Motto: „Ihr seht heute alle so wunderschön aus! Und denkt dran: Geht zur Wahl gegen die Extremisten.“ 

„Faschos verpisst euch“

Der alte Rocker Udo Lindenberg gibt sich cooler: „Jetzt muss was passieren, kein Kuschelkurs mehr mit den Demokratiezerstörern der AfD […]. Menschenrechte statt rechte Menschen, bunt statt braun, Naziland ist abgebrannt, und das soll auch so bleiben. Also, Faschos verpisst euch, keiner vermisst euch“, bellt der Rentner-Rebell. 1983 nahm er noch Erich Honecker in seinem Song „Sonderzug nach Pankow“ auf die Schippe – und provozierte damit das DDR-Regime – heute reicht es offenbar nur noch für billige Oppositionsbeleidigung. 

Und es geht noch weiter. Schlagerstar Florian Silbereisen will, dass „niemand Angst haben muss“, Sängerin Maite Kelly wünscht sich eine „Kette von liebevollen Händen aller Klassen, Religionen, Konfessionen, die sich festhalten und verbinden“. Selbst „Kennste, Kennste“-Komiker Mario Barth hat sich ein Statement abgerungen: „Rassismus und Antisemitismus muss man bekämpfen. Das ist nicht zum Lachen“. Tja, mein Beileid. Sein Comedy-Kollege Atze Schröder tritt härter zu: „Ich habe Fotos der Demo gepostet und dazu ‚Fuck AfD‘ geschrieben. Daraufhin haben mich einige Follower beschimpft. Ich sei ferngesteuert, und man würde mich löschen. Dazu sage ich: Nur zu. Verpisst euch! Auf Wiedersehen! Aber es eilt nicht“. Na wunderbar, da lebt jemand die Publikumsbeschimpfung, meine ehemalige Deutschlehrerin wäre stolz. 

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Was versprechen sich diese Menschen von so einer Aktion? Würden sie sich wirklich „für Demokratie“ einsetzen wollen, könnten sie schwerlich Widerstand gegen eine Partei propagieren, die in manchen Bundesländern nach aktuellen Umfragen über 36 Prozent der Wähler für sich begeistern kann. Nein, man kauft diesen Menschen nicht ab, dass sie ernsthaft plötzlich ihr politisches Interesse entdeckt haben und sich für eine lebenswerterer Leben in Deutschland einsetzen wollen. Stattdessen machen diese Promis das, was sie immer tun – und zwar alles, was ihnen ohne viel Anstrengung Aufmerksamkeit beschert. 

„Ice Bucket Challenge“ gegen Rechts

Was all jene Stars und Sternchen vereint, die dem Stern einen Dreizeiler zugeschickt haben, ist, dass sie sich als Massenkünstler verstehen. Sie singen für Hunderttausende, moderieren schnarchöde Sonntagnachmittag-Shows in den Öffentlich-Rechtlichen, hauen ein paar abgedroschene Lacher im Spätprogramm raus, die bei vielen Menschen eher Fremdscham als einen Lachreflex auslösen. Sie verstehen ihre Kunst nicht als Störfaktor, der die Menschen zum Nachdenken anregt – so wie es beispielsweise die Schauspieler der „Allesdichtmachen“-Bewegung in der Coronazeit grandios umgesetzt haben. Ihre „Kunst“ soll Millionen ansprechen – da ist kein Platz für Originalität oder Wagnis. So wie auch Angela Merkel Politik machte, üben diese Menschen ihren Beruf aus, indem sie erst aufmerksam horchen, was den Massen gefällt und dann genau das bedienen. 

Was der Stern auf sein Titelblatt gebracht hat, könnte man also getrost als die „Ice Bucket Challenge“ gegen Rechts bezeichnen. Eine peinliche PR-Aktion, die zwar so tut, als hätte sie einen ernsthaften Hintergrund – tatsächlich aber nur Aufmerksamkeit und den stumpfen Beifall der gleichgesinnten Genossen generieren soll. Doch während das Eiswasser der ALS-Challenge zumindest physisch den ein oder anderen wach gemacht haben dürfte, wird die Stern-Aktion niemanden „aufwecken“. Der Kampf gegen Rechts wirkt auf gesellschaftlicher Ebene vielmehr einlullend, einschläfernd. Denn: Wer hat noch Zeit und Kraft, sich über die Ampel-Politik zu ärgern, wenn er den ganzen Sonntag vor dem Fernseher sitzend gemeinsam mit Helene Fischer ein zweites 1933 verhindert?

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