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Sagte Scholz-Ehefrau vor Corona-Untersuchungsausschuss die Unwahrheit?

Die Brandenburger Ex-Bildungsministerin Britta Ernst hat sich vor dem Corona-Untersuchungsausschuss in Widersprüche verstrickt. Gegenstand der Debatte war ein brisanter Impfflyer, der Kinder ab 12 Jahren zur Impfung bewegen sollte. Apollo News hat die Hintergründe aufgedeckt.

Bildkollage von Apollo News. Bildmaterial von Imago und Wikimedia Commons: Julian Nyča, CC BY-SA 3.0

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Am 17. November war Britta Ernst, die Ehefrau von Kanzler Olaf Scholz, vor den Corona-Untersuchungsausschuss im Brandenburger Landtag geladen. Ernst war von 2017 bis zum Frühjahr 2023 als Bildungsministerin Brandenburgs tätig gewesen – vor dem Ausschuss wurde sie zu ihrer Rolle in der Corona-Politik der Pandemiejahre befragt.

Als die Ausschussmitglieder Ernst Fragen zur Verantwortung für eine Informationsbroschüre zum Thema Kinderimpfung stellten, geriet die Ex-Ministerin ins Straucheln. Der Flyer richtet sich an Schüler im Alter von 12 bis 17 Jahren und enthält Formulierungen wie beispielsweise diese: „Kann ein so schnell entwickelter Impfstoff sicher sein? Ja. Fakt ist: Bei der Sicherheit werden keine Kompromisse gemacht.“ Außerdem weist das Dokument die Schüler deutlich darauf hin, dass die Impfung im Einzelfall „auch ohne Einwilligung der Eltern“ möglich sei.

Zusätzlich wurde behauptet: „Wenn Du nicht geimpft bist, hast Du ein größeres Risiko, Dich anzustecken.“ Langzeit-Nebenwirkungen gebe es „kaum“, da der Impfstoff wird im Körper „wieder abgebaut“ werde. Zur Angst vor einer Veränderung des Erbguts durch die Impfung war nachzulesen: „Wegen der unterschiedlichen chemischen Struktur kann die mRNA aus dem Impfstoff nicht einfach in das Erbgut des Menschen ‚eingebaut‘ werden. Eine Schädigung der Gene durch den mRNA-Impfstoff wird von Genforscher:innen ausgeschlossen.“ Es handelt sich um Aussagen, die nachweislich inkorrekt sind, wie Apollo News bereits an verschiedenen Stellen berichtete. Das Dokument wurde 2021 erstellt und vom Brandenburger Bildungsministerium an zahlreiche staatliche Schulen versendet. 

Widersprüchliche Aussagen im Ausschuss

Die CDU-Politikerin Saskia Ludwig fragte Ernst im Ausschuss mehrmals, wer aus fachlich-medizinischer Sicht für den Inhalt des Flyers verantwortlich gewesen sei. Hier hatte die ehemalige Bildungsministerin zuerst geantwortet, dass fachliche Fragen in die Zuständigkeit des Gesundheitsministeriums gehört hätten. Im weiteren Verlauf sagte sie dann, dass sowohl das Gesundheitsministerium als auch ihr Bildungsministerium dafür verantwortlich gewesen seien.

Als auch die AfD-Abgeordnete Daniela Oeynhausen erneut Fragen zur Entstehung des Flyers stellte, antwortete Ernst wiederum: „Die Erstellung des Flyers ist zwischen den Ministerien gemeinsam gemacht worden und das Gesundheitsministerium hat den medizinischen Teil selbstverständlich verantwortet.“ Und weiter: „Wir haben keinen medizinischen Sachverstand im Ministerium, deshalb können wir dazu gar nichts sagen.“ Verschiedene Medien hatten über diese widersprüchlichen Aussagen berichtet. 

Apollo News fragte nun beim Brandenburger Gesundheitsministerium nach, ob es an der Erstellung des Dokuments – wie von Frau Ernst behauptet – beteiligt war, und erhielt die brisante Antwort: „Das Brandenburger Gesundheitsministerium war nicht an der Erstellung dieses Flyers befasst.“ Vielmehr sei der Flyer laut Angaben des Ministeriums als „ein Gemeinschaftsprojekt des Thüringer Gesundheitsministeriums sowie des Thüringer Bildungsministeriums, der Universität Erfurt und des Communication Lab Erfurt mit freundlicher Unterstützung der Meininger Schüler:innen und des Henfling-Gymnasiums Meiningen“ initiiert und dem Brandenburger Bildungsministerium (MBJS) zur Verfügung gestellt worden. 

Flyer wurde bereits vor STIKO-Empfehlung verbreitet

Was stimmt nun – die Aussagen von Britta Ernst oder jene vom Brandenburger Gesundheitsministerium? Als wir sämtliche erwähnte Akteure – die Thüringer Bildungs- und Gesundheitsministerien, das Communication Lab Erfurt, der Schulleiter des Henfling Gymnasiums sowie die Universität Erfurt – nach der Verantwortung für die Flyer fragten, bestätigten all diese Institutionen die Darstellung des Brandenburger Gesundheitsministeriums.

Interessant: Laut den Thüringer Bildungs- und Gesundheitsministerien wurde die Erstellung des Flyers bereits im Mai 2021 initiiert — also drei Monate bevor die STIKO im August die allgemeine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen hatte und ein Monat bevor der Impfstoff offiziell für Kinder mit Vorerkrankungen empfohlen wurde. Dies lässt sich auch auf einer inzwischen veralteten Informationsseite des Thüringer Gesundheitsministeriums nachvollziehen.

Aus den dort veröffentlichten Interviews mit dem Thüringer Bildungsminister sowie mit der für die ursprüngliche inhaltliche Gestaltung des Flyers zuständige Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt geht eindeutig hervor, dass der Flyer erstellt wurde, um Kinder noch vor jeder STIKO-Empfehlung über den Impfstoff zu informieren – und zur Impfung zu ermutigen. Der Thüringer Bildungsminister sagte im Interview wörtlich: „Ich denke, das Signal aus diesem Hohen Haus kann sein: Ja, liebe Familien, beredet die Sache, entscheidet euch bewusst für eine Impfung, um dann also auch dazu beizutragen, dass der Einzelne, die Familie, auch die Gesellschaft insgesamt, geschützt wird.“

Erst hatte Werbung für Kinderimpfung gemacht

Auch Britta Ernst hatte bereits Juli 2021 – also vor der STIKO-Empfehlung – gefordert, Kinder ab 12 Jahren gegen Corona zu impfen. In einem Beitrag des rbb von damals heißt es wörtlich: „Die Brandenburger Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) fordert, Kinder und Jugendliche schon ab 12 Jahren zu impfen.“ Außerdem ist dort zu lesen: „Ernst forderte von der Stiko, eine klare Empfehlung für diese Impfungen auszusprechen.“

Das beteiligte Communication Lab Erfurt sagte gegenüber Apollo News: „Der Flyer ist im Jahr 2021 im Auftrag des Freistaats Thüringen entstanden mit dem Ziel Jugendlichen Informationen zum Impfen bereitzustellen. Die Inhalte waren zudem auch für die Verwendung in anderen Bundesländern freigegeben.“ Auf der Webseite des Brandenburger Bildungsministeriums ist der Impfflyer bis heute abrufbar. Auch darauf findet sich der Hinweis: „Dieser Flyer ist ein Gemeinschaftsprojekt des Thüringer Gesundheitsministeriums sowie des Thüringer Bildungsministeriums, der Universität Erfurt und des Communication Lab Erfurt mit freundlicher Unterstützung der Meininger Schüler:innen und des Henfling-Gymnasiums Meiningen, der dem Land Brandenburg freundlicherweise zur Nutzung zur Verfügung gestellt wurde.“

An anderer Stelle wird auf dem Flyer auch auf das Brandenburger Gesundheitsministerium verwiesen. Wörtlich heißt es: „Mehr Informationen vom zuständigen Brandenburger Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zu vielen offenen Fragen gibt es unter:
https://brandenburg-impft.de.“ Das Brandenburger Bildungsministerium hält auf unsere Nachfrage an den Ausführungen von Britta Ernst fest. Alle Fragen seien bereits „am Freitag vor einer Woche im Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtages öffentlich beantwortet“ worden, teilte uns eine Pressesprecherin am Freitagmittag mit. Dem sei „nichts hinzuzufügen“.

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