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Psychotiker in Rotterdam: Der arabische „rechtsextreme“ Amokläufer, von dem deutsche Medien nichts wissen wollen

Die Staatsanwaltschaft fand bei dem Mann, der am Donnerstag an einer Uniklinik in Rotterdam Amok lief und drei Menschen tötete, „Nazi-bezogene und rechtsextreme Bilder“ - doch ein Aufschrei wie bei dem Attentat in Hanau blieb aus. Die deutschen Medien halten sich bedeckt: Ein rechtsextremer Araber passt nicht ins Bild. Mit der Tatsache, dass der Mann vordergründig ideologiegetrieben aber vor allem psychisch schwer krank war, will man sich auch nicht beschäftigen.

In Kampfmontur, mit einer Schutzweste und einer Handfeuerwaffe, tötet der 32-jährige Fouad L. am Donnerstag im Rotterdamer Stadtteil Delfshaven seine 39-jährige Nachbarin Marlous und verletzt ihre 14-jährige Tochter so schwer, dass sie kurz darauf verstirbt. Bevor der Mann auf sein Motorrad steigt, legt er Feuer in der Wohnung seiner Nachbarin. Danach fährt er zur Uniklinik Erasmus MC, dringt in einen Unterrichtsraum ein, ruft „es ist Zeit“ und feuert fünf gezielte Schüsse auf den 43-jährigen Hausarzt und Uni-Dozenten Jurgen Damen ab. Wieder legt der Mann, der selbst Student an der Erasmus-Klinik war, Feuer. Es bricht Panik aus – Studenten rennen aus dem Gebäude, Patienten werden evakuiert, andere verbarrikadieren sich in Behandlungsräumen, kleben Zettel mit Hilferufen an die Fenster. Kurz nachdem der Todesschütze von Spezialeinsatzkräften festgenommen wird, ist klar: drei Menschen sind tot und Fouad L. ist kein Unbekannter. 

Die Polizei bestätigte bei einer Pressekonferenz am frühen Abend des Tattages, dass der Mann alleine gehandelt hatte – und den Behörden bereits bekannt war. Laut der niederländischen Zeitung Rijnmond kam Fouad L. das erste Mal 2018 wegen Tierquälerei in Kontakt mit der Polizei. Der damals 27-Jährige habe mit einer Armbrust auf Karpfen geschossen und darin kein Problem gesehen, „da er glaubt, dass Fische kein Gefühl haben.“ Drei Jahre später, am 22. Dezember 2021, wird Fouad L. zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt, weil er sein Kaninchen „Flopsie“ misshandelt hat. Laut der Zeitung AD soll er das Tier getreten und einen Ziegelstein darauf gelegt haben – dabei sei er betrunken gewesen. Eine Nachbarin – laut verschiedenen Medienberichten wahrscheinlich die Frau, die er am Donnerstag tötete – habe ihn bei der Tat gefilmt. Fouad L. wurde außerdem vorgeworfen, mit seiner Armbrust eine Taube erschossen zu haben, das Gericht entschied jedoch, dass die Beweise für eine Verurteilung fehlten. 

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Staatsanwaltschaft warnte bereits vor einem halben Jahr vor „psychotischem Verhalten“

Am 17. Januar dieses Jahres stand Fouad L. erneut vor Gericht. Diesmal, weil er seinen Hundewelpen gequält haben soll – Nachbarn hätten berichtet, dass sie immer wieder die Schreie des Tieres hören konnten. Wieder wird der 32-jährige vom Gericht freigesprochen, doch der Fall bleibt trotzdem nicht folgenlos. Laut Rijnmond wendet sich die Staatsanwaltschaft an den Prüfungsausschuss des Erasmus MC, an der Fouad L. studiert – der beschließt daraufhin dem 32-jährigen, der nach zehn Jahren Studium laut eigenen Aussagen bereits alle Leistungen für seinen Abschluss erbracht hatte, das Diplom zu verweigern. Allerdings nicht nur wegen der Vorwürfe wegen Tierquälerei: In dem Brief, den Fouad L. später selbst auf der Internetplattform „4chan“ veröffentlichte, warnte die Staatsanwaltschaft vor „psychotischem Verhalten“. 

Laut Rijnmond hieß es genau: „Im Haus gibt es überall Kot von Tieren. Zeugen geben an, dass die betroffene Person ein besorgniserregendes Verhalten zeigt. Er liegt halbnackt im Garten auf einem Stapel von Blättern und schreit. Er zeigt psychotisches Verhalten, lacht laut und schreit. Auf seinem Handy wurden Bilder und Videos gefunden, in denen Menschen mit Messerstichen getötet wurden.“ Die NL Times schreibt, dass die Staatsanwaltschaft der Uni diese Informationen zur Verfügung gestellt habe, um „sie bei der Ausübung Ihrer Rolle als Anbieter von Grunddiplomen zu unterstützen und – falls erforderlich – die geeigneten und notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“. Laut Dutchnews endet der Brief mit den Worten: „Ich vertraue darauf, dass die oben genannten Informationen Ihnen bei Ihrer Entscheidung helfen werden, ob die betroffene Person für das medizinische Grunddiplom infrage kommt oder nicht“.

Der Vorsitzende der Uniklinik Erasmus MC, Stefan Sleijfer, sagte der NOS am Freitagmorgen, dass man Fouad L. daraufhin gesagt habe, er müsse sich einer psychologischen Untersuchung unterziehen, bevor er sein Diplom erhalten könne. Laut Sleijfert hatte er „alle formellen Kriterien erfüllt, um Arzt zu werden, und alle seine Tests bestanden“. Der Prüfungsausschuss habe die Bedenken der Staatsanwaltschaft jedoch ernst genommen „und entschied, dass eine psychologische Überprüfung erforderlich war“.

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Verwahrlosung, Größenwahn, Tierquälerei und Verfolgungsgedanken

Fouad L. beschwerte sich auf „4chan“ – einer Diskussions-Plattform, die unter anderem für illegale, gewalttätige Inhalte und der Verbreitung von Kinderpronografie bekannt ist – über das Vorgehen der Behörden und der Universität. Er beschrieb seine Zeit an der Uni als „zehn Jahre Sabotage und Folter“. Nachdem er Probleme mit einem Lehrer gehabt hatte, hätten sich alle Dozenten gegen ihn verschworen. Laut Rijnmond sagte Fouad weiter, dass er ein „klärendes Genie“ sei, das keinen Kontakt zu 99,9 Prozent der Menschen hätte, weil sie „zu rückständig“ seien. Er habe keine Freunde und auch keine Freundin gehabt – „Sie hassen Aspergers, denn wir fallen nicht auf ihre Manipulationen herein“, schrieb er (das Asperger-Syndrom ist eine Entwicklungsstörung, die zu schweren Kontakt- und Kommunikationsproblemen führt). Außerdem sagte er, dass man Frauen durch künstliche Gebärmütter ersetzen sollte. 

Laut Dailymail schrieb Fouad L., dass er ein „fucking Genie“ sei, dass die Zukunft vorhersagen muss – sprach von Menschen in Anführungsstrichen, als wären es in Wirklichkeit keine und bezeichnete sie sonst durchgehend als „Normies“ (Gamersprache, eine Mainstream-Person). All diese Hinweise und die Ausführungen der Staatsanwaltschaft – die Verwahrlosung, die Tierquälerei, die irrationalen (halbnackten) Lachanfälle und der Größenwahn – sprechen dafür, dass Fouad L. psychisch schwer krank, wahrscheinlich psychotisch war. Ein Asberger Syndrom, erzeugt solches Verhalten in der Regel nicht – zumindest nicht ohne komorbide Diagnose (eine Doppel-Diagnose). Liest man die Beschreibung der Staatsanwaltschaft und die Nachrichten, die der junge Mann auf „4chan“ gepostet haben soll, liegt der Verdacht nahe, dass er unter einer paranoiden Schizophrenie leiden könnte – einer der schwersten psychischen Erkrankungen, die es gibt und die mit einem völligen Realitätsverlust, Verfolgungswahn und Halluzinationen einhergehen kann. Und: Die wegen des damit einhergehenden Bedrohungsgefühls und der für Betroffene völlig realen Todesangst ein erhöhtes Risiko für Gewalt- und Tötungsdelikte mit sich bringt. 

Ein Aspekt, der für die Krankheit spricht, ist wie bereits angedeutet unter anderem die Verwahrlosung – viele Schizophrene, mit denen ich in den acht Jahren meiner Arbeit in einem Betreuungsbüro (gesetzlicher Vormund für psychisch oder körperlich schwer kranke Menschen) in Kontakt kam, lebten in völlig vermüllten, dreckigen Wohnungen und merkten es häufig nicht mal. Wie Fouad L. lebten sie häufig inmitten von Tierkot oder auch toten Tieren. Andere gingen nicht auf die Toilette, sondern verrichteten wegen irrationaler Wahnfantasien ihr Geschäft in einem Eimer, dessen Inhalt sie anschließend aus dem Fenster kippten – Fouad L. schrieb auf „4chan“ dass er Pisspötte benutzte, die neben seinem Bett standen. Und auch die Tatsache, dass Fouad L. nach eigenen Aussagen keine Freunde hatte, könnte ein Symptom einer schizophrenen Erkrankung sein – bei Betroffenen drückt sich die gestörte Affektivität häufig im sozialen Rückzug aus.

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Und auch die Tierquälerei ist bei Schizophrenen leider nicht selten zu beobachten – wir hatten viele Betreute, die ihre oder andere Tiere quälten oder sogar töteten, weil sie Tauben zum Beispiel für Überwachungsdrohnen hielten oder harmlose (auch kleine) Hunde für von Geheimagenten abgerichtete Tötungsmaschinen – manche glaubten sogar an Formwandler. Einige Schizophrene töten Tiere auch, um sie auf eine Art Altar zu opfern, um den Teufel oder eine mythische Gottheit zu beschwören.

Die Medien sind auffällig still

Noch viel auffälliger ist bei Fouad L. jedoch der Fakt, dass er sich „politisch verfolgt“ fühlte, dachte, dass man ihn manipulieren wolle und dass er an der Universität „Sabotage und Folter erleiden musste“. So wie Fouad L. glaubte, dass sich die Dozenten in der Uni gegen ihn verschworen haben, gibt es viele paranoid Schizophrene, die krankheitsbedingt fest und völlig unumstößlich davon überzeugt sind, dass sie Opfer einer Verschwörung sind, an der Familienangehörige, Nachbarn, Ärzte, Bekannte oder völlig Fremde Passanten beteiligt sind – dass sie von der Mafia, Clans, der CIA, Aliens oder dem Teufel verfolgt werden. Der Verfolgungswahn ist dabei häufig mit einem Größenwahn gekoppelt. Betroffene glauben zum Beispiel, dass sie verfolgt werden, weil sie eine besonders reine Erbfolge haben oder weil sie der Auserwählte sind, der wegen seines übernatürlichen IQs und besonderen Fähigkeiten gejagt werde. So glaubte einer der Betreuten, mit denen ich zu tun hatte, zum Beispiel, dass er der einzige sei, der die Völker der Erde in Frieden vereinen könnte. Der einzige, der eine Katastrophe, die den Weltuntergang bedeuten würde, verhindern könnte – ganz ähnlich wie der Attentäter von Hanau, Tobias Rathjen.

Der Mann, der im Februar 2020 neun Menschen mit Migrationshintergrund und seine eigene Mutter tötete, war nämlich nicht einfach ein Rechtsterrorist – er war paranoid schizophren und nur vordergründig ideologiegetrieben (lesen Sie hier oder hier mehr). Auch Rathjen glaubt daran, der einzige zu sein, der die Welt vor einer Katastrophe bewahren könnte. Er glaubte an eine Geheimverschwörung und unterirdische Folterkeller, in denen der Satan herrschte. Daran, durch die Steckdose abgehört und missbraucht zu werden. Und daran, dass Jürgen Klopp und Donald Trump ihm seine Ideen gestohlen hätten. Er entwickelte außerdem Pläne zur Neuordnung der Welt, denn er glaubte der Auserwählte zu sein: einen Menschen mit ganz besonderen Kenntnissen und ungewöhnlichen Fähigkeiten, mit denen er das Weltgeschehen auf nichtphysischem Wege – heißt: telepathisch – lenken kann. Und es stimmt, er bezeichnete Ausländer klar als minderwertig, das war Teil seiner kruden Wahn-Welt.

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Als ich 2020 Rathjens Bekenner-Video und sein vor Wahnphatasien nur so sprudelndes Manifest las, war mir sofort klar, dass der Mann nicht einfach ein Rechtsextremist, sondern schwer krank war – kurz danach kam heraus, dass der Mann und seine Krankheit den Behörden jahrelang bekannt waren. Trotzdem versteifen sich Medien und Politik bis heute darauf, dass der Mann ein rechtsextremer Attentäter gewesen sei – gaben der AfD sogar eine Mitschuld an den Toten und forderten einhellig, den Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus auszubauen, statt sich mit der Krankheit, den Behandlungsmöglichkeiten und dessen Folgen auseinanderzusetzen. Und genau das würden sie auch bei Fouad L. tun, wenn der Mann kein Araber wäre. Auf Fouads Handy fand man nämlich „Nazi-bezogene und rechtsextreme Bilder“, außerdem habe der Mann sich auf „4chan“ immer wieder fremdenfeindlich gegen Schwarze geäußert und sich als Teil der „Herrenrasse“ bezeichnet. Genau deshalb bleiben die deutschen Medien auffallend ruhig und zurückhaltend – berichten kaum über Details über Fouad L., sondern verweisen brav darauf, dass der Hintergrund der Tat bislang unklar sei.

Die Behörden bleiben untätig – in Holland und in Deutschland

Doch selbst der scheidende niederländische Innenminister Hugo Mattheüs de Jonge äußerte sich inzwischen darüber, dass „der Mann krank war“. Und dass man sich nun „natürlich“ die Frage stelle, ob nicht früher hätte gehandelt werden können. Die Antwort lautet wahrscheinlich ja. Denn die Staatsanwaltschaft hätte der Uni wohl kaum ihre Bedenken mitgeteilt, wenn sie nicht von einer Bedrohung durch Fouad L. ausgegangen wäre – doch wieso veranlasste sie dann nicht selbst eine medizinische Untersuchung des Mannes? Wenn eine Bedrohung im Raum stand, wieso wurde er dann nicht in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht? Vermutlich, weil das niederländische Justiz- und Gesundheitssystem in Bezug auf gewaltaffine Psychotiker ähnlich untätig ist, wie in Deutschland. Zumindest bei uns zu Lande ist die Gesetzeslage fatal (lesen Sie hier mehr).

Polizei und Gesundheitsbehörden dürfen im Prinzip nämlich erst eingreifen, wenn es schon zu spät ist – wenn jemand ernsthaft verletzt oder getötet wurde. Das zeigte sich nicht zuletzt bei Tobias Rathjen, dessen Krankheit nicht nur seit dem Jahr 2002 bekannt war, sondern auch dessen Manifest – bereits ein Jahr vor der Tat. Die Staatsanwaltschaft gab die Information jedoch aus Datenschutzgründen nicht an den Sozialpsychiatrischen Dienst weiter, der zumindest theoretisch eine Unterbringung veranlassen oder den Entzug der Waffenlizenz von Rathjen hätte fordern können.

Doch selbst wenn jemand in Deutschland in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wird, wird er häufig sehr schnell wieder entlassen – so wie zum Beispiel Markus R., der im Juni letzten Jahres getrieben von seinem Verfolgungswahn an der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) in NRW Amok lief, drei Kommilitonen niederstach und eine Dozentin tötete. Er war noch zwei Tage vor der Tat wegen eines Suizidversuchs in stationärer Behandlung eines psychiatrischen Krankenhauses und wurde, obwohl er offensichtlich immer noch eigen- und fremdgefährdend war, entlassen – ähnlich war es auch bei Jibril A., dem Somalier, der Ende Juni 2021 drei Menschen in Würzburg tötete. Die Liste solcher Fälle ist lang und sie wird immer und immer länger. Weil die Unterbringung und Zwangsbehandlung psychotischer Menschen politisch nicht gewollt ist – wegen der linken Anti-Psychiatrie Politik der letzten Jahrzehnte. 

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