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Offener Brief

Unterwandert Söders Regierung mit einer queeren Agenda den Koalitionsvertrag? 

Die bundesweite Initiative „Geschlecht zählt“ hat sich in einem offenen Brief an den bayrischen Ministerpräsidenten Söder gerichtet. Darin legt sie dar, dass der „Bayerische Aktionsplan Queer“ das Geschlecht praktisch auslöschen und durch „geschlechtliche Identität“ ersetzten würde.

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Am Montag wandte sich die Sprecherin und Referentin der Initiative Geschlecht zählt Hilde Schwathe in einem offenen Brief an den bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder. Ihr Anliegen: Unterläuft seine Regierung den eigenen Koalitionsvertrag? Insbesondere geht es um die bayrische Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) und ihren „Aktionsplan QUEER“. 

Als letztes Bundesland hatte Bayern im Juni vergangenen Jahres einen Aktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt gestartet. Dieser sieht etwa vor, dass Beratungsstellen in dem Bereich bayernweit ausgebaut, entsprechende Fachkräfte sensibilisiert und geschult und Unternehmen in der Schaffung von Diversitätsplänen staatlich unterstützt werden. Es müsse sich ändern, was die Gesellschaft für „normal“ hält und alte Denkmuster überwunden werden, so die Sozialministerin. 700.000 Euro aus dem Haushalt wurden hierfür eingeplant. Scharf erklärte aber bereits, es sei für sie eine „Selbstverständlichkeit“, dass das nicht ausreichen werde. 

Das Vorhaben erntete schnell Kritik. Aus dem linken Lager bemängelte man, der Plan würde noch nicht weit genug gehen. Auf diese Kritik ging man von Seiten des Ministeriums ein und schaffte Raum zum Dialog. Es gab und gibt aber auch zahlreiche Stimmen, die den Aktionsplan und die Ideologie, auf der er aufbaut, von Grund auf kritisierten. Diese werden aber bis heute ignoriert. Mehr noch, Kritik wurde von Scharf bereits als „Ressentiments“ der „ewig Gestrigen“, die letztlich „Diskriminierung und Hass gegen queere Menschen“ diskreditiert. 

Dabei gibt es schwerwiegende Argumente gegen den Plan, wie der offene Brief von Geschlecht zählt nun über drei Seiten ausformuliert. Die Sozialministerin Scharf erklärte zu ihrem Vorhaben, es würde die „bayerische Verfassung mit Leben füllen“. Doch tatsächlich widerspricht sie dem Wortlaut der bayrischen Verfassung sogar, so wie auch dem Koalitionsvertrag, der nach der Wahl im Oktober 2023 zwischen CSU und Freie Wähler geschlossen wurde.  

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Die Sprecherin der Initiative führt besonders zwei Sätze aus dem Koalitionsvertrag an, die sie untergraben sieht: „Alle Menschen in Bayern sollen frei, selbstbestimmt und angstfrei miteinander leben, lernen und arbeiten können – unabhängig von Alter, Herkunft, Behinderung, Geschlecht oder sexueller Orientierung“ auf Seite 7 und „Das Selbstbestimmungsgesetz des Bundes lehnen wir ab“ auf Seite 8. 

Die Koalition aus CSU und Freie Wähler bemüht in ihren Ausführungen den Wortlaut der bayrischen Landesverfassung, die ebenfalls explizit von „Geschlecht und sexueller Orientierung“ spricht. Doch besonders der Begriff des „Geschlechts“ wird im Rahmen des Aktionsplans eben ausgelöscht – und durch „geschlechtliche Identität“ ersetzt. 

Diese Begriffe sind nicht deckungsgleich – sie widersprechen sich sogar gewissermaßen. Das „Geschlecht“ bezieht sich auf die Biologie: Mann und Frau. Die Annahme der „geschlechtlichen Orientierung“ bricht dies auf. Biologische Fakten können von Empfindung quasi überstimmt werden. Nicht nur werden damit auch neue Begriffe geschaffen und alte umdefiniert – Bayern eifert damit dem Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung nach, dessen Kernstück die „Geschlechtsidentität“ bildet. 

„Obwohl das gesellschaftlich hoch umstrittene SBGG (Selbstbestimmungsgesetz) sich nach wie vor im Gesetzesverfahren befindet, plant offenbar auch das bayerische Staatsministerium bereits, die Strukturen zu schaffen, die das Gesetz erst intendiert“, schreibt Geschlecht zählt. Dann erhebt die Verfasserin einen schweren Vorwurf: „Genau damit würde jedoch verhindert, dass alle Menschen weiter frei, selbstbestimmt und ohne Angst leben, lernen und arbeiten können.“

Die Auslöschung der Frau

Eine Gruppe, die bekanntermaßen besonders auf eigene Rechte verzichten muss, um der „geschlechtlichen Identität“ Platz zu machen, sind biologische Frauen. „Wie sollen Frauen angstfrei leben, wenn die Staatsministerin und Frauenbeauftragte der Staatsregierung es forciert, dass Männer, also Personen mit männlichen Genitalien, die ihre ‚geschlechtliche Identität‘ mit Lippenstift, Make-up und Perücke zum Ausdruck bringen, in die Frei- und Schutzräume von Frauen eindringen, um dort ihre ‚weibliche Identität‘ auszuleben?“

„Wie können Frauen frei und selbstbestimmt leben, wenn sie und ihre Körperlichkeit sprachlich ausgelöscht werden, indem sie unter die Abkürzung FLINTA* subsumiert werden, indem sie zu „Menstruatoren“, „Menschen, die schwanger werden“ oder „Nichtmänner mit Vorder- oder Bonusloch“ gemacht werden, damit Sprache angeblich inklusiv gestaltet ist?“, fragt der Brief der Initiative weiter. 

In den üblichen Punkten betont die Verfasserin vor allem das Eindringen in die Schutzräume von Frauen und die damit einhergehende Gefährdung von Mädchen – etwa in den Freiduschen von Schwimmbädern oder Schultoiletten. Hauptkritikpunkt an der Trans-Politik der Regierung ist immer wieder, dass sie die Freiheit des einen nicht dort enden lassen, wo die des Umfelds verletzt wird. Gerade deshalb ist es so perfide, dass die Ministerin Scharf immer wieder auf die Freiheit pocht. 

Bei der Frage, ob ein biologischer Mann in die Schutzräume von Frauen eindringen darf, wird ausschließlich Rücksicht auf die Freiheit des biologischen Mannes genommen. Die zahlreichen biologischen Frauen – für die diese Schutzräume erst geschaffen wurden, damit keine biologischen Männer eindringen können – werden nicht gefragt, ob sie sich in ihrer Freiheit oder Sicherheit verletzt fühlen. Das ist das wahre Problem mit der Queer-Ideologie. Auch Schwathe betont in ihrem Brief, dass die Kritik von Geschlecht zählt keine „moralische Bewertung“ der betroffenen Personen darstelle. Es geht um die Verletzung der Schutzräume. 

Der Angriff auf die sexuelle Freiheit 

2022 kritisierte Familienministerin Scharf selbst noch das Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung als „ideologisch, beliebig und vom Zeitgeist getrieben“ und warnte vor einer „Trans-Mode“. Heute verfolgt sie die gleiche Ideologie. Ihre Kritik von damals lässt sich heute perfekt auch auf sie anwenden. 

Wie sonst, wenn nicht beliebig, lässt sich eine Ideologie beschreiben, die sich für „LGBTIQ*“ und „queere Personen“ einsetzen will, im gleichen Atemzug aber „gleichgeschlechtige Liebe“ verleugnet? Denn es kann keine gleichgeschlechtliche Sexualität geben, wenn es keine Geschlechter mehr gibt. Auch auf diesen Punkt legt Geschlecht zählt im Schreiben einen Fokus: „Scharfs Beitrag erweckt den Eindruck, dass sie davon ausgeht, „LGBTIQ*“ repräsentiere die Interessen einer homogenen Gruppe queerer Personen. Dies ist de facto nicht der Fall.“

Weiter führt die Sprecherin aus, dass sich vermehrt Lesben, Schwule und Bisexuelle organisieren, weil sie sich selbst eben nicht als „queer“ verstehen. „Diese Frauen und Männer leben gleichgeschlechtlich oder bisexuell orientiert. Im Unterschied dazu leben Transgender und andere unter ‚queer‘ und Sternchen gefasste Personen eine ‚Geschlechts-‘ bzw. ‚Genderidentität‘ aus. Genau von diesem Verständnis von ‚queer‘, grenzen sich auch immer mehr transsexuelle Menschen ab.“

Leidtragend sind auch in dieser Gruppe besonders die Frauen. So geht der Brief auch insbesondere auf die Lebensrealität von Lesben ein: „Wie können lesbische Frauen angstfrei leben, wenn Männer, die ihren Penis ‚Lady dick‘ nennen, sogar behaupten, eine ‚lesbische Identität‘ zu empfinden, und es als lesbischen Sex verstehen, wenn sie in weibliche Körper eindringen?“

Konservativ nur zum Schein 

Ulrike Scharf ist Familienministerin und Frauenbeauftragte. Doch gerade Frauen und Mädchen werden durch die staatliche Aufweichung des biologischen Geschlechts, die sie nun vorantreibt, besonders gefährdet. Sie will sich für den Schutz der sexuellen Orientierung einsetzten – doch untergräbt diese stattdessen. Man kann wohl sagen, dass ihr Aktionsplan bereits nach hinten losgeht. 

Als die beiden Regierungsparteien Bayerns im Oktober 2023 den Koalitionsvertrag verhandelten, kamen sie offensichtlich zu der Einigung, dass die Bürger des Freistaates Bayern sie nicht für eine Aufweichung der Geschlechter gewählt haben – so wie es sich im Vertrag heute nachlesen lässt. Dabei hatten Scharf und Söder bereits seit Juni des gleichen Jahres ein Vorhaben gestartet, von dem sie hätten wissen müssen, dass die weitere Verfolgung dieses Aktionsplans dem Koalitionsvertrag direkt widersprechen würde.

Die Basis der CSU dürfte davon wenig begeistert sein. Grundsätzlich ist eher nicht davon auszugehen, dass die Wähler in Bayern eine eigentlich konservative Regierung ermöglicht haben, damit diese die Politik der Ampel-Regierung kopiert. Markus Söder hatte den Aktionsplan als erstes bekannt gegeben. Mit seiner Reaktion auf den Offenen Brief wird sich nun erkennen lassen, ob er in dieser Sache Rücksicht auf den Willen seiner Wähler und Basis nehmen wird – oder ob er nicht vielmehr eine treibende Kraft hinter dem ideologischen Vorstoß in seiner Regierung und Partei ist. 

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