Oopfelsooft. Ungefähr so würde Hubert Aiwanger Apfelsaft aussprechen – meint man jedenfalls im Netz. Ein Running-Gag über dessen harten Dialekt, der in den sozialen Netzwerken die Runde macht. Spätestens seit dem Auftritt bei Lanz am Dienstag ist der stellvertretende bayerische Ministerpräsident in aller Munde. Er will, dass das Volk sich die Demokratie „zurückholt“. Und er wird gerade zum neuen Lieblingshassobjekt von linker Seite, man kriegt sich gar nicht mehr ein.
Die SZ schreibt: „Hubert Aiwanger hält sich für einen wackeren Verteidiger der Demokratie, für einen Biedermann. Aber auch im Gespräch mit Markus Lanz zeigt sich: Er ist in Wahrheit ein Brandstifter.“ Ein anderes mal: „Mit brachialen Parolen peitscht Hubert Aiwanger die ‚normalen Leute‘ auf. Ist er der neue bayerische Volksheld, der es den Eliten mal wieder so richtig gibt? Oder einer, der die Demokratie vergiftet?“
Die Zeit titelt „Gehts noch Hubsi?“.
Vor allem auf Twitter breitet sich die Häme über den vermeintlichen „Bauerntrampel“ Aiwanger aus. Bilder werden geteilt, in denen er Grimassen schneidet oder in Trachtenjacke beherzt in eine Bratwurst beißt. Haha, wie lächerlich.
Der deutsche Trump?
Die SPD Bayern vergleicht Aiwanger gar mit Donald Trump – und hat damit auf unfreiwillige Weise Recht. Sicherlich sind „Der Hubsi“ und „The Donald“ unterschiedliche Kaliber und Gewichtsklassen, aber eines haben sie schon gemeinsam: Sie provozieren Linke so, dass die den Selbstzerstörungsknopf drücken.
Denn aus all diesem Hass auf Hubert Aiwanger trieft nur so die Arroganz der Berliner Blase gegenüber der Landbevölkerung, den holprigen Bauerntrotteln, wie man doch eigentlich denkt. Die Demo von Monika Gruber in Erding stört sie nicht nur politisch – sondern auch, weil Dialekt gesprochen wird, es rustikal zugeht und die Menschen eben echte Bayern sind, mittelalte Menschen, die sich nicht um die neuesten Moden in Berlin scheren. Mit dieser Hochnäsigkeit aber machen sich Aiwangers Kritiker selbst völlig unsympathisch.
Genau so hat Trump die Wahl 2016 gewonnen – so mehr er gehasst wurde, desto mehr zerstörten sich seine Hasser selbst. Weil sich der Hass nicht nur gegen Trump, sondern gegen den Typus Amerikaner richtete, den Trump verkörperte. Und das spüren die Menschen. So ist es bei Aiwanger auch.
Lanz biss sich die Zähne aus
Am Dienstag saß Aiwanger bei Markus Lanz – fast zurückhaltend, mit leicht ängstlichen Augen. Er ist damit beschäftigt in kein Fettnäpchen zu treten, will sich nicht festlegen. Gibt sich bescheiden: Er sei weder Vorbild für alle, noch Sprecher der schweigenden Mehrheit.
Doch je mehr Aiwanger abwartet, desto mehr überbieten sich Lanz und die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch in der Runde in Abschätzigkeit. Lanz kündigt ihn gleich herablassend an, spricht schmunzelnd von Aiwangers „besonderer Art“. Münch runzelt permanent die Stirn, ihr Gesichtsausdruck allein spricht Bände. Wenn die Mehrheit jetzt fürs Gendern wäre, wäre das Aiwanger dann auch? Witzelt Lanz und lacht gleich mal über seinen eigenen Scherz. Aiwanger spricht von „diesen Syrern“, was Lanz gleich wahnsinnig auf die Palme bringt. Jetzt grillen wir den Trottel mal so richtig, denkt man sich wohl.
Doch Lanz und Münch werden zur Karikatur der hochnäsigen großstädtischen Linken und Aiwanger damit zum Symbol bodenständiger Vernunft. Sie liefern eine Metapher für diesen Bruch, der durchs Land geht. Und so geht der scheinbar so blöde Aiwanger als klarer Sieger aus der Runde heraus – schließlich ist der auch kein Bauerntrottel, sondern Diplom-Agraringenieur.
Aiwangers Dienst an der Demokratie
Mit seinen Freien Wählern liegt der Hubsi gut im Wind. Als er sich weigerte sich impfen zu lassen brachte er viele gegen sich auf – bekam aber auch eine bundesweite Fangemeinde, mit der er fast in den Bundestag gesegelt wäre. Doch in letzter Minute ruderte er dann zurück und ließ sich schließlich impfen.
Sein Parteiprogramm ist nicht wirklich konsequent, jetzt schimpft er gegen das Heizungsgesetz, zuvor war er eher als Unterstützer der Energiewende bekannt. Die Freien Wähler sind eine bunte Mischung und stehen vor allem für das Regionale und die Heimatverbundenheit.
Sei es drum. Hubert Aiwanger ist ein Typus, der in der Politik fehlt: wiedererkennbar, unterhaltsam, bei sich geblieben. Seine Auftritte sind erfrischend, weil sie ganz anders sind, als die der politischen Klasse. Und weil er gar nicht erst versteht, in welchen teils absurden gedanklichen Verstrickungen man sich in Berlin aktuell wieder befindet.
Und allein dafür zu sorgen, dass Politik wieder unterhaltsam und spannend wird, und reale Konflikte abbildet, ist ein nicht zu unterschätzender Dienst an der Demokratie.
Was für eine schöne Schlagzeile 😊
Ein Text, der gute Laune macht.