Werbung

„L’amour toujours“-Vorfall auf Dorffest – Hausdurchsuchung bei Eventmanager

Vereinzelte Gäste hatten auf einer von einem 21-jährigen Eventmanager organisierten Party „Ausländer raus“ gesungen. Daraufhin kam es bei ihm als Zeugen zu einer Durchsuchung. Dabei hatten andere Verfahren bisher überwiegend gezeigt, dass die Gesänge gar nicht strafbar sind.

Die Polizei durchsucht das Haus des 21-jährigen Veranstalters David R. auf Fehmarn, nachdem auf einer Party im Frühjahr betrunkene Gäste Parolen zu „L'amour toujours“ gesungen haben sollen. Mit Blick auf frühere Vorfälle erscheinen die Maßnahmen fragwürdig. (Symbolbild)

Werbung

Gegen sechs Uhr morgens stehen mehrere Polizeibeamte vor der Haustür des Jungunternehmers David R. Der 21-Jährige betreibt ein Veranstaltungsunternehmen auf der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn. Die Beamten zeigten dem Jungunternehmer einen Durchsuchungsbeschluss und begannen, private Geräte und Arbeitsgeräte zu beschlagnahmen. Nach Informationen von Apollo News der Grund: Auf einer seiner Veranstaltungen im Frühjahr 2024 sollen vereinzelt Betrunkene „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ zu Gigi D’Agostinos Party-Hit „L’amour toujours“ gesungen haben.

Als das Lied auf der Party des traditionellen Rapsfestes auf der Ostseeinsel Fehmarn gespielt wurde und R. bemerkte, dass einige der Gäste im Hintergrund die bekannte Parole „Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“ anstimmten, wies er den DJ an, ein anderes Lied zu spielen. Dies erfolgte auch aus „Selbstschutz“, wie er gegenüber Apollo News erklärte. Offebar war es bereits zu spät. R. zufolge kursierten kurz nach der Feier Videos der Veranstaltung. „Wenn man die Parole kennt, dann ist zu verstehen, was da gesungen wird“, so R..

...
...

Kurz nach der Veranstaltung wurde der Vorfall öffentlich. Die lokale Presse griff das Thema auf. So titelten die Lübecker Nachrichten im Mai: „Polizei ermittelt wegen rassistischer Gesänge auf Scheunenfete“. Aber auch überregionale Medien wie der Spiegel berichteten, das Magazin schrieb über „Ermittlungen auf Fehmarn wegen möglicher rechtsextremer Gesänge“.

Laut R. habe sich kurz nach dem Vorfall der Staatsschutz bei ihm gemeldet. Der junge Mann habe sich von den Behörden „in die Ecke gedrängt“ gefühlt. Man hätte versucht, ihm eine vermeintliche „rechte Gesinnung“ zu unterstellen. Die Behörden wollten von ihm die Namen und weitere Personendaten seiner Mitarbeiter erhalten. Auch die Daten von Angestellten eines von R. beauftragten Dienstleisters wollten die Behörden erfahren. R. verweigerte dies, dann kam es zur Hausdurchsuchung.

Laut R. habe das Amtsgericht Lübeck Mitte September die Durchsuchung beschlossen. In dem Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung gegen Unbekannt ist R. nach Apollo News-Informationen lediglich Zeuge. Da er allerdings die geforderten Daten nicht an die Behörden liefern wollte, wurde sein Wohnsitz durchsucht.

Der Jungunternehmer berichtet, dass selbst Fahrzeuge Teil der Durchsuchung gewesen seien, die gar nicht auf ihn zugelassen seien.

Offenbar wollten die Ermittlungsbehörden an Daten von Mitarbeitern und Dienstleistern gelangen, und dafür Unterhaltungen, Rechnungen, Verträge und Kontaktinformationen einsehen. Als Begründung habe man ihm gegenüber angeführt, dass bei der Party mit etwa 300 Gästen ca. 15 unbekannte Personen die Parolen „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ zum Lied „L’amour toujours“ gesungen hätten.

R. erzählte, dass die Beamten einen Kalender, ein iPad, eine Mappe mit Unterlagen sowie einen PC konfiszierten. Die Maßnahmen der Behörden werfen insbesondere deshalb Fragen auf, weil ähnliche Fälle in der Vergangenheit von mehreren Staatsanwaltschaften nicht als strafbar eingestuft wurden. Meist wurden diese Parolen als durch die Meinungsfreiheit gedeckt betrachtet und galten demnach nicht als Volksverhetzung nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs.

Bereits bei früheren Vorfällen, beispielsweise beim Faschingsumzug im Februar in Landsberg, hatte die Staatsanwaltschaft Augsburg die Ermittlungen eingestellt. Eine Staatsanwältin betonte, dass eine Strafbarkeit solcher Parolen zwar grundsätzlich möglich sei, jedoch nur unter bestimmten Umständen, etwa wenn sie in Kombination mit rechtsextremen Symbolen oder fremdenfeindlichen Aussagen in besonders sensiblen Kontexten geäußert werden. Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg kam zu einer ähnlichen Einschätzung, als sie Ermittlungen gegen Personen einstellte, die in einer Diskothek dieselben Zeilen gesungen hatten, da auch dort keine strafbare Handlung festgestellt werden konnte.

Die Staatsanwaltschaften orientieren sich damit an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010. Demnach verletzt der Ausruf „Ausländer raus“ die Menschenwürde nur dann, wenn zusätzliche Umstände vorliegen.

Werbung