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„Kleine Bundestagswahl“: Die neue Stärke der Rechten

Aus den Wahlergebnissen in Hessen und Bayern lässt sich vor allem ein Trend ableiten: Der Wähler tendiert nach Rechts, während die linken Parteien durch die Bank verlieren.

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Es gibt viele politische Floskeln und Rituale, die an einem Wahlabend stets durch die Generalsekretäre und Spitzenkandidaten verfeuert werden. Reden vom „klaren Wählervotum“, das mantraartige Interpretieren und Re-Interpretieren von Hochrechnungen und Prognosen, das Schön-, Schlecht- und Wegreden selbiger. Politiker und Journalisten framen, was das Zeug hält. Da kann so manche offenkundige Entwicklung schnell übersehen werden.

Am Sonntagabend ist die große Beobachtung: Die Ampel hat verloren. Und das ist zweifellos richtig: In Bayern wie in Hessen verloren alle Koalitionsparteien an Stimmen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn wo es Verlierer gibt, muss es immer auch Sieger geben.

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Und der Sieger des Abends ist vor allem die AfD: Aktuell ist die rechte Partei in Hessen und Bayern klar zweitstärkste Kraft. In Bayern gewinnt sie am meisten, auch in Hessen legt sie beachtlich zu und wird dort nur von einer CDU ausgestochen, die einen betonten Anti-Ampel-Wahlkampf führte. Ministerpräsident Boris Rhein versuchte dort, sich immer wieder rechts gegen die Ampel zu profilieren – mit Erfolg. Dass die Chaosministerin Nummer eins, Nancy Faeser, seine Widersacherin war, dürfte die Sache vereinfacht haben.

Die Hauptstadtpresse verkennt die Tragweite der Entwicklung

Bereits Minuten nach der ersten Hochrechnung hieß es von Hauptstadtjournalisten: Diese Wahl ist eine Niederlage für Friedrich Merz. Immerhin habe er nicht vermocht, die AfD kleiner zu halten. Dass seine CDU in Hessen gewonnen hat, wird dabei ausgeblendet: Es stört nur die immergleiche Erzählung. In Wahrheit profitiert die AfD vor allem von den schwachen Ampelparteien. Das zeigen die errechneten Wählerwanderungen. Es ist aber auch „Common Sense“, dass die Protestpartei AfD von der Unbeliebtheit der Bundesregierung profitiert. In beiden Landtagen wird die Alternative für Deutschland jetzt Oppositionsführerin werden – allein das ist ein Achtungserfolg. Der Durchmarsch der AfD folgt dem Bundestrend und ist doch an und für sich bedeutend. Er ist Teil einer Entwicklung, die es so noch nicht gegeben hat – und die größer ist als das Parteienspiel, welches sich sonst an einem solchen Abend entfaltet.

Denn die Wählerwanderung ist massiv und eindeutig: Den Wähler zieht es nach Rechts, über politische Lagergrenzen hinweg. Die AfD gewann in Bayern von allen politischen Parteien Stimmen hinzu. Selbst Menschen, die noch 2018 die Grünen gewählt hatten, machten zu tausenden ihr Kreuz bei der rechten Partei. Ein fast historisches Momentum dieser Wahlen ist: Die Prozente wandern nicht vornehmlich innerhalb der politischen Blöcke (Von der SPD zu den Grünen, von der FDP zur CDU/CSU), sondern grundsätzlich nach Rechts. Union und AfD sind in Bayern und vor allem in Hessen die einzigen Gewinner des Wahlabends. Alle anderen – die linken Parteien inklusive der FDP – sind die Verlierer. Ein Trend, der sich nicht nur auch in den Bundesumfragen zeigt, sondern sich bei den nächsten Wahlen ebenso manifestieren dürfte wie jetzt am Sonntag. Es ist eine grundsätzliche Verschiebung in einem ohnehin zunehmend maroden Parteienspektrum, dessen sicher geglaubten Rituale und Regeln immer weniger gelten. Dass beispielsweise Grünen-Wähler in Scharen zur AfD wechseln, hätte jeder „Experte“ vor zwei Jahren noch als absurdes Hirngespinst abgetan. Jetzt ist es Realität.

Der Zug nach Rechts ist massiv – und wird in den kommenden Tagen erwartbar problematisiert werden. Aufhalten werden ihn die Krokodilstränen der Politiker nicht. Der Wähler wandert nach Rechts – und wirft auf dem Weg dorthin die alten Systematiken der Parteipolitik über den Haufen.

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