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Regierungsantwort

„Keine Erkenntnisse“ – die gefährliche Unwissenheit der Ampel zu ihrem Selbstbestimmungsgesetz

Die CDU/CSU-Fraktion wollte von der Bundesregierung Antworten auf insgesamt 92 Fragen zum Selbstbestimmungsgesetz - bekam nun von Herrn Lehmann aber vor allem eines: Ausweichen, Nicht-Antworten und das Eingeständnis, dass man sich nicht mit den Gefahren auseinandergesetzt hat. Und das auch gar nicht möchte.

„Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor“: Nachdem am 23. August 2023 der Entwurf des „Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ von der Bundesregierung beschlossen wurde, mit dem jeder einmal im Jahr sein Geschlecht nach Belieben wechseln kann, hagelte es von allen Seiten Kritik – von Ärzten, Psychologen, Frauenrechtlern und sogar von einigen LGBTQ-Aktivisten. Am fehlenden Schutz von Betroffenen, an den offensichtlichen Gefahren des Missbrauchs oder auch am Offenbarungsverbot, das beinah einer Pflicht zur Lüge gleichkommt. Selbst die CDU/CSU-Fraktion fand bei der ersten Lesung des Selbstbestimmungsgesetzes zarte Worte des Zweifels – denen sie im Dezember wohl mit einer kleinen Anfrage Nachdruck verleihen wollten. 

Bis heute ist auf der offiziellen Seite der Bundesregierung keine Antwort auf die insgesamt 92 Fragen der Fraktion einsehbar – die Anfrage sei „noch nicht beantwortet“. Apollo News liegt jedoch das insgesamt 40-Seiten lange Antwortschreiben des Bundesqueerbeauftragten Sven Lehmann vor, das er am 11. Januar an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sandte. Und das zeichnet vor allem ein Bild: Dass sich die Bundesregierung nicht mit den Gefahren der Trans-Bewegung und ihres eigenen Gesetzes beschäftigt hat. Und das auch nicht für nötig hält. 

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Statistik und Ursachenforschung? Nicht mit der Ampel

So will die CDU/CSU unter anderem von der Ampel wissen, ob man Forschungsprojekte veranlasst habe, „um die Ursachen des deutlichen Anstiegs der Zahl der Behandlungs- und Beratungssuchenden“ zu untersuchen. Dabei wird explizit auf den hohen Anteil von weiblichen Jugendlichen verwiesen, die plötzlich und unvermittelt ihr Geschlecht wechseln wollen. Eine Zahl, die in Großbritannien innerhalb eines Jahrzehntes um 4.500 Prozent gestiegen ist, sich in den USA verzehnfachte und die auch in Deutschland explosionsartig ansteigt. 

Kritische Ärzte und Psychologen erklären sich diesen Trend mit der Tatsache, dass Mädchen in der Pubertät enormen körperlichen und psychischen Unsicherheiten ausgesetzt sind – der Körper verändert sich stark und ungleichmäßig, sie bekommen Brüste, ihre Periode und werden von Männern plötzlich ganz anders angesehen. Eine schwierige Situation, die durch Social-Media – durch die angeblich so perfekten (meist operierten) Körper und Gesichter von Influencern und Models – verstärkt wird und so einen erheblichen psychischen Druck bei vielen jungen Mädchen aufbaut. Nicht wenige entwickeln so starke Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen. Eine Situation, für die Trans-Influencer den Jugendlichen eine Lösung anbieten: Ändere dein Geschlecht und schon bist du wieder glücklich. 

Doch davon will man bei der Ampel nichts wissen. Die Antwort von Lehmann auf die Frage der CDU/CSU lautet: „Die Bundesregierung fördert keine entsprechenden Projekte“. Die Frage nach dem warum versucht man in folgenden Ausführungen offenbar damit zu verklären, dass man verschiedene Projekte zur Verbesserung der Versorgung von Trans-Kindern und -Jugendlichen vorantreibt. Projekte, von denen man unter den aktuellen Bedingungen in Deutschland fürchten muss, dass sie ausschließlich einen transaffirmativen (also den Trans-Wunsch bejahenden) Ansatz verfolgen. Schon allein deshalb, weil Ärzte und Psychologen, die kritisch arbeiten und den Wunsch hinterfragen, beschuldigt werden können, eine „Konversionstherapie“ (Behandlung von Homosexualität / Geschlechtsidentität) durchzuführen – die ist seit Mitte 2020 für unter 18-Jährige verboten, Therapeuten riskieren also nicht nur ihre Zulassung, sie stehen mit einem Bein im Knast.

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Auch die Frage, ob die Bundesregierung eine „deutschlandweite statistische Erfassung von Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die von Genderdysphorie/Genderinkongruenz betroffen sind“, plant, wird in Lehmanns Schreiben verneint. Doch wen wundert das bei einer Bundesregierung, die bei der Frage nach einem staatlichen Schutzauftrag gegenüber Kindern und Jugendlichen allen Ernstes annimmt, dass 12-, 13- und 14-jährige Jugendliche immer besonnene, kluge Entscheidungen treffen. Nichts anderes sagen sie, wenn sie meinen, dass davon ausgegangen werde, dass Kinder und Jugendliche, „eine so weitreichende Entscheidung im Regelfall nicht ohne Unterstützung treffen wollen und werden“. 

40 Seiten voller Fragezeichen

Neben der Sorge um die psychische und körperliche Gesundheit der Betroffenen geht es in gleich mehreren Fragen der CDU/CSU um die verschiedenen potenziellen Möglichkeiten des Missbrauchs des Gesetzes. So will die Fraktion von der Regierung unter anderem wissen, ob es möglich ist, dass jemand wegen der in Deutschland abgegebenen Erklärung über eine Personenstandsänderung, nicht abgeschoben werden kann – „weil sie entweder im Heimatstaat aufgrund der Identitätsänderung nicht zugeordnet werden können oder weil ihnen aufgrund ihrer Transsexualität Strafe droht“.

Die Antwort ist eindeutig: „Der Bundesregierung liegen keine Informationen im Sinne der Fragestellung vor.“ Außerdem möchte man offenbar nocheinmal klarstellen, wie absurd man diese – eigentlich sehr berechtigte – Sorge bei der Ampel findet: „Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Fragestellung primär hypothetischer Natur ist.“ Anhand der aktuell geltenden Regeln ist die Frage jedoch alles andere als absurd. Immerhin darf laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Mensch auch ohne Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz-Status oder subsidiären Schutz nicht abgeschoben werden, wenn „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.“ Ein Fakt, den Menschen ohne Bleiberecht mit dem Selbstbestimmungsgesetz leicht ausnutzen könnten. 

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Keine Antwort ist auch eine Antwort

Es scheint generell, als würde man neben den Folgen auch die Frage der Umsetzbarkeit seiner Gesetze nicht besonders ernst nehmen. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass die Regierung zugibt, dass es bislang keine Rechtsgrundlage für die Übermittlung von Daten der Meldebehörden an das Ausländerzentralregister, aus Anlass einer Änderung des Personenstandseintrages, gibt. Oder daran, dass die Regierung in Konfrontation mit den „erhebliche[n] rechtliche[n] Bedenken“ des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit lediglich angibt, die Einschätzung des BfDI zur Kenntnis zu nehmen. Konsequenzen? Fehlanzeige. 

Ganz in diesem Stil sind auch die restlichen Fragen vor allem von Nicht-Antworten geprägt. Als die CDU/CSU wissen will, wie die Bundesregierung nach Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes (SBBG) „den staatlichen Gleichstellungsauftrag aus Art. 3 Abs. 2 GG valide umzusetzen“ gedenkt, heißt es nur: „Nach Einführung des SBGG beabsichtigt die Bundesregierung, den staatlichen Gleichstellungsauftrag gemäß Artikel 3 Absatz 2 GG weiterhin wirksam umzusetzen“. Wie sie das also umsetzen will? Indem sie es umsetzt – ganz einfach. Keine weiteren Fragen. 

Erst ganz am Ende des Schreibens gibt die Bundesregierung gezwungenermaßen zu, dass ihr Gesetz anfällig für Missbrauch ist. In Frage 90 will die CDU/CSU nämlich wissen, ob mit „einer erheblichen Anzahl an missbräuchlichen Änderungen des Geschlechtseintrags im Spannungs- und Verteidigungsfall zu rechnen“ ist – und wenn nicht, warum man den Paragrafen 9, der regelt, dass die rechtliche Zuordnung zum männlichen Geschlecht in so einem Fall bestehen bleibt, dann aufgenommen hat. Man hört beinah das Zähneknirschen zwischen den Zeilen, als geantwortet wird, dass sich Männer über das Selbstbestimmungsgesetz der Wehrpflicht entziehen könnten.

Abgesehen von der Phrase „hierzu liegen keine Erkenntnisse vor“, bleibt das die einzige wirklich ehrliche Antwort von Lehmann und seinen Kollegen. 

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