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Faesers Abschiebe-Paket

Kabinett billigt Migrations-Placebo – doch selbst dieser könnte an den Grünen scheitern

Das Bundeskabinett billigt eine Reihe von Maßnahmen, die Rückführungen für die deutschen Behörden erleichtern sollen. Aber nicht nur löst der Entwurf das Kernproblem nicht - er könnte auch an den Grünen scheitern, die bereits Widerstand im Bundestag angekündigt haben.

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Am Mittwochvormittag hat ein neues Maßnahmenpaket von Innenministerin Faeser das Kabinett passiert. Die Bundesregierung billigte den Entwurf Faesers, die aktuell Urlaub macht, und machte damit den Weg für eine Einbringung im Bundestag frei.

Mit einigen Änderungen und neuen Befugnissen sollen deutsche Behörden in Zukunft leichter und effizienter abschieben können: Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden, was den Behörden mehr Zeit zur Vorbereitung geben soll. Auf der Suche nach Abzuschiebenden in Gemeinschaftsunterkünften sollen Behördenmitarbeiter künftig auch die Räumlichkeiten Dritter betreten dürfen, wenn sie Gründe haben, die Gesuchten dort zu vermuten. Ausreisepflichtigen in Haft soll ihre Abschiebung nicht mehr, wie bisher, angekündigt werden. Auch die aktuell geltende einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen nach einer mindestens einjährigen Duldung soll wegfallen. Ausnahmen sind für Familien mit Kindern unter 12 Jahren geplant.

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Gesetz löst Kernproblem nicht

Darüber, dass all das erst jetzt beschlossen wird, schlägt so mancher wohl die Hände über dem Kopf zusammen. Aber nicht nur kommen die Änderungen spät – sie werden das Problem auch nicht lösen. All die beschlossenen Maßnahmen sind nicht falsch – aber werden weitgehend Placebos bleiben.

Ende 2022 waren insgesamt 304.308 Menschen in Deutschland ausreisepflichtig. In den ersten sechs Monaten des Folgejahres wurden 7.861 von ihnen abgeschoben – das sind nicht einmal drei Prozent. Denn die allermeisten Ausländer ohne Aufenthaltsrecht werden geduldet. Während die Zahl der „unmittelbar Ausreisepflichtigen“ seit Jahren ungefähr gleich bleibt, ist die Zahl der geduldeten Ausländer immer weiter gestiegen: Von 2015 bis 2022 wuchs sie um grob zwei Drittel. Eine Duldung kann stattfinden, wenn Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis keine Ausweisdokumente haben, krank sind oder ein minderjähriges Kind haben, das eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Eine andere Duldungspraxis würde schon deutlich mehr versprechen als die jetzigen Änderungen des Kabinetts.

Vor allem scheitern Rückführungen aber nach wie vor an der mangelnden Kooperation der Rücknahmeländer – viele Staaten weigern sich nach wie vor, ihre Staatsbürger, die oft Wirtschafts- und Armutsmigranten sind, zurückzunehmen. Auch deswegen führten Gesetzesverschärfungen in der Vergangenheit, etwa das schön betitelte und 2019 in Kraft getretene „Geordnete-Rückkehr- Gesetz“ der Regierung Merkel, in Leere. Die Bemühungen der aktuellen Bundesregierung um Rückführungsabkommen und funktionierende Abschiebungen in die jeweiligen Heimatländer sind nach wie vor nicht von Erfolg gekrönt. Deutschland kann die Bedingungen für Abschiebungen seinerseits mit diesem Gesetz zwar an der einen oder anderen Stelle verbessern – den Kern des Problems löst man dadurch aber nicht.

Placebo-Gesetz könnte am Widerstand der Grünen scheitern

Doch vielleicht scheitert das Gesetz schon an inneren Hürden: Die Annahme des Gesetzes gilt als wahrscheinlich, jedoch auch keinesfalls als sicher. Denn die Grünen im Bundestag könnten das Gesetz sabotieren – in der Fraktion finden sich viele Bedenkenträger gegen das Faeser-Gesetz. Grünen-Abgeordnete Filiz Polat beklagt etwa „unverhältnismäßige Eingriffe in die Grundrechte auf Freiheit, auf Unverletzlichkeit der Wohnung und auf Privatsphäre der Betroffenen“. Sie kündigte an, ihre Fraktion wolle „die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken thematisieren“.  Ihr Fraktionskollege Julian Pahlke erklärte: „Das Gesetz ist in seiner jetzigen Form möglicherweise nicht mit der Verfassung vereinbar“. Der Grünen-Parlamentarier, der früher selbst für sogenannte „Seenotretter“ im Mittelmeer arbeitete, sagte den Zeitungen dem RND: „Dieser Zweifel wiegt schwer und muss ausgeräumt werden.“ Gut möglich, dass die Grünen vor einer Annahme des Gesetzes noch Radau in der Koalition machen – oder die wenigen Punkte der Reform gar noch abstumpfen.

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