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Chaos

Hate-Speech-Gesetz in Schottland: Zu viele Anzeigen, Polizei steht vor dem Zusammenbruch

Das neu beschlossene Gesetz gegen Hasskriminalität in Schottland sorgt nicht nur in der Politik für Aufruhr. Nach nicht einmal einer Woche ist der Anzeigen-Ansturm so groß, dass Polizisten jeden Tag Überstunden machen müssen. Man warnt vor einem Zusammenbruch der Polizei

Am 1. April ist in Schottland der Hate Crime and Public Order Act (HCPOA) in Kraft getreten. „Hate Speech“ soll damit strafbar werden, insbesondere die Verbreitung von Hass aufgrund von Alter, Behinderung, Rasse, Religion, sexueller Orientierung und Transgender-Identität. Dieses Gesetz war nicht unumstritten. Apollo News berichtete bereits, dass die Autorin J.K. Rowling auf Twitter äußerte, es sei „das Ende der Glaubens- und Meinungsfreiheit, wenn die genaue Beschreibung des biologischen Geschlechts als kriminell erachtet wird.“ 

Wie der Guardian berichtete, sind nach Erlass des Gesetzes bereits zahlreiche Anzeigen gegen Rowling eingegangen, die Polizei stufte ihre Äußerungen allerdings nicht als kriminell ein. Doch noch mehr Anzeigen soll nach Berichten der Sun der schottische Regierungschef Humza Yousaf auf sich gezogen haben. Das Gesetz, das ursprünglich laut seiner Schaffer „für eine sichere Gemeinschaft ohne Angst“ sorgen sollte, sorgt schon nach nicht mal einer Woche für einen politischen Glaubenskrieg – der bei der Polizei ausgefochten wird. 

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Das bleibt nicht ohne Folgen. Wie der Spectator am Samstag berichtete, steht die schottische Polizei am Rande des Zusammenbruchs. Allein 3.000 Anzeigen gingen innerhalb der ersten 24 Stunden ein. Es wird erwartet, dass es bis Montag 10.000 sein werden. Die schottischen Torries rechnen damit, dass bei dieser Rate im ersten Jahr des Gesetzes eine Million Anzeigen eingehen werden. Nur 350 der gestellten Anzeigen stellten sich bisher als tatsächlich strafbar nach dem HCPOA heraus.

Polizei überfordert – keine Hilfe für echte Opfer?

Die Masse der Anzeigen lässt sich leicht erklären: Wer glaubt, Opfer eines Hassverbrechens geworden zu sein, kann dies anonym auf einem Online-Portal der Polizei ganz leicht und barrierefrei melden. Mit der Polizei in Kontakt treten, muss man dafür nicht.

Die Polizei hat mit den tausenden Anzeigen schwer zu kämpfen. Täglich sollen 40 Polizeibeamte Überstunden leisten müssen, um zu helfen, die zahllosen Anzeigen abzuarbeiten. Das könnte das Budget der schottischen Polizei überstrapazieren, da die Beamten für Überstunden die Zeit und ein Drittel bezahlt bekommen. Man hat zwar bereits angekündigt, dass die Behörde Anzeigen gegen zu geringfügige vermeintliche Hassverbrechen nicht mehr nachgehen werde – doch die Polizisten müssen trotzdem jede Anzeige einzeln auswerten.

Polizeivertreter warnten, dass die Fähigkeit der Polizei beeinträchtigen würde, auf schwerwiegende Verbrechen reagieren zu können. Generalsekretär der Scottish Police Federation David Kennedy sagte der Presse: „Es besteht die Möglichkeit, dass ein Opfer, das wirklich dringend polizeiliche Hilfe benötigt, diese nicht erhält.“

Neo-Nazis und Fußball-Fans

Am Sonntag findet in Ibrox dann das erste Fußballspiel der Rangers gegen die Celtics statt, seitdem das Gesetz erlassen wurde. An die Celtics Fans wurden keine Tickets vergeben, sie werden somit voraussichtlich vor dem Fernseher oder dem Radio das Spiel verfolgen. Aufgrund der großen Rivalität zwischen den beiden Vereinen wird nun erwartet, dass die Fans von zu Hause aus Anzeigen gegen Sprechchöre oder Lieder der Fans der gegnerischen Seite erstatten könnten. Nach dem Gesetz und der Einstellung des Portals wäre das jedenfalls ohne weiteres möglich.

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Staatsanwalt Thomas Ross sagte dem Daily Record: „Zweifellos besteht die Möglichkeit, dass Dinge gesungen oder gesagt werden, die einer Straftat gleichkommen könnten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Polizei am Montagmorgen noch viele weitere Beschwerden von Fans erhalten wird, die das Spiel im Fernsehen verfolgt haben.“ Doch nicht nur Fußball-Fans nutzen das Portal rege. Wie der Guardian berichtet, soll eine Neo-Nazi-Gruppe auf Telegram dazu aufgerufen haben, das Portal mit anonymen Anzeigen vollzuspammen. Dieser Aufruf wurde wiederum ebenfalls als Hassverbrechen angezeigt und wird derzeit untersucht – ein einziges Anzeigen-Chaos.

Erste Politiker, die ursprünglich für das Gesetz gestimmt hatten, sprechen sich jetzt angesichts der hitzigen Stimmung im Land bereits gegen das Gesetz aus. Parlamentarierin Ash Regan der Alba Party forderte die Rücknahme des Gesetzes. Auf Twitter schreibt sie: „Am 1. April hat die Welt nicht mit Schottland gelacht, sie hat uns ausgelacht, es ist Zeit für die schottische Regierung zuzuhören.“ Anas Sarwar von der Labour Party sprach sich zumindest für eine Überarbeitung aus. Die schottische Regierung steht aber nach wie vor hinter dem Gesetz.

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