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Wirtschaftskrieg

Großangelegte Hacker-Angriffe: China spionierte jahrelang deutsche Motortechnologie bei VW aus

Neue Recherchen zeigen, dass China großangelegt Daten von VW abgezweigt hat. Seit Jahre steht China wegen systematischer Industriespionage in der Kritik - die deutsche Politik reagiert zaghaft.

Der größte deutsche Automobilkonzern Volkswagen wurde offenbar jahrelang von chinesischen Hackern ausspioniert. Dabei sind sensible und wertvolle Daten abgeflossen. Das ergeben aktuelle Recherchen von ZDF frontal und dem Spiegel. VW bestätigt den Vorfall.

Der Hackerangriff ereignete sich demnach über einen Zeitraum von 2010 bis 2015 und betrifft sensible Themen wie E-Mobilität, neuartige Antriebstechnologien, Ottomotoren– und Getriebeentwicklung. Insgesamt wurden etwa 19.000 Dokumente gestohlen. Nachdem die Kriminellen sich etwa vier Jahre lang unbemerkt auf VW-Servern bewegten, sei der Angriff einem VW-Techniker erst im Sommer 2014 aufgefallen. Es wurde umgehend eine Taskforce eingerichtet und das Täterverhalten noch bis 2015 beobachtet. Erst dann habe man die internen Netzwerke von den Hackern bereinigt.

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Die chinesische Spionageattake dürfte die Wettbewerbsposition für deutsche Automobilhersteller, aber auch Maschinenbauer und andere deutsche Konzerne in China noch weiter verschlechtern. Durch den Datendiebstahl haben die Konkurrenten auf ihrem heimischen Markt Zugang zu deutschem Know-How bekommen, wodurch sie ihre Position im Bereich der Forschung und Entwicklung von Elektroautos und anderen alternativen Antrieben stärken können. Im großen Katalog der Ungleichbehandlung deutscher Firmen in China stellt dies nur einen weiteren Vorteil für chinesische Konzerne dar, die von Xi Jinping u.a. große Subventionspakete erhalten und mit weitaus weniger Regulierung konfrontiert sind als VW und Co.

Auch kommt die Veröffentlichung der Cyberattacke zu einem kritischen Zeitpunkt: Zum einen sieht es wirtschaftlich bei Volkswagen aktuell nicht gut aus. Das Unternehmen muss ein umfassendes Sparprogramm auflegen, um in den nächsten zwei Jahren knapp 10 Milliarden Euro zu sparen. Dazu sollen Material-, Entwicklungs- und Fertigungskosten sinken, worunter die Qualität der deutschen Autos mittelfristig leiden könnte. Auch sind Entlassungen geplant, laut internen Quellen allein mehrere Tausend am Konzernsitz in Wolfsburg. Ihre neuesten Modelle werden deutsche Autokonzerne auf der „Auto China“ Messe in Peking in dieser Woche (25.04.24 bis 04.05.24) vorstellen. Es ist zu erwarten, dass der Hackerangriff auf VW, den Microsoft als größten Cyberangriff weltweit bezeichnet haben soll, dort zum Thema wird. Dennoch bleibt diese Messe ein Prestigetreffen, bei dem sich vor allem Volkswagen von der besten Seite zeigen muss. 

Zum anderen ist der Hackerangriff als weiterer kleiner Einriss in den fragilen deutsch-chinesischen Beziehungen zu interpretieren. China ist mit Abstand der wichtigste und größte Markt für Volkswagen. 2022 hat der Konzern dort über 3,1 Millionen Fahrzeuge ausgeliefert. Das sind etwa 40 Prozent des weltweiten Absatzes. Doch erst kürzlich warnte Bundeskanzler Olaf Scholz im Rahmen seiner China-Reise vor Ort vor ungleichen Wettbewerbsbedingungen. Und tatsächlich scheint es so, als würde sich die Schlinge für deutsche Konzerne im Wettbewerb mit China immer weiter zuziehen.

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Nicht nur der chinesische Markt wird für VW, Siemens oder BMW immer schwieriger, sondern auch der heimische deutsche und europäische Markt wird jetzt von Xi Jinpings Firmen angegriffen: Erst kürzlich legte der Elektroauto-Konzern BYD aus Shenzhen mit einem 200 Meter langen Frachter in Bremerhaven an, beladen mit 3.000 chinesischen Autos. Auch kann sich der Konzern durch Subventionen price dumping erlauben, also das künstliche Verbilligen der Preise für ihre Elektroautos. In einem Strategiepapier legt BYD dar, über 100 Autohäuser in Deutschland zu planen und den Absatz von Elektroautos bis 2026 auf über 120.000 zu steigern. Symbolisch wird der Hauptsponsor der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland BYD statt VW heißen.

Trotz zahlreicher Hinweise, wie IP-Adressen aus Peking oder chinesischer Spionage-Software, reagierte die chinesische Botschaft in Berlin empört und wies alle Anschuldigungen von sich. Volkswagen hat dem Spiegel und ZDF frontal den Vorfall bestätigt, betont die Verbesserung der IT-Sicherheit im Unternehmen. Dennoch dürfte auch dieser Vorfall ein neues Zeitalter in den Beziehungen zwischen Deutchland und China einleiten – ein Zeitalter von Handelskonflikten und Misstrauen.

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