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Nach Vergewaltigung

Gewalt-Eskalation in der Türkei trifft auch türkisch besetztes Nord-Syrien

In der türkischen Stadt Kayseri kam es am Sonntagabend zu heftigen Ausschreitungen gegen syrische Geschäfte, Wohnhäuser und Autos nach der Festnahme eines Syrers, der des Missbrauchs beschuldigt wird. Dies wiederum führte zu Protesten in syrischen Städten unter türkischer Kontrolle, wo Demonstranten gegen die türkische Präsenz auf die Straße gingen und mehrere Verletzte gemeldet wurden.

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In Kayseri, einer Stadt im Süden der Türkei, kam es am Sonntagabend zu heftigen Unruhen. Ein aufgebrachter Mob richtete seine Aggressionen gegen syrische Einwohner des Viertels, indem er deren Geschäfte, Wohnhäuser und Fahrzeuge attackierte. Aufnahmen zeigen hunderte Menschen, die Steine und andere Objekte auf die Gebäude schleudern, wobei mehrere Läden angezündet wurden. Als Reaktion darauf eskalierte die Situation in den von der Türkei besetzten Gebieten Syriens.

Die Unruhen brachen aus, nachdem ein syrischer Mann festgenommen wurde, dem vorgeworfen wird, seine siebenjährige Cousine sexuell missbraucht zu haben. Er wurde von türkischen Bürgern der Polizei übergeben. In dem betroffenen Stadtteil leben viele syrische Flüchtlinge. Nach den Krawallen wurden 67 Personen festgenommen. Die türkische Regierung hat eine Nachrichtensperre eingeführt, um weitere Unruhen zu unterbinden. Innenminister Ali Yerlikaya verurteilte die Gewalttaten als „illegal“ und Präsident Erdogan bezeichnete die Vorfälle als „inakzeptabel“.

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Die Ereignisse in Kayseri fanden auch in Syrien Widerhall. In der Stadt al-Atarib, die unter türkischer Kontrolle steht, kam es zu Protesten gegen die türkische Präsenz, die in der Zerstörung von türkischen Militärfahrzeugen und dem Einsatz von Rauchgranaten zur Zerstreuung der Menge gipfelten. Auch in Ghazawiah und am Grenzübergang „Bab al-Salama“ kam es zu ähnlichen Vorfällen, bei denen türkische Flaggen entfernt und durch Symbole der Rebellengruppe der „Freien Syrischen Armee“ ersetzt wurden.

Daraufhin sollen türkische Streitkräfte am Montag gegen Zivilisten in der Provinz Aleppo vorgegangen sein. Bei den Zusammenstößen sollen insgesamt fünf Menschen ums Leben gekommen sein und 40 weitere seien verletzt worden. Dies berichteten Korrespondenten von North Press.

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Die Gewaltausbrüche begannen in Afrin, wo laut Berichterstattung mindestens fünf Personen durch Schüsse der türkischen Armee starben und 25 weitere Verletzungen erlitten. Ein Journalist vor Ort schilderte, dass die türkischen Kräfte gezielt auf die Menge geschossen hätten, „um sie einzuschüchtern“. In der Stadt Azaz verschärften sich die Auseinandersetzungen weiter, als Demonstranten den Grenzübergang Bab al-Salama stürmten und dabei türkische Fahrzeuge in Brand setzten sowie Flaggen herunterrissen. Bei diesem Vorfall wurden 15 weitere Menschen, darunter auch Kinder, verletzt.

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In der Stadt al-Atarib griffen Demonstranten einen türkischen Militärposten an. Als Reaktion darauf setzten die türkischen Streitkräfte Tränengas ein, was zu Erstickungsanfällen unter den Anwesenden führte. Die Proteste waren eine Reaktion auf Vorfälle in der türkischen Stadt Kayseri, wo syrische Flüchtlinge Diskriminierung und rassistische Angriffe erlebten. In Solidarität gingen Bewohner mehrerer Städte, darunter al-Bab, al-Rai und Afrin, auf die Straßen, blockierten Verkehrswege und forderten Konsequenzen für türkische Beamte.

Der größte Dachverband der syrischen Opposition, die „Nationale Koalition der Syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte“, rief zur Besonnenheit auf: „Die einzigen Nutznießer dieses Chaos, dieser Verstöße und dieser Unruhen sind das Regime und die Terrororganisationen.“

Der türkische Innenminister Ali Yerlikaya erklärte, dass Dutzende von Personen festgenommen wurden und die Unruhen erst in den frühen Morgenstunden beendet werden konnten. Innenminister Yerlikaya weiter erklärte, dass Bots und Provokateure für die Verbreitung von Zwietracht in den sozialen Medien verantwortlich seien und dass Maßnahmen gegen diese Konten ergriffen würden.

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Angesichts der wachsenden Spannungen forderte der Gouverneur von Kayseri die Bürger auf, „ruhig, maßvoll und mit gesundem Menschenverstand zu handeln“. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan meldete sich zu Wort und beschuldigte die Oppositionsparteien, eine „Politik des Hasses“ zu betreiben. Erdogan betonte: „Fremdenfeindlichkeit und Hass gegenüber Flüchtlinge dürfen in unserem Land nicht geschürt werden, denn das bringt keine positiven Ergebnisse.“ Der Präsident hat zudem versprochen, die Voraussetzungen für die freiwillige Rückkehr vieler Syrer zu schaffen.

Seit 2011 hat die Türkei unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit mehrere Militäroperationen in Nordsyrien durchgeführt, oft in Zusammenarbeit mit der Türkei-nahen Miliz der „Syrischen Nationalarmee“ (SNA). Die Türkei, die mehr syrische Flüchtlinge als jedes andere Land beherbergt, kämpft weiterhin mit der Integration dieser Bevölkerungsgruppe. Die syrische Gemeinschaft sieht sich häufig mit Diskriminierung konfrontiert, und viele syrische Kinder haben aufgrund bürokratischer Hindernisse keinen Zugang zu Bildung. Diese Spannungen werden durch die schwache Wirtschaftslage der Türkei weiter verschärft.

Diese Vorfälle ereigneten sich kurz nachdem Erdogan seine Bereitschaft zu einem Treffen mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad bekundet hatte, um die Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu normalisieren. Allerdings hat Assad klargestellt, dass ein solches Treffen nicht stattfinden wird, solange türkische Truppen in Syrien stationiert sind.

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